Daniel Günther warnt vor ungesteuerter Einwanderung
Der schleswig-holsteinische Landtag hat am Freitag über den künftigen Kurs in der Flüchtlingspolitik diskutiert. Die Landesregierung berichtete von dramatisch gestiegenen Asylzugangszahlen.
Etwa 100 Flüchtlinge kommen laut Landesregierung aktuell täglich nach Schleswig-Holstein. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach am Freitag im Kieler Landeshaus von einem dramatischen Anstieg der Zahlen und warnte davor, es werde absehbar problematisch, die Aufnahme und Integration so sicherzustellen, wie es erforderlich sei.
Günther forderte daher eine Kurskorrektur in der Migrationspolitik: "Eine ungesteuerte Einwanderung überfordert unsere Gesellschaft." Man werde daher Armutsmigration begrenzen müssen. "Damit wir unsere Kapazitäten auf diejenigen konzentrieren können, die wirklich verfolgt sind." Er sagte, es sei für alle unerträglich, zu sehen, wie viele Menschen Tag für Tag sterben auf den Fluchtwegen. "Es ist ein grausamer Spagat, vor dem die EU in dem Bereich steht."
Lage in den Kommunen schwierig
Die Situation in den Kommunen nannte Günther zunehmend schwierig. Das habe nichts mit der Bereitschaft zu tun. Man müsse bei jeder Gelegenheit betonen, wie viele Menschen sich in Schleswig-Holstein ehrenamtlich und hauptamtlich mit großem Engagement und Hilfsbereitschaft dafür einsetzen, dass Menschen eine Bleibe finden. "Aber diese Bereitschaft darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kapazitäten endlich sind", so Günther.
Bei der Zahl der gemeldeten Plätze in den Kommunen sei man in vier bis fünf Wochen auch in Schleswig-Holstein in einer sehr, sehr schwierigen Lage: "Wir wollen doch nicht Flüchtlinge in Sporthallen unterbringen, denn wir wollen, dass da Sport gemacht wird."
Günther warb für einen Schulterschluss der Demokraten und erneuerte seine Forderung an den Bund, seiner finanziellen Verantwortung gerecht zu werden und Länder und Kommunen nicht im Regen stehen zu lassen. "Wir haben unsere Finanzverantwortung geklärt mit den Kommunen", so Günther.
Integrationsministerin Touré fordert Schulterschluss
Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) rief im Schleswig-Holsteinischen Landtag dazu auf, die aktuelle Flüchtlingssituation bei allen auftretenden Konflikten in einem breiten gesellschaftlich-politischen Bündnis zu lösen und den Zusammenhalt zu wahren. Sie sei sich sicher, dass man diesen Kraftakt nur in einem Schulterschluss lösen könne. "Als Land stehen wir zu unserer Verantwortung und setzen alles in Bewegung, um die Situation zu lösen und den gesellschaftlichen Frieden in Schleswig-Holstein zu wahren", sagte Touré.
Sie lobte die Zusammenarbeit mit den Kreisen und Kommunen in den vergangenen Monaten. "Land und Kommunen haben drei große Vereinbarungen getroffen und setzen diese um. Gemeinsam tragen wir eine Verantwortung, was die Unterbringung angeht: Das Land für die Erstaufnahme, die Kommunen für die dauerhafte Unterbringung. Dieser Verantwortung sind wir bisher gerecht geworden und werden es weiterhin tun."
Kritik von der Opposition
Die Opposition im Landtag wirft der Landesregierung vor, zu zögerlich zu sein und der Lage hinterherzuhinken. Vor allem Integrationsministerin Touré stand dabei im Fokus der Kritik. Sie käme ihren Versprechungen und Ankündigungen nicht hinterher, so Serpil Midyatli (SPD): "Ministerin Touré, das was Sie hier sagen, hat mit ihrem Handeln im Land leider überhaupt nichts zu tun." FDP-Politiker Bernd Buchholz warf der Ministerin vor, es gebe keine vorausschauende Planung. Es habe bereits im vergangenen Jahr Forderungen gegeben, die Kapazitäten für Erstaufnahmeeinrichtungen aufzustocken. Touré habe zu spät reagiert. Buchholz forderte einen Handlungsplan der Regierung. Lars Harms vom SSW unterstrich, Hauptproblem blieben mangelnde Kapazitäten.
Koalition bleibt beim Thema sichere Herkunftsländer uneins
Bei der Debatte darüber, ob Moldau und Georgien als sogenannte sichere Herkunftsländer eingestuft werden oder nicht, blieben CDU und Grüne im Landtag auf konträrem Kurs. Die FDP, die eine Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten als wichtig und richtig erachtet, nutzte die Gelegenheit, um den Dissens zwischen CDU und Grünen hervorzuheben. Der Koalitionsvertrag sei nur noch Makulatur, meinte FDP-Fraktionschef Vogt. Für die Grünen erläuterte der Fraktionsvorsitzende Lasse Petersdotter mit Verweis auf den Koalitionskonflikt, es habe keinen plötzlichen Sinneswandel gegeben, man habe die Position nicht verändert - die Auseinandersetzung aber hätten die Grünen nicht gewonnen. "Wir Grüne wurden nicht überzeugt, aber gewissermaßen überstimmt." Für die SPD, die sich ebenfalls entgegen der Bundeslinie klar gegen die Ausweitung sicherer Herkunftsländer aussprach, warf Serpil Midyatli der Koalition vor, es gehe ein Stück Humanität in Schleswig-Holstein verloren.