Gesetzentwurf zur Windkraft: NABU in SH ist "entsetzt"
Pläne für ein neues Gesetz zur Solarenergie und zur Windkraft haben in Schleswig-Holstein Kritik ausgelöst: Beim Bau von Windrädern an Land soll in Zukunft auf spezielle Umweltprüfungen verzichtet werden. So sollen neue Windkraftanlagen schneller gebaut und eine EU-Richtlinie umgesetzt werden.
"Beschleunigungsgebiete" sind das Kernstück des Gesetzentwurfs von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Sie wollen beim Thema Ökostromausbau Gas geben. Ihr gemeinsamer Gesetzentwurf würde eine aktuelle EU-Notfallverordnung dauerhaft etablieren, die Ausnahmen von zeitintensiven Verfahrens- und Prüfschritten in Planungs- und Genehmigungsverfahren erlaubt. Viele Beschleunigungsgebiete können in Zukunft auch in Schleswig-Holstein liegen.
Vorher galt in Deutschland bei der Windkraft: Bevor ein neues Windrad gebaut werden kann, muss für jede einzelne Anlage eine sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Sie untersucht die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. In Zukunft könnten laut dem Gesetzentwurf vom Bundeswirtschaftsminister nur noch "strategische Umweltprüfungen" für ganze Gebiete notwendig sein.
NABU: "Klimaschutz und Artenschutz werden gegeneinander ausgespielt"
Der Naturschutzbund (NABU) Schleswig-Holstein ist nach eigenen Worten entsetzt: Landesvorsitzender Alexander Schwarzlose hält diese Prüfungen für viel zu allgemein, um auf die speziellen Belange vor Ort eingehen zu können. "Wir sehen einfach, dass man beim Ausbau Erneuerbarer Energien ausschließlich auf die Idee kommt, die Kompromisse oder die Zugeständnisse von der Natur zu verlangen und keine anderen Zugeständnisse sucht." Schwarzlose sieht stattdessen Möglichkeiten zum Beispiel bei militärischen Belangen oder beim Denkmalschutz.
Umweltminister Goldschmidt hofft auf Nachbesserungen im Gesetzentwurf
Auch der schleswig-holsteinische Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) ist von den Plänen seines Parteikollegen Habeck noch nicht überzeugt. Der vorliegende Gesetzentwurf lasse viele Fragen offen, teilte er in einem Statement mit. Und: "Gerade in Schleswig-Holstein beweisen wir Jahr um Jahr, dass hohe artenschutzrechtliche Anforderungen und Rekordgenehmigungszahlen bei der Windkraft gut zusammenpassen", meint Goldschmidt. Heißt: Schleswig-Holstein ist beim Ausbau der Windenergie auf einem guten Weg. Bis 2030 soll der Strom in Deutschland zu 80 Prozent aus erneuerbaren Quellen kommen.
Gesetzentwurf wird in Fachressorts abgestimmt
Unterstützung für den Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium kommt vom Landesverband Erneuerbare Energien (LEE.SH). Landesgeschäftsführer Markus Hrach sagte, der Entwurf sei längst überfällig. Denn durch die neuen Pläne würden Verfahren nicht nur vereinfacht, sondern auch beschleunigt. Seiner Meinung nach sind Umwelt- und Artenschutz keine Verlierer in der Planung für das neue Gesetz: "In den Genehmigungen stehen ja Schutzmaßnahmen. Und wenn das alles nicht möglich ist, gibt es immer noch die Möglichkeit, den Artenschutz über Zahlungen in Hilfsprogramme zu gewährleisten." Diese Hilfsprogramme wirken nicht zwangsweise in Schleswig-Holstein. Projektbetreiber können sich darüber quasi freikaufen.
Der Gesetzentwurf zur Solar- und Windenergie wird im nächsten Schritt von den einzelnen Fachressorts beraten, bevor er im Bundestag diskutiert wird.