Geburtsstation Henstedt-Ulzburg: Ungewissheit bis zum Schluss
Am Mittwoch war der letzte Tag auf der Geburtenstation der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg. Bis zu diesem Tag konnten nur noch Frauen entbinden, deren Stichtag vor dem 15. November war. Den Beschäftigten wurde erst jetzt gekündigt.
Seit gut zwei Monaten ist klar, dass die Geburtenstation der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) geschlossen wird. Der Betrieb wurde bereits in den vergangenen Wochen zurückgefahren, erzählt Hebamme Regina Schmidt-Scheben. Kamen im Oktober noch 54 Kinder in der Klinik auf die Welt, so waren es im November nach ihren Angaben nur noch elf. Sie betont auch: "Am Wochenende hatten wir Frauen, die in anderen Kliniken abgewiesen wurden und dann mit dem Rettungsdienst hierher gebracht wurden."
40 Jahre arbeitete sie in der Klinik. Bei dem Gedanken daran, dass dieser Tag ihr letzter auf Station ist, kommen der Hebamme die Tränen. "Ich mache mir um mich keine Sorgen, wir Hebammen werden gebraucht. Ich finde es aber für die Frauen schlimm, die nicht wissen, wo sie ihre Kinder auf die Welt bringen sollen", sagt sie. "800 Geburten hatten wir im Jahr. Die Kliniken im Umland sind darauf nicht vorbereitet."
"Geburt nicht so rentabel, wie andere ärztliche Dienstleistung"
Dass eine Geburt als Wirtschaftsfaktor gesehen wird, macht Regina Schmidt-Scheben und auch Kreissaalleiterin Tania Mielke sauer und traurig zugleich. Die Entscheidung, die Station in Henstedt-Ulzburg zu schließen, wurde aus rein wirtschaftlichen Gründen gefällt. "Eine Geburt mit 1.500 Euro ist leider nicht so rentabel, wie eine andere ärztliche Dienstleistung", so Mielke.
Dass die Entscheidung, die Station zu schließen, nicht zurückgenommen wird, war allen 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern klar. Verwaltung, Politik und Krankenkassen schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Das man aber bis zum letzten Tag gewartet habe, um den Hebammen, Ärzten und Pflegekräften zu sagen, wie es für sie weitergeht, trifft bei allen Beteiligten auf Unverständnis, sagen sie. Auf einer Betriebsversammlung am Mittwochmittag wurde den Hebammen gekündigt. Sie wurden vom Dienst freigestellt. Nach dem Sozialplan der Paracelsus-Klinik gibt es Lohnfortzahlungen und Abfindungen. Die Gynäkologie wird bis zum Jahresende abgewickelt.
Ungewissheit bis zum Schluss
"Es waren für uns so kräftezehrende Monate: nicht zu wissen, bis wann und wie geht es weiter. Ich habe Kolleginnen, die den Job jetzt an den Nagel hängen wollen", berichtet die Kreissaalleiterin. Eine ehemalige Hebamme werde nun Äpfel auf dem Wochenmarkt in Norderstedt (Kreis Segeberg) verkaufen. Denn nicht alle können und wollen in großen Krankenhäusern arbeiten oder bis zu einer Stunde Fahrt auf sich nehmen, um zum Beispiel in der Klinik in Preetz Frauen bei der Geburt zu begleiten.
Martina Meyer, die noch drei Jahre bis zur Rente hat, würde für die Arbeit in einem kleinen Haus sogar noch einmal umziehen. "In ein großes Krankenhaus will ich nicht. Das schaffe ich auch gar nicht mehr. Da gibt es auch mal fünf Geburten gleichzeitig. Da bist du nur am rennen", sagt Meyer. Statt in einem großen Krankenhaus zu arbeiten, würde sie eher in die Altenpflege oder in ein Hospiz gehen.
Mit der Petition in den Sozialausschuss
"Hier geht eine Ära zu Ende. Wir haben hier in Henstedt-Ulzburg eine ganz besondere Atmosphäre für Frauen geschaffen", fasst Regina Schmidt-Scheben die jetzige Situation zusammen. "Die kleinen Kliniken brauchen die Krankenhäuser und deren Personal, um weiter bestehen zu können", sagt sie.
Eine Debatte zu dem Thema will sie am Donnerstag im Sozialausschuss des Landtags begleiten. Im Gepäck wird sie eine Petition haben, um kleine Geburtenstationen zu schützen. Mehr als 7.000 Menschen haben unterschrieben.