Flüssiges Erdgas: LNG-Terminal vor Ankunft in Brunsbüttel

Stand: 19.01.2023 14:54 Uhr

Brunsbüttel erwartet das bundesweit dritte schwimmende LNG-Terminal. Die "Höegh Gannet" kann LNG in Erdgas umwandeln und verspricht mehr Unabhängigkeit in der Energiekrise. Kritiker monieren, dass der Preis dafür hoch ist.

von Jörn Zahlmann

Bei deutschen Politikern gibt es gerade kaum beliebtere Fotomotive als neue LNG-Infrastruktur. LNG steht für Liquefied Natural Gas und bezeichnet nichts anderes als flüssiges Erdgas. Am Freitagmorgen erwartet Brunsbüttel bei der Ankunft des Schiffes und gleichzeitig schwimmenden LNG-Terminals "Höegh Gannet" nicht nur Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und den schleswig-holsteinischen Energieminister Tobias Goldschmidt (Grüne). Angemeldet hat sich auch dessen Parteikollege Robert Habeck. Der Bundeswirtschaftsminister präsentierte in Flensburg erst kurz vor Weihnachten eine LNG-Millionenförderung.

Das dritte schwimmende LNG-Terminal in Deutschland

Mit dem schwimmenden LNG-Terminal - auch FSRU genannt, kurz für Floating Storage and Regasification Unit - schafft der Bund in Brunsbüttel mit Energieversorger RWE die deutschlandweit dritte Möglichkeit, von speziellen Tankern geliefertes LNG in Erdgas umzuwandeln und ins Netz einzuspeisen. Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven (Niedersachsen) ist am Dienstag in den Regelbetrieb gestartet, vergangene Woche weihte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das privatwirtschaftlich betriebene Terminal in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) ein.

Bund: "Essenziell für Energiesicherheit"

"Der Ausbau einer LNG-Infrastruktur  für 'FSRUs' und die Anmietung von 'FSRUs' sind essenziell für die Energiesicherheit. Insbesondere die Reduktion und dann der Wegfall von russischen Gaslieferungen machen sie zwingend notwendig", teilt das Bundeswirtschaftsministerium mit. LNG-Lieferungen sind eine praktikable Alternative zum Energie-Transport über die mittlerweile zerstörte Pipeline-Infrastruktur Nord Stream, weil Erdgas im flüssigen Zustand eine viel höhere Dichte als im gasförmigen Zustand hat. Es braucht beim Transport etwa 600-mal weniger Platz.

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Gas für mehr als 10.000 Einfamilienhäuser im Schiffsbauch

Im Schiffsbauch der "Höegh Gannet" befinden sich bei Ankunft in Brunsbüttel laut RWE bereits rund 34.000 Kubikmeter Flüssigerdgas. Der Energieversorger hat die "Höegh Gannet" im Auftrag der Bundesregierung gechartert. Nach der Umwandlung zu Erdgas können mit dieser Menge jährlich etwa 10.200 Haushalte (Verbrauch: 20.000 Kilowattstunden) versorgt werden. Im Brunsbütteler Hafen wollen RWE und Bund in diesem Jahr insgesamt 3,5 Milliarden Kubikmeter regasifiziertes Erdgas ins Netz einspeisen. Die "Höegh Gannet" soll so lange in Brunsbüttel stationiert bleiben, bis dort voraussichtlich 2026 ein festes Terminal in Betrieb geht.

Pläne für fünf staatliche LNG-Terminals an der deutschen Küste

Nach Fertigstellung einer 55 Kilometer langen Leitung von Brunsbüttel nach Hamburg Ende 2023 soll die Kapazität auf 7,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr steigen. Der Gesamtverbrauch in Deutschland liegt laut Bundeswirtschaftsministerium pro Jahr bei etwa 90 Milliarden Kubikmetern Erdgas. Neben dem privaten Terminal in Lubmin will der Bund in Deutschland zukünftig fünf LNG-Terminals selbst betreiben. Anlagen in Rostock und Stade befinden sich in der Planung.

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Langfristige Klimaschäden durch üppige LNG-Infrastruktur?

Das "NewClimate Instut" in Köln kritisiert, dass der Umfang der neu geplanten LNG-Infrastruktur im Widerspruch zu den Klimaschutzzielen Deutschlands steht. "Wenn alle geplanten Terminals in Betrieb sind, könnte Deutschland über Land und See fast zwei Drittel mehr Erdgas importieren als derzeit verbraucht wird", heißt es in der Studie des Kölner Instituts. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte zu der Studie auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein keine Stellung nehmen. Der Transport von dem auf minus 162 Grad heruntergekühlten LNG mit großen Spezialtankern über den Seeweg gilt als sehr energieintensiv. Auch die Deutsche Umwelthilfe kritisiert die Pläne der Bundesregierung als "überdimensioniert" und ficht die Betriebserlaubnis des neuen LNG-Terminals in Wilhelmshaven an.

Energieminister Goldschmidt: "Es gibt kein unbedenkliches Erdgas"

Schleswig-Holsteins Energieminister Goldschmidt fordert in diesem Zusammenhang eine Vorbereitung des künftigen festen LNG-Terminals in Brunsbüttel für sogenannte grüne Gase. Die Ankunft des schwimmenden LNG-Terminals sei ein Meilenstein. "Klar ist aber auch, dass es kein unbedenkliches Erdgas gibt", sagte der Grünen-Politiker. Er habe die klare Erwartung an die Bundesregierung, die gesetzlichen Anforderungen zu schaffen, dass eine schnelle Umrüstung auf eine klimaneutrale Nutzung möglich ist.

Umstieg auf Wasserstoff als Energieträger geplant

Die Nutzung von fossilem LNG in Deutschland ist nach Goldschmidts Angaben gesetzlich maximal bis 2043 möglich. Spätestens 2045 müsse Deutschland nach heutiger Gesetzeslage klimaneutral sein. Beim geplanten Umstieg auf Wasserstoff als Energieträger, der mit Hilfe von Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen werden soll und somit als grünes Gas gilt, wird voraussichtlich Ammoniak eine wichtige Rolle spielen. Die Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff ist einfacher zu transportieren als Wasserstoff, stellt aber höhere Anforderungen an die Infrastruktur als LNG.

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Schleswig-Holstein Magazin | 19.01.2023 | 19:30 Uhr

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