Patriot-Raketen: So bildet die Luftwaffe in Husum aus
Zeitenwende auch in Schleswig-Holstein: Das Flugabwehrraketengeschwader 1 ist aktuell an zwei Auslandseinsätzen beteiligt. Das gab es bisher noch nie. Parallel läuft in Husum die Ausbildung am Patriot-Flugabwehrraketen-System.
Wie riesige, grüne Wellen ragen die grasbewachsenen Flugzeugbunker aus dem Boden. Darin befindet sich schweres militärisches Gerät. Draußen auf dem Asphalt parken Lastwagen in Tarnfarben, darunter sogenannte Launcher. Das sind mobile Startstationen fürs Patriot-Flugabwehrsystem, das wohl weltweit modernste seiner Art.
Auf so einem Launcher können Soldaten die Raketen hydraulisch Richtung Himmel richten. Der militärische Teil des Flugplatzes in Husum-Schwesing mutet respekteinflößend riesig an. Für zivile Gäste wirkt das Gelände wie aus einer anderen Welt. Für Oberstleutnant Frank Schulz, Kommandeur des Ausbildungszentrums Flugabwehrraketen, gehört die Kulisse zum beruflichen Alltag.
250 Soldaten nahe der polnisch-ukrainischen Grenze
"Hier am Standort in Husum sind etwa 2.500 Soldaten stationiert, davon entfallen etwa 1.000 Soldaten auf das Flugabwehrraketengeschwader 1 und seine unterstellten Verbände", sagt Schulz. 250 Soldaten aus diesem Geschwader, das sich "FlaRakG 1" abkürzt, sind seit Mitte Januar im polnischen Zamość stationiert, etwa 60 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. "Die Soldaten tragen dort zum Schutz des Luftraumes unseres Bündnispartners Polen bei", teilt der Oberstleutnant mit.
Ein ähnlicher Einsatz läuft bereits seit Frühjahr vergangenen Jahres in der Slowakei. Zwei parallele Auslandseinsätze gab es für das Geschwader noch nie, in der Vergangenheit war die Truppe außerhalb Deutschlands lediglich von 2013 bis 2015 im südtürkischen Kahramanmaraş nahe der syrischen Grenze aktiv. Für den Schutz des Nato-Luftraumes ist das Patriot-System von großer Bedeutung, und in Husum befindet sich der einzige deutsche Ausbildungsstandort für dieses System.
"Bei der Ausbildung hat man das im Hinterkopf"
Feldwebel Tom ist einer von bis zu 70 Soldatinnen und Soldaten, die hier gleichzeitig an dem Waffensystem trainieren können. Wie geht man als Soldat mit dem Krieg in der Ukraine und die Situation an der Nato-Ostflanke um? "Bei der Ausbildung hat man das im Hinterkopf, wir sehen es ja auch jeden Tag in den Nachrichten", sagt der Feldwebel. Aber: "Ab Tag eins ist uns bekannt, dass die Möglichkeit eines Auslandseinsatzes besteht, dessen sollte man sich also bewusst sein." Die Patriot-Ausbildung beginnt für die Soldaten in der Theorie, Stück für Stück geht es in die Praxis.
"Wir unterteilen die Ausbildung: Die Feldwebel haben bislang eine dreieinhalbmonatige technische Ausbildung in den Vereinigten Staaten und werden anschließend weitere vier Monate an den deutschen Geräten in Husum ausgebildet", berichtet Schulz. Seit diesem Jahr erfolgt die gesamte Ausbildung in Husum. Die Offiziere, die letztendlich den Feuerbefehl geben, werden laut Schulz sechs Monate ausgebildet, ebenfalls in Husum. Feldwebel übernehmen Aufgaben in der Bedienung und Instandsetzung des Systems. Der "scharfe" Übungsschuss, der zum Ende der Ausbildung für alle Soldaten obligatorisch ist, wird auf einem Nato-Standort auf der griechischen Insel Kreta abgefeuert.
23 Millionen Euro für neues Ausbildungszentrum
Bereits seit 2016 gibt es Pläne für ein neues Ausbildungszentrum auf dem Flugplatz Husum-Schwesing. Der Lehrsaalkomplex und die Ausbildungshalle stehen bereits, die Baukosten lagen laut Schulz bei rund 23 Millionen Euro. Mitte des Jahres will die Luftwaffe die Gebäude beziehen. Sie sollen bis dahin mit moderner Simulationstechnik und direkter Verbindung zu den Waffensystemgeräten ausgestattet sein.