CO2 lagern: Grüne in SH geben Widerstand gegen CCS-Technik auf
In bestimmten Fällen soll es erlaubt werden, CO2-Emissionen unterirdisch zu verpressen. So will es ein Beschluss der Grünen-Fraktion zusammen mit Umweltminister Goldschmidt. Bislang waren die Grünen dagegen.
Bis zum Jahr 2040 soll Schleswig-Holstein das erste klimaneutrale Industrieland werden. So steht es im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU. Auf dieses Ziel verweist die Grünen-Fraktion Schleswig-Holstein gemeinsam mit Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) in einem Positionspapier. Doch selbst bei schneller und starker Reduzierung von Treibhausgasen blieben Restemissionen von fünf Prozent, heißt es im Papier, über das der SHZ zuerst berichtet hatte.
CCS nur für restliche fünf Prozent der CO2-Emissionen
Eine mögliche zusätzliche Option, um diese fünf Prozent aus der Luft zu bekommen, könnte die technische Abscheidung und anschließende Deponierung von CO2 in unterschiedlichen geologischen Formationen sein, das sogenannte CCS (carbon dioxide capture and storage), heißt es darin. Bislang waren die Grünen gegen diese Möglichkeit. Allerdings würde sich die heutige Diskussion um CCS fundamental von der unterscheiden, die vor zehn Jahren geführt wurde, schreiben die Grünen: "Damals sollte CCS der Fortführung der Kohlekraft und anderer fossiler Stromerzeugungsanlagen dienen. Heute sind der Kohleausstieg und ist die Dekarbonisierung des Stromsektors bis 2035 politisch gesetzt."
Es soll also um die nach aktuellem Stand der Technik unvermeidbaren Restemissionen gehen - und um die Frage, ob diese in die Atmosphäre abgegeben, durch natürliche CO2-Senken gespeichert oder unterirdisch deponiert werden sollen. Voraussetzungen für die CCS-Lösung seien klare Rahmenbedingungen und Prinzipien: Der Schutz menschlicher Gesundheit und der Umwelt habe oberste Priorität. Lagerstätten zum Beispiel im Nationalpark Wattenmeer schließen die Grünen aus. Weitere Ausschlussgebiete für CCS-Anlagen sollen definiert werden können.
Goldschmidt: Verantwortungsvolle Entscheidung getroffen
"Die Klimakrise galoppiert. Wir haben viel getan, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren", sagt Umweltminister Goldschmidt. "Früher ging es darum, alte Anlagen einfach weiterlaufen zu lassen, möglicherweise sogar Kohlekraftwerke zu bauen und dann das CO2 in die Erde zu verpressen. Jetzt geht es letztlich um die Frage: Was machen wir mit dem letzten Rest?" Damit der nicht in die Atmosphäre gelangt und die Klimakrise weiter anheizt "sind wir auch bereit, diese Reste dann entsprechend zu verpressen. Und ich glaube, das ist eine verantwortungsvolle Entscheidungen, die wir getroffen haben."
Auf die Frage, was zu dieser Kehrtwende geführt hat, antwortet Lasse Petersdotter, schleswig-holsteinischer Fraktionschef der Grünen: "Wir haben uns sehr intensiv mit der neuen Faktenlage und auch den neuen Debatten beschäftigt." Sie hätten als Fraktion eine Reise nach Norwegen unternommen,im Rahmen einer AnhörungFachgespräche geführt: "Wir kommen dann zu dem Schluss, dass unter wirklich strengen ökologischen Voraussetzungen und mit klarem wirtschaftlichen Rahmenbedingungen CCS für den Klimaschutz notwendig sein wird, für die unvermeidbaren Restemissionen."
Zustimmung von der CDU, Kritik vom SSW
CDU-Fraktionschef Tobias Koch sagte zur Neupositionierung der Grünen: "Unser gemeinsames Ziel ist es, bis 2040 klimaneutrales Industrieland zu werden. Aber auch nach 2040 werden unvermeidbare CO2-Emissionen anfallen." Dafür sei es richtig auf die Nutzung und Speicherung von CO2 zu setzen. Die Expertenberatungen im vergangenen Jahr hätten gezeigt, dass die Speicherung von CO2 technisch möglich, sicher und mit Blick auf den Klimawandel dringend geboten ist. "Es ist richtig, dass auch die Grünen mit Blick auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse ihre Position zu CCS überarbeitet haben", so Koch.
Kritik kommt dagegen vom SSW: "Es gelte weiterhin, ob Wattenmeer, in der Ostsee oder an Land: CCS nein, danke!" Schleswig-Holstein dürfe nicht zu Müllkippe der Nation werden für eine weitere hochbrisante Technologie, für dessen Sicherheit niemand garantiere, so Christian Dirschauer vom SSW: "Wir müssen konsequent auf Dekarbonisierung setzen. Und da, wo es nicht möglich ist, müssen wir CO2 in die Nutzung bringen." Als Beispiele nennt er Feuerlöschanlagen. Aktuell ist die Anwendung der CCS-Technologie in Schleswig-Holstein verboten.