UKSH: Bessere Brustkrebsdiagnostik durch Künstliche Intelligenz
Bei der Brustkrebsvorsorge begutachten immer zwei Ärzte unabhängig voneinander die Mammografie-Aufnahmen der Frauen. Sie können jetzt durch Künstliche Intelligenz unterstützt werden.
Brustkrebs ist mit Abstand die häufigste Krebsart bei Frauen – allen zwischen 50 und 75 Jahren wird daher zu einem regelmäßigen Mammografie-Screening geraten, um Brustkrebs möglichst früh zu erkennen. Ergänzend dazu gibt es in Schleswig-Holstein seit mehr als 20 Jahren ein Programm, in dem Frauen mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko untersucht werden. Diese "Qualitätsgesicherte Mammadiagnostik", kurz QuaMaDi, nehmen jährlich bis zu 70.000 Frauen in Anspruch.
Künstliche Intelligenz soll Ärzte entlasten
Sowohl beim Screening als auch bei QuaMaDi wird jetzt immer öfter Künstliche Intelligenz eingesetzt: "Künstliche Intelligenz hilft uns, weitere Befunde zu erkennen", sagt Prof. Fritz Schäfer, Leiter des Mammazentrums am UKSH Kiel.
Bisher begutachtet der Radiologe immer zusammen mit einem Kollegen aus der Gynäkologie die Aufnahmen der Mammografie-Screenings. Das wird auch so bleiben, aber: Diese Doppelbegutachtung wird jetzt durch Künstliche Intelligenz ergänzt: "KI hilft uns, wenn wir müder werden und nicht mehr so aufmerksam sind – denn KI wird nie müde. Und so ist KI nochmal ein weiteres Sicherheitsnetz." Konkret markiert die Künstliche Intelligenz auf den Screening-Aufnahmen Bereiche, in denen sie Brustkrebs vermutet. Die Ärzte können dann genauer hinschauen.
Studie zeigt: Künstliche Intelligenz hilft Brustkrebs früher zu erkennen
Denn beim normalen Mammografie-Screening sind Mammakarzinome oft nicht zu sehen. Tumore können auf den Bildern zum Beispiel durch dichtes Brustgewebe überlagert werden. Sie werden dann erst beim Ultraschall sichtbar. Der Ultraschall wird aber bei den normalen Mammografie-Screenings für Frauen ohne erhöhtes Brustkrebsrisiko meist nicht durchgeführt.
Künstliche Intelligenz kann daher gerade hier helfen, Brustkrebs zu erkennen. Das zeigt eine Studie des UKSH (Campus Lübeck) und der Universität zu Lübeck in Zusammenarbeit mit der Firma Vara, die Anfang 2025 in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftler haben Daten von mehr als 460.000 Frauen aus ganz Deutschland ausgewertet, die zwischen 2021 und 2023 am Mammografie-Screening-Programm teilgenommen haben.
Das Ergebnis: Die Entdeckungsrate für Brustkrebs konnte durch Künstliche Intelligenz um fast 18 Prozent gesteigert werden. "Die Studie zeigt uns, dass wir in dem Kollektiv der beschwerdefreien Frauen schon mehr Krebse erkennen können", sagt Prof. Schäfer.
Radiologen müssen Kosten für KI beim Mammografie-Screening selbst tragen
Bisher setzen aber nur wenige Praxen Künstliche Intelligenz beim Mammografie-Screening ein – denn die Kosten müssen die Radiologen selbst tragen. "Die Rechtsvorgaben müssten so geändert werden, dass KI auch abgerechnet werden kann", sagt Dr. Bettina Schultz, Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein. Künstliche Intelligenz könne Zeit sparen und Ärzte entlasten. In der Folge könnten Patientinnen auch schneller einen Screening-Termin bekommen. Für die Frauen selbst entstehen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz keine Kosten.
Wird Künstliche Intelligenz eingesetzt, seien die Daten der Patientinnen geschützt: "Datenschutzsicherheit ist auf jeden Fall gegeben, weil diese Programme alle zugelassen sind. Die Bilder, an denen die Künstliche Intelligenz angewandt wird, verlassen die Praxen nicht. Es werden keine Daten mit Dritten ausgetauscht."
Kosten für Künstliche Intelligenz werden in QuaMaDi übernommen
Das Programm für die Brustkrebs-Risikopatientinnen, QuaMaDi, wird vom Land mitfinanziert – auch die Kosten für die Künstliche Intelligenz werden übernommen. Frauen in QuaMaDi werden genauer untersucht und bekommen daher oft einen Ultraschall – Mammakarzinome werden so eher entdeckt. Künstliche Intelligenz soll auch hier trotzdem helfen, sagt Prof. Schäfer: "KI sensibilisiert noch mehr, Auffälligkeit abzuklären - das ist wirklich ein Mehrwert."
Für seine Patientinnen erhofft er sich durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz mehr Sicherheit: "Wir haben noch ein weiteres Sicherheitsnetz eingewebt, und davon profitieren die Patientinnen und haben auch die Chance, dass Krebs noch früher erkannt wird."
Künstliche Intelligenz wird erst seit kurzem in QuaMaDi eingesetzt – deshalb gibt es noch keine Zahlen dazu, ob KI hier auch zu mehr Befunden führt. Prof. Schäfer ist optimistisch: "Da sehe ich großes Potential, da wir im Rahmen von QuaMaDi in Schleswig-Holstein flächendeckend jedes Jahr 70.000 Untersuchungen sammeln können und dann sehen können, ob KI uns hilft oder nicht. Ich glaube, KI wird uns unterstützen." Je öfter Künstliche Intelligenz in QuaMaDi eingesetzt werde, desto mehr lerne das Programm und werde so mit der Zeit immer genauer.
Im Idealfall könne dann künstliche Intelligenz die Zweitbegutachtung sogar ersetzen - und damit dafür sorgen, dass Ärzte mehr Zeit zum Beispiel für schwierige Brustkrebsfälle hätten.