FSG-Nobiskrug: Wirtschaftsminister Madsen erteilt Landesbeteiligung eine Absage

Stand: 22.10.2024 20:03 Uhr

Die Lage der Werften FSG und Nobiskrug hat sich in den vergangenen Tagen weiter zugespitzt: Aufträge gibt es nicht, Gehälter stehen aus, fast alle Beschäftigten sind freigestellt. Mehrere Politiker fordern jetzt einen Einstieg des Landes bei den Werften. Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) ist dagegen.

Die ganze Odyssee begann 2019: Lars Windhorst übernahm mit seiner Investmentgesellschaft Tennor Holding die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG). Danach folgte 2020 eine Insolvenz in Eigenverwaltung, die Belegschaft halbierte sich beinahe. Anschließend übernahm Tennor die FSG erneut und Windhorst kaufte 2021 zusätzlich noch die Rendsburger Nobiskrug Werft. Doch die Zukunft für die neu geschaffene FSG-Nobiskrug GmbH wurde, anders als Windhorst mehrfach verkündete, alles andere als rosig.

In den vergangenen Monaten wurden mehrfach die Löhne für Teile der rund 530 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Flensburg und Rendsburg (Kreis Rendsburg-Eckernförde) erst verspätet gezahlt. Aktuell warten immer noch 80 Beschäftigte auf ihren September-Lohn - und das Ende Oktober. Aufträge gibt es keine, und nun sind die meisten Beschäftigten zudem seit Montag freigestellt. Ihnen wurde nicht gekündigt, womit sie theoretisch auch einen Anspruch auf Gehalt haben - jedoch ist fraglich, ob und wie das Geld gezahlt werden kann. Die IG Metall schätzt die Lage als bedrohlich ein. Gewerkschaft und Betriebsrat hoffen auf eine baldige erneute Insolvenz, damit sich die Werften mit einem neuen Investor sanieren können. Eine andere Forderung, die im Raum steht: Das Land soll sich einbringen.

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Der Eingang zur FSG-Werft in Flensburg, davor ein Schild mit der Aufschrift: "Seit 24 Tagen Lohn überfällig, Herr Windhorst!" © NDR Foto: Tobias Gellert

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Madsen: Einstieg des Landes "keine tragfähige Lösung"

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Madsen hat sich klar gegen einen Einstieg des Landes bei den notleidenden Werften ausgesprochen. "Die Landesregierung sieht darin keine tragfähige Lösung und zieht einen solchen Schritt nicht in Erwägung", teilte er am Dienstag mit.

"Abgesehen davon, dass wir den Betrieben in ihrer derzeitigen wirtschaftlichen Situation nicht einmal öffentliche Kredite gewähren dürften, können wir als Land auch den Eigentümer nicht zwingen, seine Werften zum Verkauf anzubieten." Claus Ruhe Madsen (CDU), Wirtschaftsminister Schleswig-Holstein

Claus Ruhe Madsen (CDU) und Werft-Investor Lars Windhorst © picture alliance, NDR Foto: Daniel Bockwoldt
Wirtschaftsminister Madsen (links) hofft auf einen freiwilligen Rückzug von Investor Windhorst.

Madsen sieht das Land aktuell lediglich in der Rolle des Vermittlers: "Wir stehen für jegliche Unterstützung bereit, wenn Lars Windhorst sich endlich zurückzieht und damit interessierten Investoren den Einstieg und den Werften einen Neuanfang ermöglicht", so Madsen. Lediglich im Falle einer möglichen Insolvenz der Werftengruppe ohne einen potentiellen neuen privaten Investor, müsse man die Situation neu bewerten.

Flensburger Grüne fordern Beteiligung des Landes

In einem offenen Brief hatten sich zuvor der Europaabgeordnete Rasmus Andresen und der Fraktionsvorsitzende der Grünen in Flensburg, Leon Bossen, an Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Wirtschaftsminister Madsen gewandt. Die beiden Flensburger Politiker äußerten sich in dem Brief besorgt aufgrund der derzeitigen Situation der FSG. "Unsere Werft [...] treibt führungslos dahin - eine Katastrophe für die hochqualifizierten Fachkräfte, die Schleswig-Holstein und Deutschland dringend braucht." Andresen und Bossen fordern, dass das Land Schleswig-Holstein Verantwortung übernehmen soll. "Prüfen Sie den Einstieg des Landes in die Werft als eine ernstzunehmende Option."

Auch SPD appelliert an Landesregierung - die wiegelt ab

Bereits am Montag hatten die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli und der werftenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Hölck, die Landesregierung dazu aufgefordert, die Möglichkeiten staatlicher Beteiligung mit alternativen Investoren zu prüfen: "Die Werften von FSG und Nobiskrug brauchen einen Neuanfang, und den kann es nur ohne Lars Windhorst geben", sagten sie in einer gemeinsamen Erklärung. Sie vergleichen die Situation mit der Meyer Werft in Papenburg. Die Werft gehört seit Mitte September zu 80 Prozent dem Bund und dem Land Niedersachsen.

Wirtschaftsminister Madsen hält einen Vergleich mit dem Einstieg des Bundes bei der Papenburger Meyer Werft für verfehlt, denn dort seien die Auftragsbücher voll. Die FSG habe dagegen nur einen einzigen Auftrag in der Abarbeitung.

Das Land muss "ein wichtiges Interesse" an dem Unternehmen haben

Damit das Land Schleswig-Holstein sich überhaupt an einem privaten Unternehmen beteiligen kann, sieht die Landeshaushaltsordnung (LHO) laut Finanzministerium in Paragraf 65 bestimmte Voraussetzungen vor. So soll sich das Land an einem bestehenden Unternehmen nur beteiligen, wenn unter anderem "ein wichtiges Interesse des Landes vorliegt und sich der vom Land angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt." Außerdem müsse die Einzahlungsverpflichtung des Landes auf einen bestimmten Betrag begrenzt werden.

Staatsanwaltschaft Kiel: Ermittlungen gegen Windhorst dauern an

Aufgrund von Strafanzeigen ermittelt die Staatsanwaltschaft Kiel seit Monaten gegen die FSG-Nobiskrug Holding. Dabei soll es auch um Insolvenzverschleppung gehen. Nach Angaben eines Sprechers werden die Ermittlungen aber noch mehrere Wochen dauern. Ganz allgemein betrachtet können ausbleibende Löhne und freigestellte Mitarbeiter Indizien für eine Insolvenz sein - aber eben noch lange kein Beweis, so die Staatsanwaltschaft Kiel.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 22.10.2024 | 19:30 Uhr

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