Erntezeit: Wie vermeide ich Unfälle mit Treckern und Mähdreschern?

Stand: 16.07.2024 12:46 Uhr

Landwirte und Lohnunternehmer in Schleswig-Holstein rufen zu gegenseitiger Rücksicht im Straßenverkehr auf. Landesweit sollen Aufkleber darauf aufmerksam machen, wie man sich als Autofahrer in der Nähe von Mähdrescher und Co. am besten verhält.

von Joscha Krone

Die Getreideernte in Schleswig-Holstein ist im vollen Gange. Große Trecker, Anhänger und Mähdrescher sind unterwegs. Das führt zu vollen Landstraßen und zu Frust bei Autofahrerinnen und -fahrern, die deutlich langsamer vorankommen. Der Landesverband der Lohnunternehmer und der Landesbauernverband Schleswig-Holstein rufen dazu auf, gegenseitig Rücksicht zu nehmen, anstatt zu drängeln. Wenn alle aufeinander achten, ließen sich heikle Situationen am besten vermeiden, so die Verbände.

Die Zahl der Verkehrsunfälle im Zusammenhang mit der Ernte lag in den vergangenen Jahren auf einem etwa gleichbleibenden Niveau, sagt die Landespolizei. Trotzdem sei jeder Unfall einer zu viel. Unfälle ließen sich vermeiden, wenn alle Verkehrsteilnehmer geduldig und partnerschaftlich mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen umgehen. Anderseits sieht die Polizei aber auch die Fahrerinnen und Fahrer der Erntemaschinen in der Pflicht, stets sicherzustellen, dass ihre Fahrzeuge verkehrssicher unterwegs sind.

"Ortsschild in Sicht - 30 ist Pflicht"

Zur Erntezeit stehen Landwirtinnen und Landwirte sowie Lohnunternehmer oft sehr unter Druck, denn sie müssen innerhalb kürzester Zeit ihre Ernte einholen, um die Qualität zu wahren, erklärt Dietrich Pritschau, Vizepräsident des Landesbauernverbands Schleswig-Holstein. An die Verkehrsregeln müssen sich dennoch alle halten - Landwirtinnen und Landwirte mit ihren Traktoren und Gespannen hätten gegenüber Auto- und Motorradfahrerinnen und -fahrern keinen Sonderstatus, so Pritschau weiter.

Auf einem großen Trecker-Anhänger ist ein Aufkleber mit der Ausfschrift: "Ortschild in Sicht - 30 ist Pflicht!" zu sehen. © NDR Foto: Joscha Krone
Tempo runter im Dorf: Mit der Aufkleber-Aktion sollen Landwirte und Lohnunternehmer an mehr Rücksicht erinnert werden.

Anlässlich der Sommerernte haben die Interessenverbände eine Sticker-Aktion ins Leben gerufen, um für rücksichtsvolles Verhalten im Straßenverkehr zur Erntezeit zu werben. Die Aufschrift "Ortsschild in Sicht - 30 ist Pflicht" ist auf den Aufklebern zu lesen, die auf vielen großen Treckern, Mähdreschern oder Anhängern im Land zu finden sind. Mit den Stickern wollen sich Landwirtinnen und Landwirte sowie Lohnunternehmer nochmal gegenseitig erinnern, gerade in den Dörfern das Tempo zu senken.

Mehr Gefahr durch Motorradfahrer

In der Sommerzeit, in der gerade in Schleswig-Holstein viele Urlauber teilweise auf den Landstraßen und in den Dörfern unterwegs sind, wollen die Verbände ihre Berufsgenossen durch ihre Sticker-Aktion nochmal besonders für die potenziellen Gefahren sensibilisieren. Im Sommer ist die Zahl der möglichen Gefahren einfach größer, weil sich viel mehr Menschen in ihrer Freizeit - wie beispielsweise Motorradfahrerinnen und -fahrer - draußen aufhalten, sagt Pritschau vom Landesbauernverband

Ein Mähdrescher bei der Ernte. © Marven Dietrich Foto: Marven Dietrich
AUDIO: Erntezeit: Landwirte bitten um Rücksicht im Straßenverkehr (1 Min)

Nicht drängeln, sondern aufeinander achten

Eines der größten Probleme ist laut der beiden Interessenverbände und der Polizei nach wie vor, dass Autofahrerinnen und -fahrer die Ausmaße der landwirtschaftlichen Großmaschinen falsch einschätzten. Um mögliche Unfälle zu vermeiden, sollten Auto- und Motorradfahrer laut Polizei folgende Gefahren durch Erntemaschinen bedenken:

Ernteverkehr: Darauf sollten Auto- und Motorradfahrer achten

  • Vorsicht vor Staub und Schmutz: Gerade in der Nähe von Feldern oder im Bereich von Feldein- und ausfahrten kann die Sicht durch Staubaufwirbelungen von landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigt sein. Auch können dort Straßen durch Erde oder Erntegut verschmutzt sein.
  • Aufgepasst beim Abbiegen: Eine große Gefahrenquelle ist das Abbiegen großer Erntegespanne in andere Straßen oder Feldwege, bei dem das gezogene Gefährt ausschert und sogar die Straße blockieren kann.
  • Überholmanöver nur mit Bedacht: Die Länge und Breite der Gespanne sowie deren Geschwindigkeit und Beschleunigungsmöglichkeiten werden oftmals unterschätzt. Die Polizei rät, nur bei völlig klarer Verkehrslage zu überholen. Außerdem gelte zu beachten, dass Blinker und Beleuchtung von landwirtschaftlichen Gespannen durch Verschmutzung schlechter zu erkennen sind. Beim kleinsten Zweifel wird geraten, auf das Überholmanöver zu versichten - das gilt laut Polizei insbesondere für Motorradfahrer.

Polizei: Mehr Kontrollen zur Erntezeit

Nicht nur die Auto- und Motorradfahrer sind in der Pflicht aufzupassen, sondern auch die Landwirtinnen und Landwirte sowie Lohnunternehmer mit ihren großen Erntemaschinen, so die Polizei. Während der Erntezeit kontrollieren die Beamtinnen und Beamten landwirtschaftliche Fahrzeuge nach eigenen Angaben auch im Rahmen von Schwerpunkteinsätzen verstärkt.

Die Polizei appelliert, dass Fahrerinnen und Fahrer von landwirtschaftlichen Fahrzeugen die Erkennbarkeit und Sicherheit ihrer Erntemaschinen sicherstellen sowie verschmutzte Straßen ausreichend kenntlich machen, absichern und den Dreck so schnell es geht entfernen. Beim Abbiegen in Felder und Grundstücke sind sie dazu aufgerufen, rechtzeitig zu blinken und beim Linksabbiegen auf den nachfolgenden Verkehr zu achten. In der Erntezeit sollten Landwirtinnen und Landwirte sowie Lohnunternehmer sich zudem bewusst sein, dass sie verstärkt von Autos und Motorrädern überholt werden. Deshalb bittet die Polizei auch darum, dass Erntemaschinen bei längeren Rückstaus das Überholen oder Vorbeifahren ermöglichen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 15.07.2024 | 15:00 Uhr

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