Kreis Steinburg: Zwischen Landwirtschaft und Leitungsbau
Damit die Energiewende gelingt, müssen noch viele Leitungen Richtung Süden gebaut werden. Einige Landwirte aus Steinburg geben aus verschiedenen Gründen aber nur ungern ihr Land dafür her.
Strom aus Windenergie wird zum Beispiel bei uns in Schleswig-Holstein vor allem in Dithmarschen und Nordfriesland gewonnen. Damit aber auch der Süden Deutschlands mit diesem Strom versorgt werden kann, baut TenneT im Moment die Stromleitung "SuedLink". Sie wird durch den Kreis Steinburg zusammen mit drei weiteren Hauptstromleitungen verlaufen. Außerdem wird auch die LNG-Leitung vom schwimmenden Terminal in Brunsbüttel durch den Kreis zwischen Dithmarschen und Pinneberg verlaufen, damit sie in Hetlingen (Kreis Pinneberg) an das deutsche Gasnetz angeschlossen werden kann. Später soll durch diese Leitung grüner Wasserstoff statt Gas fließen. Diese grünen Zukunftsprojekte strapazieren die Nerven einiger Landwirte.
Boden würde unter Leitungsbau leiden
Einer von ihnen ist Lukas Schwartkop aus Bahrenfleth (Kreis Steinburg). Zusammen mit seinem Vater baut er Getreide an. Die zukünftige LNG-Leitung von Gasunie verläuft aber mitten durch sein Feld. Im Moment liegen die Rohre noch überirdisch auf Holzpaletten. Später werden sie etwa einen Meter unter der Erde vergraben. "Unsere Kulturpflanzen wurzeln allerdings tiefer. Das heißt, wir haben einen Sperrhorizont, wo die Wurzeln nicht mehr durch können und kein Wasser und keine Nährstoffe mehr aufnehmen können", erklärt der junge Landwirt. Er ist sich sicher, dass das für ihn zu finanziellen Einbußen führen wird. Dabei ist er nicht der Einzige. Allein in seiner Region sind acht weitere Landwirte vom Bau der Leitung betroffen, schätzt er.
Entschädigungen seien zu niedrig
Rechtlich gesehen gewähren die Landwirte Gasunie einen Eintrag in ihr Grundbuch. Der Netzbetreiber bekommt dann ein sogenanntes Leitungs- und Wegerecht für seine Rohre. Dafür zahlt er eine einmalige Summe als Entschädigung an die Landeigentümer. "Es gibt allerdings für uns keinen Verhandlungsspielraum über die Höhe der Zahlung", sagt Lukas Schwartkop ernüchternd. Er müsse dann wohl nehmen, was ihm angeboten werde. Das Finanzielle ist für den Landwirt das Eine. Die Art und Weise, wie das Bauvorhaben durchgeführt wird, das Andere. Er fühlt sich übergangen, nicht ernst genommen. Lukas Schwartkop wollte nämlich, dass die Rohre am Rand seines Feldes verlegt werden, um einen höheren Schaden im tonhaltigen Boden zu vermeiden. Darauf sei gar nicht eingegangen worden, sagt er.
Kommunalpolitiker sehen wenig Handlungsspielraum
Marko Förster, Kandidat der CDU für den Steinburger Kreistag, möchte in Zukunft ein "Miteinander" hinbekommen. Darüber hinaus sagt er, dass wiederkehrende Entschädigungszahlungen für die Landwirte vielleicht besser gewesen wären. "Ich glaube, dass man über Beteiligung ganz viel hinkriegt", erklärt Marko Förster. Außerdem will er, dass der Leitungsbau sämtlicher Vorhaben schneller vorangeht und will dafür die Verwaltung reformieren. Verwaltungskräfte sollen seiner Forderung nach in Zukunft gebündelt werden, um die Energiewende schneller durchführen zu können.
Auch Rudolf Riep, Kandidat der SPD, sieht in einer besseren Entschädigung der Landwirte eine Lösung. Er ergänzt aber: "Das ist alles nicht mehr im Handlungsbereich des Kreistages." Insofern würden sie dies nur durch politische Aussagen unterstützen können. Die SPD steht ganz klar für die Energiewende und sieht auch die Notwendigkeit, dass die nötige Infrastruktur dafür geschaffen werden muss. "Im Kreis Steinburg soll auch eine Wertschöpfung aus diesem Prozess gezogen werden.", fordert Rudolf Riep weiter. Damit meint er zum Beispiel, dass grüner Wasserstoff auch im Kreis Steinburg benötigt und auf dem Weg Richtung Süden eine gewisse Menge davon im Kreis bleiben soll.
Birgit Asmus-Mrozek kandidiert für die Grünen für den Kreistag. Ihr seien die Sorgen der Landwirte bewusst. "Ich finde es ganz wichtig, die Öffentlichkeit direkt bei der Planung mitzunehmen, was vielleicht so nicht an jeder Stelle im Vorfeld geklappt hat", sagt sie. Mit dem Bau der "SuedLink"-Leitung haben sich aber nach der Einschätzung von Birgit Asmus-Mrozek schon viele arrangiert.
Kritische Stimmen einiger Kandidaten für die Kommunalwahl
Einer der Kandidaten der FDP für den Steinburger Kreistag, Tobias Rückerl, spricht sich auch dafür aus, Betroffene rechtzeitig in den Planungsprozess mit einzubeziehen. "Unnötige Härten sind zu vermeiden und die Bedenken der Betroffenen müssen ernst genommen, Lösungen gemeinsam erarbeitet werden", betont Tobias Rückerl.
Reinhard Zimmermann von der AfD hält den Leitungsausbau für unnötig. "Deshalb fordert die AfD, zu einer sicheren Stromversorgung mit Kernkraft-, Kohle- und Gaskraftwerken zurückzukehren, wobei die alternativen Energien sicher die Stromversorgung ergänzen können", erklärt er. Der Netzausbau ist nach Ansicht von Reinhard Zimmermann wirtschaftlich unsinnig und belastet die Bürger mit zusätzlichen Netzentgelten.
Der Spitzenkandidat der Bürgerliste Steinburg, Carsten Fürst, fordert, dass Leitungen bevorzugt entlang der bereits vorhandenen Infrastruktur geführt werden und möglichst umweltverträglich gebaut werden sollen. "Die sich aus der regionalen Stromerzeugung ergebenden Standortvorteile wollen wir für Neuansiedlungen moderner Industriebetriebe nutzen", sagt Carsten Fürst weiter.
Bei Bürgerbeteiligung noch Luft nach oben
Fest steht: Der Kreis Steinburg spielt alleine wegen seiner geographischen Lage eine wichtige Rolle als "Durchleitungsregion" grüner Energien. Wenn der Stromnetzausbau hier scheitert, kann kein grüner Strom aus den Windkraftanlagen Nordfrieslands und Dithmarschens in die Verbrauchszentren nach Süddeutschland fließen. Im Zuge dessen fordert Landwirt Lukas Schwartkop: "Ich würde mir wünschen, dass Projekte für die Zukunft stärker im Dialog mit den Landeigentümern und auch den Bürgern vor Ort stattfindet." Dass mehr Stromleitungen für die Energiewende gebaut werden müssen, dafür hat auch er Verständnis.