Pilotprojekt: Marine in Kiel testet Vier-Tage-Woche
Während der Liegezeiten im Hafen gelten die neuen Arbeitszeiten. So sollen Überstunden aus der Zeit auf See abgebaut werden. Außerdem dürfen Soldatinnen und Soldaten in Kiel wieder an Bord übernachten.
Die Marine in Kiel testet seit diesem Monat die Vier-Tage-Woche. Wenn die Soldatinnen und Soldaten des 3. Minensuchgeschwaders in ihrem Heimathafen Kiel sind, haben sie nun von Freitag bis Sonntag frei, sagt Flottillenadmiral Sascha Helge Rackwitz. Damit sollen Überstunden abgebaut werden, die sich während der Zeit auf See angesammelt haben. "Durch Seefahrten, Lehrgänge, andere Dienstleistungen erwirtschaften die Soldaten an Bord relativ viele Überstunden, die sie regelmäßig abfeiern müssen", so Rackwitz.
Planungssicherheit durch Vier-Tage-Woche
Denn auf See ist die Sieben-Tage-Woche die Regel. Grob könne man damit rechnen, etwa 180 Tage im Jahr unterwegs zu sein, schätzt der Kommandeur des 3. Minensuchgeschwaders, Fregattenkapitän Carsten Schlüter. Bereits in der Vergangenheit haben Soldatinnen und Soldaten laut Marine in Einzelfällen an Freitagen Überstunden abgebummelt. Jetzt können die Soldatinnen und Soldaten in Kiel in den Wochen, die sie im Heimathafen verbringen, verlässlich mit einem freien Freitag planen. Das erleichtere zum Beispiel die Kinderbetreuung oder die Arbeit in einem Ehrenamt, sagte Rackwitz.
Besatzung darf wieder an Bord übernachten
Das Pilotprojekt ist in dieser Form bundesweit einzigartig. Und noch etwas wird in Kiel gerade getestet: Soldatinnen und Soldaten können dort nämlich seit Oktober auch wieder an Bord der Schiffe übernachten. Seit 2016 dürfen Besatzungen ihre Freizeit eigentlich nicht mehr an Bord verbringen und müssen nach Dienstschluss im Heimathafen das Schiff verlassen. Grund waren die Umsetzung einer Arbeitszeitverordnung sowie Brandschutzvorgaben. Für viele Soldatinnen und Soldaten rechne sich eine eigene Wohnung aber nicht, weil sie diese während der monatelangen Seefahrten nicht bewohnen können, erklärt Rackwitz. Auch deshalb sei die Nachfrage für Nächte an Bord durchaus groß, berichtet Kommandeur Schlüter.
Marine will attraktiver werden
Beide Projekte laufen bis Ende März. Ziel der Marine ist es, den Dienst an Bord attraktiver zu machen, so Rackwitz. "Wir versprechen uns davon, nicht nur attraktiver zu werden, sondern auch motiviertere und entspanntere Soldaten zu haben, ohne dass wir de facto wirklich viel verlieren oder dafür ausgeben müssten", so der Flottillenadmiral. Die Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg soll die Testphasen wissenschaftlich begleiten.
Zum 3. Minensuchgeschwader in Kiel gehören nach Angaben der Marine insgesamt rund 850 Soldatinnen und Soldaten. Die beiden Projekte betreffen jedoch nur diejenigen, die tatsächlich zur See fahren - das sind den Angaben zufolge rund 450.