Aktion am Gymnasium Marne: Tanzen gegen Gewalt an Frauen
Das Gymnasium Marne hat sich an einer weltweiten Aktion gegen Gewalt an Frauen und Mädchen beteiligt. In der Projektwoche kam heraus, dass auch viele Schülerinnen des Gymnasiums sexualisierte Gewalt erfahren haben.
Laut den Vereinten Nationen (UN) erlebt weltweit jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt - also eine Milliarde Frauen und Mädchen. Darauf spielt der Name der weltweiten Aktion an: "One Billion Rising". Rund 200 Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 13 haben heute auf dem Schulhof des Gymnasiums Marne (Kreis Dithmarschen) mit einer Tanzaktion auf das Thema aufmerksam gemacht. Jedes Jahr am 14. Februar tanzen Menschen auf der ganzen Welt in Rot und Pink - jetzt auch in Marne: Die Schülerinnen und Schüler tanzten zum Song "Break the Chain".
"Schon krass wie präsent das Thema auch bei uns ist"
In einer Projektwoche haben sich die Lehrerinnen Yvonne Herse und Svenja Hönig mit Schülerinnen der neunten bis elften Klasse mit Frauenrechten beschäftigt. Dabei ist eine #metoo-Wand entstanden, auf der die Mädchen anonym von ihren Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt berichten konnten. "Ich habe viele schreckliche Dinge erfahren", berichtet die Schülerin Jona Korries gegenüber dem NDR. "Das ist schon krass und erschreckend, denn man sieht ihnen überhaupt nicht an, was zu Hause los ist", ergänzt Annika Marxen.
Alle Mitglieder der Projektgruppe betroffen
Das Ergebnis: Alle Mitglieder der Projektgruppe waren bereits mindestens einmal direkt mit sexualisierter oder körperlicher Gewalt konfrontiert. "Die Erfahrungen, die unsere 15- bis 17-jährigen Schülerinnen gemacht haben, waren zum Teil so erschreckend, dass wir diesem Thema unbedingt mehr Raum geben wollten", sagt Lehrerin Yvonne Herse. Auch die Jungs waren schockiert über das Ausmaß, deshalb hatten die Lehrerinnen auch mit ihnen über das Thema gesprochen.
Kummerkasten für Betroffene
Am Gymnasium Marne gibt es einen Kummerkasten für Schülerinnen und Schüler. Dort können Mädchen Nachrichten einwerfen, in denen sie ihre Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt schildern. Über diesen Weg können sie mit der Schulsoialarbeiterin in Kontakt kommen.
Schleswig-Holstein: Mehrere Hundert Fälle pro Jahr
Im Jahr 2023 gab es laut Polizeilicher Kriminalstatistik in Schleswig-Holstein 394 polizeibekannte Fälle sexualisierter Gewalt wie Vergewaltigung, sexuelle Nötigung oder Übergriffe - davon wurden 45 Taten versucht und 349 vollendet. Mit 378 war die weit überwiegende Mehrheit der Opfer weiblich.
Auf einer Ausstellung hat die Gruppe die #metoo-Wand öffentlich gemacht - auch andere waren eingeladen, sie zu beschriften. Die Wand ist eindrücklich, sagt Herse: "Die Reaktionen der Zuschauerinnen und Zuschauer während der Projektpräsentation haben gezeigt, dass vielen gar nicht bewusst ist, wie präsent das Thema auch bereits für Schülerinnen in diesem Alter ist."
Bedarf an Fortbildungen für Lehrkräfte
Professorin Simone Pülschen forscht an der Europa-Universität Flensburg unter anderem zu sexueller Gewalt. Sie begrüßt die Aktion, denn noch immer erfahre das Thema zu wenig Aufmerksamkeit: "Das spiegelt sich unter anderem darin, dass sowohl Fortbildungsangebote für Lehrkräfte und pädagogisches Fachpersonal als auch Präventionsangebote für Schülerinnen und Schüler nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind."
Nach wie vor habe der Kinderschutz zudem keinen festen Platz in den Lehramtscurricula. Sie hofft, dass solche Aktionen dazu beitragen, dass Schulen zum Schutz- und Kompetenzort gegen Gewalt werden.
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