Marode Schienen in SH: Madsen macht Druck auf Deutsche Bahn
Baustellen und Störungen sorgen für Zugausfälle und Verspätungen in Schleswig-Holstein. Der Zugverkehr müsse zuverlässiger werden, fordert Verkehrsminister Madsen - und erntet Kritik.
"Aufgrund von Bauarbeiten kommt es zu Einschränkungen im Bahnverkehr." Es sind Meldungen wie diese, die bei Zugreisenden und Pendlern den Puls hochtreiben. Oft haben sie Verspätungen und Zugausfälle zur Folge. Das sorgt für Frust und Unverständnis. Auch beim schleswig-holsteinischen Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU): Im Rahmen der Verkehrsministerkonferenz in Köln hat Madsen der Bahn mit Strafzahlungen gedroht, sollte sich die Situation im Land nicht verbessern.
Madsen: SH hat bundesweit schlechteste Infrastruktur
Gleichzeitig fordert der Verkehrsminister, dass das Trassenpreis-System der DB Netz geändert werde. "Schleswig-Holstein hat die schlechteste Schieneninfrastruktur aller Bundesländer, ist aber auf Platz sechs bei den Kosten. Das müssen wir diskutieren”, sagt Madsen auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein. Aus diesem Grund treffe er sich Ende der Woche mit dem Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, um Anpassungen der Trassenentgelte zu besprechen.
Land zahlt 160 Millionen Euro für Schienennutzung
Trassenentgelte sind Gebühren, die Bahnbetreiber wie DB Regio, Erixx oder Nordbahn zahlen müssen, um bestimmte Strecken nutzen zu können. Dafür erhalten sie Geld vom Land. Die Höhe der Nutzungsgebühr wird von den Infrastrukturanbietern, wie zum Beispiel der DB Netz, festgelegt und von der Bundesnetzagentur genehmigt.
Aktuell zahlt das Land nach eigenen Angaben rund 160 Millionen Euro an Trassenentgelten. Das entspricht nach Angaben des Verkehrsministeriums der Hälfte an Mitteln, die für den Nahverkehr in Zügen in Schleswig-Holstein zur Verfügung stehen.
Kritik an Deutscher Bahn wegen fehlender Pünktlichkeit
Hintergrund der Äußerungen des Verkehrsministers ist unter anderem die fehlende Pünktlichkeit von Zügen. Große Probleme gibt es nach aktuellen Angaben des Bahnbetreibers Nah.SH auf der Strecke zwischen Hamburg und Flensburg. Züge waren dort im August gerade mal zu 69,1 Prozent pünktlich. Ähnlich ist es auf der Strecke Kiel-Hamburg. Dort lag die Pünktlichkeit gerade mal bei 72 Prozent. Hauptursache für den Ausfall von Zügen waren laut Nah.SH Baumaßnahmen, die auf den Strecken durchgeführt wurden.
Verkehrsminister: 70 Prozent Pünktlichkeit sind nicht zuverlässig
Madsen: "Wir wollen mehr Menschen für den ÖPNV begeistern und das wird nur gelingen, wenn die Züge zuverlässig fahren." Werte um 70 Prozent entsprächen allerdings nicht seiner Definition von zuverlässig. Er fordert von der DB Netz, dass Baustellen besser koordiniert und Störungen frühzeitiger kommuniziert werden:
"Die Infrastruktur ist teilweise museumsreif und muss von der DB Netz dringend auf Vordermann gebracht werden." Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen
Laut Verkehrsministerium sind Pünktlichkeiten zwischen 93 und 95 Prozent mit den Bahnbetreibern vereinbart. Werden die Werte nicht eingehalten, kann das Land Teile der Zahlungen einbehalten, die für die Nutzung der Trassen gezahlt werden.
Pro-Bahn-Sprecher Naumann: "Drohungen bringen nichts"
Drohungen wie die des Ministers würden aktuell nichts bringen, sagt Karl-Peter Naumann, Sprecher von Pro-Bahn Schleswig-Holstein. Streckensanierungen und gleichzeitig pünktlich sein, dem könne die Deutsche Bahn nicht gerecht werden. "Wenn es das System nicht leisten kann, dann werden auch Strafzahlungen keine Besserung bringen", sagt Naumann.
Infrastruktur wurde zu lange vernachlässigt
Über die Probleme der Bahn in Schleswig-Holstein sei bereits in der Vergangenheit viel geredet worden, so Naumann. Passiert sei wiederum nichts. Als Beispiele nennt er störungsanfällige Bahnübergänge bei Kiel oder den Flaschenhals bei Pinneberg und Elmshorn, wo viele Schienen zusammengeführt würden. "Die Ursache für die Zugausfälle und Verspätungen ist, dass man die Infrastruktur zu lang vernachlässigt hat - vor allem auf der politischen Bundesebene."
Sind die Trassenentgelte in Deutschland zu hoch?
Den Vorstoß Madsens, Änderungen bei den Trassenentgelte vorzunehmen, begrüßt der Pro-Bahn-Sprecher. Sie seien in Deutschland ohnehin zu hoch. "Wenn die Trassenpreise gesenkt würden, könnten die frei gewordenen Mittel in Personal investiert werden", sagt Naumann. Denn vor allem in der Ausbildung von neuem Personal sieht er eine große Herausforderung für die Bahn.
Androhung von Strafzahlungen nicht neu
Dass das Land Druck auf Verkehrsbetriebe ausübt, die wegen Verspätungen oder Ausfällen negativ auf sich aufmerksam machen, ist nicht neu. Im Frühjahr verhängte das Land Strafzahlungen an den Bahnbetreiber Erixx, der vornehmlich die Strecke zwischen Kiel, Lübeck und Lüneburg betreibt. Mehrere Fahrten waren damals ausgefallen, weil sich laut Betreiber kurzfristig mehrere Zugführer krank gemeldet oder Gegenstände auf den Gleisen für Fahrtabbrüche gesorgt hätten.
Strafen betragen mehrere hunderttausend Euro
Auch der ehemalige Verkehrsminister, Bernd Buchholz (FDP), verhängte 2018 eine Strafe gegen die Deutsche Bahn. Grund waren damals Probleme im Sylt-Verkehr. Zahlreiche Züge auf der Marschbahn, zwischen Hamburg-Altona und Sylt-Westerland, waren immer wieder verspätet oder Fahrten fielen komplett aus. Die Strafe belief sich auf mehrere hunderttausend Euro.