SH: Schwarz-Grün beendet Streit über sichere Herkunftsstaaten
Schleswig-Holsteins Landesregierung aus CDU und Grünen will einem Gesetz, das Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten ausweist, im Bundesrat nach langem Streit zustimmen. Der Status spielt im Asylrecht eine wichtige Rolle.
CDU und Grüne in Schleswig-Holstein haben ihren Streit bei der Frage über die Ausweisung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten beigelegt und Einigkeit betont. Das teilten die Regierungsparteien nach einem Koalitionsausschuss am Montagabend mit. Die Koalition verständigte sich damit doch auf eine Zustimmung zu einem entsprechenden Gesetz im Bundesrat. "Die Zustimmung der Grünen auf Bundesebene hat die Grundlage für die ursprünglich verabredete Enthaltung verändert", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Eine Zustimmung sei daher folgerichtig.
Touré: Grüne teilen Position nicht, respektieren sie aber
Gleichzeitig respektiere er natürlich die weiterhin ablehnende Haltung von Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) und den schleswig-holsteinischen Grünen zum Instrument der sicheren Herkunftsstaaten, so Günther: "Wir zeigen damit auch in dieser Frage, dass wir uns bei unterschiedlichen Positionen auf eine gemeinsame Linie verständigen können." Touré wiederum, die bis vor einer Woche von einer Enthaltung ausgegangen war, betonte: Auch wenn man als Grüne in Schleswig-Holstein die Position inhaltlich nicht teile, respektiere man sie ausdrücklich und werde im Bundesrat zustimmen. Sie verwies darauf, dass die Union sehr großes Interesse an der Einstufung habe. Und auch Touré unterstrich: "Schwarz-Grün arbeitet vertrauensvoll und lösungsorientiert zusammen."
Ministerpräsident Günther spricht Machtwort im Kabinett
Ganz so einig, wie sich CDU und Grüne nun geben, waren sie sich in der vergangenen Woche nicht. Da hatte Ministerpräsident Günther im Kabinett ein Machtwort gesprochen. Der CDU-Politiker machte seinem grünen Koalitionspartner unmissverständlich deutlich, dass er es für undenkbar halte, dass die Landesregierung dem von der Ampel-Koalition auf Bundesebene mit den Stimmen der Grünen getragenen Gesetz in der Länderkammer die Zustimmung im Bundesrat verweigere. Touré hatte im Juni im Landtag erklärt, die Koalition werde sich im Bundesrat zu der Einstufung beider Staaten enthalten.
Kehrtwende entspricht nicht dem Koalitionsvertrag
Der Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein sieht vor, dass sich die Landesregierung im Bundesrat enthält, wenn man sich bei einem Thema nicht einigen kann. Das ist in diesem Punkt nun anders. Die Kehrtwende auf Druck der CDU dürfte Touré nicht gefallen, auch wenn sie nach außen hin den Schulterschluss übt.
Grüne Jugend "entsetzt" über Einigung der Koalition
Die Grüne Jugend Schleswig-Holstein teilte nach der Einigung mit, man sei entsetzt. "Es ist schön, dass Touré öffentlich Haltung zeigt und dazu steht, dass diese Einigung keine Grünen-Position widerspiegelt - von der ursprünglichen Einigung auf eine Enthaltung im Bundesrat abzuweichen, ist und bleibt dennoch fatal", sagte Landessprecherin Johanna Schierloh. Die schwarz-grüne Freundschaft werde damit über Menschenrechte und über die Sicherheit von Geflüchteten gestellt. Als Grüne Jugend lehne man das Konzept der "sicheren Herkunftsstaaten" weiterhin entschieden ab.
Asylanträge können als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt werden
Sichere Herkunftsstaaten sind Länder, bei denen davon ausgegangen wird, dass es dort im Regelfall weder Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gibt und betroffenen Ausländern damit in ihrer Heimat kein ernsthafter Schaden droht. Die Behörden können dann Asylanträge von dort als "offensichtlich unbegründet" ablehnen.
Aktuell gilt das für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Ghana, Senegal, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Nordmazedonien, Albanien, Kosovo und Montenegro. Die Bundesregierung hat beschlossen, auch Georgien und Moldau in diese Liste aufzunehmen.
Einschätzung für Georgien und Moldau ist umstritten
Die Einschätzung, dass Georgien und Moldau sicherere Herkunftsländer sind, ist umstritten. Laut Pro Asyl werden in Moldau Angehörige der Volksgruppe der Roma diskriminiert. In Georgien berichtet die Menschenrechtsorganisation über Rückschritte bei Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Bundesregierung plant Abkommen für legale Zuwanderung
Der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen ist in den vergangenen Monaten mehrmals in die Hauptstädte von Georgien und Moldau gereist, um mit den dortigen Regierungen über Migration zu sprechen. Geplant sind Migrationsabkommen, um die legale Zuwanderung von Arbeitskräften nach Deutschland zu erleichtern.