Jetzt live: Bistum Osnabrück nimmt Stellung zu Missbrauchsstudie
Mehr als 400 Personen sind laut der Missbrauchsstudie im Bistum Osnabrück Opfer sexualisierter Gewalt geworden. Die Kirche steht in der Verantwortung - doch was hat sie bisher für die Betroffenen getan?
Insgesamt 122 Priester und Diakone konnten als Täter identifiziert werden. Diese Zahlen sind deutlich höher als bisher angenommen. Das geht aus dem Abschlussbericht der Missbrauchsstudie der Universität Osnabrück hervor, der am vergangenen Mittwoch veröffentlicht wurde. Der Zwischenbericht aus 2022 hatte zunächst 68 Betroffene genannt. Genau eine Woche lässt sich das Bistum Zeit, um auf die Veröffentlichung des Abschlussberichts zu reagieren. Heute will das Bistum in einer Pressekonferenz im Dom offiziell Stellung nehmen. Der seit Kurzem amtierende Bischof Dominicus Meier sei "kurzfristig erkrankt" und werde deshalb von Generalvikar Ulrich Beckwermert vertreten, teilte das Bistum gestern mit. Dominicus Meier war noch nicht im Amt, als die Missbrauchsvorwürfe publik wurden. Er ist erst seit September dieses Jahres Osnabrücker Bischof und damit der Nachfolger von Franz-Josef Bode, der ein halbes Jahr nach Veröffentlichung des Zwischenberichts im März 2023 nach 28 Jahren als Bischof zurückgetreten war. Die Pressekonferenz können Sie jetzt an dieser Stelle im Live-Stream verfolgen.
Kirche soll Betroffene besser entschädigen
Das Forscherteam der Universität Osnabrück geht in dem Abschlussbericht intensiv auf die Rolle des Bistums ein - und wie dieses mit den Missbrauchsvorwürfen umgegangen ist. Es gehe um Aufarbeitung und Entschädigung. In dem Kontext seien vor allem die Muster wichtig, nach denen sich die Übergriffe kategorisieren lassen. So wurden sexuelle Übergriffe zum Beispiel als fehlgeleitete Fürsorge, als sexuelle Aufklärung durch Kleriker oder Liebesbeziehungen dargestellt. Die Kleriker konnten sich laut Studie dadurch entlasten oder als Kirchenverantwortliche das eigene Schweigen rechtfertigen.
Anerkennung der Taten lange versäumt
Für die Missbrauchsopfer sei aber gerade die Anerkennung wichtig, denn das habe ihnen zu lange gefehlt, so die Autoren der Studie. "Das, was in den Archiven und in den Akten steht, ist immer nur die Sichtweise der Institution. Viele Betroffene haben das, was damals geschehen ist, jahrelang mit sich herumgetragen, ohne darüber sprechen zu können", sagte Karl Haucke, Betroffener sexualisierter Gewalt, bei der Veröffentlichung des Berichts.
Es geht auch um die Amtszeit des zurückgetretenen Bischofs Bode
Der festgestellte Umgang mit Missbrauchsvorwürfen habe sich bis in die 2000er Jahre und damit bis in die Amtszeit von Bischof Franz-Josef Bode fortgesetzt. Nach Einschätzung der Forschenden sei das Bistum auch in dieser Zeit seiner Verantwortung gegenüber den Betroffenen nicht gerecht geworden und habe weitere Taten nicht verhindert. Vor allem, weil mutmaßliche Täter auch unter Bischof Bode ihr Amt behalten durften.
Bischof Meier kündigt Aufarbeitung an
Ein kurzes Statement gab es von Bischof Meier zur Missbrauchsstudie bereits am vergangenen Mittwoch: Er fühle sich beschämt, sehe jedoch den Aufruf nach Aufarbeitung als Auftrag für seine Arbeit als Bischof. Meier wolle "Schutzprozesse gegen sexualisierte Gewalt gemeinsam (...) weiter stärken". Wie genau das aussehen soll, dass werde heute thematisiert.
Telefon-Hotline des Bistums für Betroffene
Betroffene können per Telefon mit einem Seelsorger sprechen. Das Bistum hat eine Telefon-Hotline zu dem Abschlussbericht unter der Telefonnummer (0541) 31 87 95 eingerichtet. Ziel sei es damit, Menschen eine Gesprächsmöglichkeit zu bieten, hieß es. Die Hotline ist am Mittwoch von 11 bis 19 Uhr und am Donnerstag von 9 bis 19 Uhr erreichbar.