Kaputte Straßen in SH: Auf Umwegen nach Horst

Stand: 08.03.2024 17:30 Uhr

Der Zustand der Straßen in Schleswig-Holstein ist schlecht. Die L288 von Horst nach Siethwende war so kaputt, dass sie gesperrt werden musste. Im Sommer soll sie nun saniert werden.

von Marian Schäfer

Die Landesstraße 288 von Horst nach Siethwende - symbolisch für viele Straßen im Land. Harald Meyer wohnt in Horst und hat NDR Schleswig-Holstein geschrieben und in den Ort eingeladen. Zuerst möchte er uns aber einen anderen Teil der Landesstraße 288 zeigen, nämlich die Bahnhofstraße. Die beginnt mitten in Horst (Kreis Steinburg) auf Höhe der evangelischen Kirche und ist anfangs so ausgelegt, dass gerade einmal zwei Pkw problemlos aneinander vorbei kommen. "Hier fahren aber zig Lkw pro Tag durch, die von der Autobahn A23 kommen oder dorthin wollen - und nicht selten über den Bürgersteig ausweichen, wenn sich zwei begegnen", sagt Harald Meyer.

L288 bei Horst: Nach einem Jahr Sperrung soll saniert werden

Ein Mann mit einer roten Jacke steht an einer Straße und blickt in die Kamera. © NDR Foto: Marian Schäfer
Harald Meyer aus Horst ärgert sich über eine Landstraße, die so kaputt ist, dass sie gesperrt werden musste.

Der Horster könnte jetzt viel über die Umgehungsstraße erzählen, die er sich schon lange wünscht. Doch mehr verärgert ist Harald Meyer wegen eines anderen Teils der L288 - dem zwischen Horst und Siethwende, einem gut fünf Kilometer langen Straßenstück, das seit einem Jahr gesperrt ist.

Erst im Januar hatte der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) mitgeteilt, dass es in Schleswig-Holstein aktuell so viele Schlaglöcher gebe, wie lange nicht. Die 450 Mitarbeiter seien täglich damit beschäftigt, die gefährlichen Stellen zu finden und auszubessern - wegen der Witterung vorerst nur mit Kaltasphalt, also eher provisorisch. Dass viele Straßen landauf, landab in beklagenswertem Zustand sind, liegt dem LBV zufolge an einer jahrelangen Unterfinanzierung - und einem entsprechenden Sanierungsstau.

Landesweit werden deshalb, laut Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr, in diesem Jahr 86 Millionen Euro investiert. Allein in den Kreisen Pinneberg, Dithmarschen und Steinburg, in dem Horst liegt, sollen Straßen für knapp 25 Millionen Euro erneuert werden. 18 Straßenbauprojekte soll es in den kommenden Monaten in diesen Kreisen geben - und laut Plan ist darunter nun auch die L288 zwischen Horst und Siethwende. Im Juni soll die Sanierung beginnen - und im Oktober abgeschlossen sein.

Tiefe Schlaglöcher und absackende Seiten

Der Sanierungsstau der vergangenen Jahre lässt sich an der L288 in Horst gut beobachten, wobei die Schlaglöcher bei ihr noch das kleinste Problem sind. Harald Meyer steuert seinen Opel Zafira nun am Friedhof Richtung Ortsausfahrt vorbei, hinter dem seit März 2023 das "Durchfahrt verboten"-Schild aufgestellt ist. Nur land- und forstwirtschaftliche Maschinen dürfen die Straße noch nutzen - und Anlieger. "Ein Anliegen haben wir ja", sagt Meyer und lacht.

VIDEO: 400 Millionen Euro sollen ins Straßennetz investiert werden (1 Min)

Die Fahrbahndecke ist fast durchgehend aufgeplatzt, die größten Löcher umfährt Harald Meyer gekonnt. Der LBV schreibt auf Anfrage, dass die Geschwindigkeit vor der Sperrung deshalb auf 30 Kilometer pro Stunde herabgesetzt worden sei. "Verständlich", sagt Meyer, "alles andere wäre viel zu gefährlich." Dann zeigt der 76-Jährige das wohl größere Problem: Die Seiten der Straße sacken vielfach ab, stellenweise um bis zu 30 Zentimeter. "An den Stellen kann man nur in der Mitte fahren, sonst setzt das Auto auf", sagt Meyer, der eigentlich Kfz-Meister ist, irgendwann aber auf Fahrräder umgesattelt hat und heute noch eine Werkstatt betreibt.

Letzte große Sanierung Mitte der 1980er Jahre

Ein Auto fährt über eine Straße mit Schlaglöchern. © NDR Foto: Marian Schäfer
Die Straßenränder der L288 sind abgesackt.

Warum das so ist, weiß ein Anlieger zu berichten, der anonym bleiben möchte: "Die Straße war ursprünglich schmaler und ist in den 1980er Jahren umfangreich saniert und verbreitert worden", erzählt der Landwirt. Auf jeder Seite um einen halben Meter, der mit der Zeit an vielen Stellen abgesackt sei. "Wir haben hier vielfach moorigen Untergrund - und man hat es versäumt, die Seiten richtig abzusichern", so der Landwirt.

Der Anlieger erinnert sich daran, dass die Straße anfangs für Tempo 100 freigegeben gewesen sei und die Anwohner sich für Tempo 80 eingesetzt hätten. Vor gut zehn Jahren sei die Straße dann schon so kaputt gewesen, dass nur noch 50 Kilometer pro Stunde erlaubt gewesen seien.

Kilometerlange Umwege zum Arzt oder Einkauf

Ärgerlich war und ist die Sperrung vor allem für die, die in und um Siethwende leben und die Straße nutzen, um in Horst einzukaufen, zum Arzt oder zum Amt zu gehen. "Horst ist ja der ländliche Zentralort für uns, wo alles ist", sagt ein Bewohner der Gemeinde Sommerland, zu der Siethwende gehört. Wer sich korrekt verhalte und die L288 nicht mehr nutze, müsse dafür nun einen Umweg von mindestens sechs Kilometern pro Weg fahren. "Das ist nicht in Ordnung, so eine Straße so lange zu sperren", findet eine Bewohnerin, "man hat schon das Gefühl, dass man hier auf dem Land hängen gelassen wird."

Dieses Gefühl hat auch Harald Meyer. Er sagt, dass er einige Kunden hat, die von der Sperrung betroffen sind und einen deutlich längeren Weg zu ihm fahren müssen. Auch Meyer selbst fährt oft nach Kollmar, das hinter Siethwende an der Elbe liegt - und nimmt sonst immer den Umweg, seinem Auto zuliebe.

Das machen scheinbar nicht viele. Zumindest herrscht auf der Straße an diesem Sonntag recht reger Betrieb - Autos aus den Kreisen Steinburg und Pinneberg sind genauso zu sehen wie Fahrzeuge aus Hamburg. "Diese Sperrung ist ja auch kaum einzuhalten und wird kaum eingehalten", sagt Harald Meyer.

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Schleswig-Holstein Magazin | 28.02.2024 | 19:30 Uhr

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