DLRG warnt: Am Wasser Kinder statt Smartphone im Blick haben

Stand: 25.07.2024 16:56 Uhr

Badende in Schleswig-Holstein würden vor allem starke Strömungen unterschätzen. Dazu hätten immer mehr Eltern an Stränden und Seen eher ihr Smartphone im Blick, als dass sie auf ihre Kinder achten.

von Astrid Wulf

Es ist ein eher kühler, windiger Juli-Nachmittag. Trotzdem ist es an der Badestelle "An der Schlosswiese" am Ratzeburger See (Kreis Herzogtum Lauenburg) trubelig, ein Ferienschwimmkurs der DLRG startet. Vom Seeufer aus beobachtet Ortsgruppenleiter Malte Allrich, wie die Kinder mit den Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern der DLRG am Strand Baderegeln lernen und die Geübteren im Nichtschwimmerbereich ihre Bahnen ziehen.

Der Leiter der DLRG Ortsgruppe Ratzeburg sagt, dass vor allem Erwachsene ihre Schwimmfähigkeiten überschätzten und häufig die Gefahren in Binnengewässern nicht ernst nähmen. Hier am Ratzeburger See seien vor allem die Wetterverhältnisse schwer überschaubar.

"Man steigt bei ruhigem Wasser aufs SUP-Board, und auf dem See herrschen dann Wind und Wellen." Malte Allrich, DLRG Ortsgruppe Ratzeburg

Malte Allrich von der DLRG Ortsgruppe Ratzeburg © NDR Foto: Astrid Wulf
Malte Allrich von der DLRG Ratzeburg: Gerade Badegäste aus Hamburg würden die Gefahren am See unterschätzen.

Gerade die Wellen könnten Schwimmerinnen und Schwimmer schnell überfordern: "Die laufen nicht langsam an wie am Meer, sondern klatschen einem laufend ins Gesicht."

Viele überschätzten dazu die Belastbarkeit ihres Körpers. In diesem Jahr kam es laut DLRG immer wieder vor, dass Menschen nach einem Sprung ins kühle Wasser lebensbedrohliche Herz-Kreislaufprobleme bekamen oder direkt ohnmächtig wurden und untergingen.

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Männer ignorieren am ehesten Badeverbote und ertrinken am häufigsten

In Flüssen, Seen und an Nord- und Ostsee können Strömungen zur tödlichen Gefahr werden. DLRG-Rettungsschwimmer Lukas Frehse wacht über den Strandabschnitt "An der Kammer" in Scharbeutz (Kreis Ostholstein). Dort entstehen bei auflandigem Wind immer wieder hohe Wellen mit starken Rückströmungen, die Badende leicht ins Meer hinausziehen können. Dann weht die rote Flagge: Ein klares Badeverbot. Dennoch gingen immer wieder Menschen ins Wasser.

Werden sie von der DLRG zurückgepfiffen, reagierten viele verständnisvoll und sagten, dass sie die Flagge übersehen hätten. Andere hingegen missachteten das Badeverbot bewusst, sagt Lukas Frehse:

"Gerade Einheimische sagen: Ich bade hier immer, ich kenne mich aus." DLRG-Rettungsschwimmer Lukas Frehse

Lukas Frehse, Rettungsschwimmer von der DLRG Ortsgruppe Scharbeutz-Haffkrug. © Lukas Frehse Foto: Lukas Frehse
Lukas Frehse, DLRG-Rettungsschwimmer in Haffkrug-Scharbeutz muss Badende immer wieder über die gefährliche Strömungen aufklären.

Der Hamburger Polizist habe auch schon Väter mit Kindern beobachtet, die trotz roter Flagge ins Wasser gingen. Es seien eher Männer, die den "Kick in den Wellen suchen". Das zeigt sich auch in den Statistiken: Im bundesweiten Schnitt seien laut DLRG bundesweit vier von fünf Ertrunkenen männlich.

DLRG: Kinder ertrinken seltener, mehr Eltern missachteten ihre Aufsichtspflicht

Im vergangenen Jahr sind nach Angaben der DLRG mindestens 28 Menschen in Schleswig-Holstein ertrunken. 14 seien in Nord- und Ostsee ums Leben gekommen, darunter fünf Seeleute beim Schiffsunglück bei Helgoland im Oktober 2023. Andere seien in Timmendorfer Strand (Kreis Ostholstein), in Lübeck-Travemünde und auf Sylt (Kreis Nordfriesland) gestorben. Die anderen 14 Todesopfer seien in Kanälen, Flüssen, Seen und Teichen ertrunken, unter anderem im Elbe-Lübeck-Kanal und im Lübecker Hafenbecken.

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Eltern scheinen für die Gefahren am und im Wasser sensibler geworden zu sein. Heutzutage kommen laut DLRG weniger Kinder im Wasser ums Leben als noch vor 20 Jahren. 16 Kinder unter zehn Jahren seien bundesweit im vergangenen Jahr ertrunken, in Schleswig-Holstein gab es keinen Fall. Gleichzeitig beobachte die DLRG, dass Eltern am Strand und anderen Badestellen eher ihr Smartphone als ihre Kinder im Blick hätten. An einem heißen Juliwochenende hätten Rettungsschwimmer in Timmendorfer Strand und Scharbeutz (Kreis Ostholstein) rund fünfzig Mal geholfen, am Strand verloren gegangene Kinder zu suchen.

Abgelenkte Eltern beschäftigten auch Malte Allrich und sein Team am Ratzeburger See.

"Nicht nur, dass sie auf Ihr Smartphone schauen: Die Kinder werden allein an die Badestelle geschickt, Zehn-, Elf-, Zwölfjährige. Nach dem Motto: Da ist ja die DLRG, da könnt ihr in den Ferien hingehen." Malte Allrich, DLRG Ortsgruppe Ratzeburg

Er betont: Die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler sind da, um Leben zu retten, übernehmen aber nicht die Aufsichtspflicht.

Besonders gefährdet: Nichtschwimmer und Menschen mit Migrationshintergrund

Dabei kann nach Einschätzung der DLRG mehr als jedes zweite Kind, das die Grundschule verlässt, nicht sicher schwimmen. Auch Menschen mit Migrationshintergrund seien gefährdet, weil in ihren Herkunftsländern häufig kaum Schwimmausbildung stattfinde.

2016 habe die DLRG in Ratzeburg Schwimmkurse für Geflüchtete aus Syrien angeboten. Viele der Teilnehmenden kämen noch heute zum Schwimmen an den See, sagt Malte Allrich: "Sie sorgen dafür, dass unsere Ratschläge und Hinweise in ihrer Heimatsprache an andere weitergegeben werden. Da sehen wir, dass das nachhaltig war."

DLRG rät: Nur an bewachten Badestellen schwimmen

146 Mal mussten die Rettungsschwimmer in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr in gefährlichen Situationen eingreifen und Menschenleben retten. Der Slogan der World Health Organisation (WHO) zum "Welttag der Prävention gegen das Ertrinken" am 25. Juli lautet: "Jeder kann ertrinken, niemand sollte". Der sicherste Schutz sei es, gut schwimmen zu können und mindestens das Abzeichen "Bronze" abgelegt zu haben. Dazu rät die DLRG: Nur an bewachten Badestellen ins Wasser gehen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 25.07.2024 | 08:00 Uhr

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