Warum Schleswig-Holsteins Bahninfrastruktur schwächelt
Schleswig-Holstein fehlt es an Weichen: Besonders auf den Strecken Elmshorn-Westerland und Kiel-Neumünster. Nach Angaben des Fahrgastverbandes sorgt das besonders für Verzögerungen im Bahnverkehr.
Weichen sind zentrale Elemente der Bahninfrastruktur, die den Wechsel von Zügen zwischen verschiedenen Gleisen ermöglichen. Diese Funktion ist besonders bei Bauarbeiten oder Verspätungen entscheidend, um einen reibungslosen und flexiblen Bahnverkehr zu gewährleisten. Ohne ausreichende Weichen wird das Netz starr und kann auf Störungen kaum reagieren. Laut ZDF-Recherche hat die Deutsche Bahn seit den 1990er-Jahren deutschlandweit etwa die Hälfte der Weichen abgebaut - eine Entwicklung, die laut Fahrgastverband Pro Bahn auch Schleswig-Holstein getroffen hat. Es fehle nicht nur an Flexibilität, sondern auch an Ausweichmöglichkeiten, wenn Züge verspätet sind oder Umleitungen erforderlich werden.
"Keine Reserven, um Verspätungen abzubauen. Keine Reserven, um bei Bauarbeiten Züge umzuleiten." Jan Niemeyer, Fahrgastverband Pro Bahn
Schleswig-Holstein: Ein Land ohne Weichen
Die Auswirkungen des Weichenmangels sind in Schleswig-Holstein besonders gravierend. Laut Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) gilt das Streckennetz in Schleswig-Holstein als eines der schwächsten in ganz Deutschland. Auf der Marschbahn, die auf der Strecke Hamburg-Sylt eine wichtige Verbindung für Tourismus und Wirtschaft darstellt, führt der Mangel regelmäßig zu erheblichen Verspätungen. Ähnlich sieht es auf der Strecke Jübek-Husum aus, die ebenfalls stark frequentiert ist. "Wir kämpfen permanent mit dem Bund und der Deutschen Bahn, um Verbesserungen durchzusetzen", erklärt Wirtschaftsminister Madsen. "Es könnte natürlich helfen, wenn wir vom Bund mehr finanzielle Mittel erhalten würden. Deswegen muss da in der Tat etwas passieren."
Milliarden für die Schiene - reicht das?
Die Deutsche Bahn hat angekündigt, bis 2027 rund 53 Milliarden Euro in das deutschlandweite Streckennetz zu investieren. Ziel ist es, mit dem Programm "S3" die Infrastruktur, den Betrieb und die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Dazu gehören auch der Neubau von Weichen, Signalen und die Elektrifizierung von Strecken. In einer schriftlichen Mitteilung erklärt die Deutsche Bahn: "Für eine verbesserte Pünktlichkeit liegt der Fokus in den nächsten drei Jahren auf einer strukturellen Sanierung."
Doch Jan Niemeyer vom Fahrgastverband bleibt skeptisch: "Vor allem für den Unterhalt und die Sanierung von Weichen, Signalen und Brücken wird nach wie vor zu wenig Geld ausgegeben." Mehr Weichen, eine bessere Instandhaltung und eine verstärkte finanzielle Unterstützung durch den Bund seien entscheidend. Nur so könne das Bahnnetz flexibler und widerstandsfähiger werden. Bis dahin bleibt der Bahnverkehr im nördlichsten Bundesland ein ständiger Balanceakt - mit viel Frustration für Reisende.