Ist Einsatz der Fregatte "Hamburg" ein "Himmelfahrtskommando"?
Am Montag läuft die Fregatte "Hamburg" zu einem Einsatz im Roten Meer aus. Es soll jedoch wichtige Ausrüstung fehlen. Es geht um ein Radargerät, mit dem die "Hamburg" anfliegende Raketen erkennen und abwehren könnte. Wie gefährlich ist das für die rund 240 Besatzungsmitglieder?
Viele der rund 240 Soldatinnen und Soldaten hätten ein mulmiges Gefühl bei diesem Einsatz, zu dem die "Hamburg" am Montag von ihrem Heimathafen Wilhelmshaven aus in See stechen wird. Das hört man aus dem Kreis der Mannschaft. Im vertraulichen Gespräch mit einem erfahrenen Marinesoldaten fällt sogar das böse Wort vom Himmelfahrtskommando. So sagt er es dem NDR. Der Grund: Der "Hamburg" fehlt, wie auch den anderen deutschen Fregatten, ein spezielles Radargerät an Bord, mit dem moderne Anti-Schiffs-Raketen geortet werden können. Solche Waffen werden regelmäßig von den jemenitischen Huthi-Rebellen im Roten Meer eingesetzt, um Handelsschiffe, aber auch die sie schützenden Marineschiffe von Land aus anzugreifen.
Verteidigungsministerium beruft sich auf Geheimhaltung
Geliefert werden die Flugkörper wahrscheinlich vom Iran. Das Bundesverteidigungsministerium will sich auf NDR Nachfrage nicht äußern. "Leider unterliegen die operationellen und technischen Details der Fähigkeiten unserer Waffensysteme der Geheimhaltung, sofern sie die Sicherheit des Schiffes und der Besatzung betreffen", teilt eine Sprecherin mit. Aber der Bundeswehrverband, die Vertretung der Soldaten, bezieht Stellung.
Bundeswehrverband bestätigt fehlendes Radar
Marco Thiele, Vorsitzender der Marine beim Bundeswehrverband, der sich um die Angelegenheiten der Marinesoldaten kümmert, bestätigt im NDR Interview, dass deutsche Fregatten nicht mit dem speziellen Radar ausgerüstet sind. Deshalb, so Thiele, könnte die Fregatte "Hamburg" schnell und steil anfliegenden Anti-Schiffs-Raketen, so genannte Anti Ship Ballistic Missiles (ASBM), nicht allein abwehren. Das Bundesverteidigungsministerium hätte sich 2017/2018 entschieden, die Technik aus Kostengründen auf den Fregatten nicht nachzurüsten. Die Bedrohungslage sei damals so einschätzt worden, dass es nicht notwendig erschien. Und weiter erklärt Thiele: "Grundsätzlich würde ich sagen, es ist ein Fehler gewesen."
Andere Schiffe sollen unterstützen
Er sagt aber auch: "Dieser Fehler ist heute lösbar, also von daher besteht keine Gefahr." Denn, so sein Argument, die Fregatte kreuze ja nicht allein durchs Rote Meer. Der Einsatz erfolge im Verbund mit Kriegsschiffen anderer Nationen und die hätten solche Radargeräte an Bord. Sie könnten ASBM orten und dann die Fregatte "Hamburg" entsprechend warnen, damit sie den Angriff abwehren kann, sagt Thiele. Bei so einer ASBM-Attacke auf die Fregatte Hessen habe es auch funktioniert. Die "Hessen" habe das beim ersten Einsatz der Deutschen Marine im Roten Meer bewiesen. Deshalb hält er die Wahrscheinlichkeit für sehr gering, dass die Fregatte "Hamburg" oder Handelsschiffe, die sie durchs Rote Meer eskortieren soll, tatsächlich von Huthi-Raketen getroffen werden. Außerdem: Niemand würde die Besatzung in einen Einsatz schicken, der nicht zu verantworten sei, sagt der Vorsitzende der Marine im Bundeswehrverband.
Opposition vertraut Generalinspekteur
Und so schätzt das auch die Opposition im Deutschen Bundestag ein. Henning Otte, CDU-Abgeordneter aus Niedersachsen und stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, sagt dem NDR, die Fregatte "Hamburg" sei mit einer gut ausgebildeten Besatzung bemannt. Aber weiter sagt er: "Dies ist eine europäische Mission, wo mehrere Nationen beteiligt sind, auch mit unterschiedlichen Schiffen, die sich natürlich auch ergänzen. Aber klar ist für uns als CDU/CSU, dass sich die Fregatte zu jeder Zeit selbst schützen können muss." Der Generalinspekteur der Bundeswehr habe dem Verteidigungsausschuss zugesichert, dass alle Fähigkeiten vorhanden seien, die notwendig wären. "Wir als Parlament - und das ist für uns CDU/CSU-Fraktion wichtig - würden keine Einschränkungen zulassen, die zu Lasten der Besatzung gehen." Auch Verteidigungspolitiker Otte erwartet, dass eventuelle Raketenangriffe der Huthi-Rebellen im Wirkverbund mit anderen Marineschiffen abgewehrt werden könnten.
Fregattenkapitän schreibt Angehörigen
Klar ist, die Mission im Roten Meer ist ein gefährlicher Kampfeinsatz. Und das sieht offenbar auch die Bundeswehr so. In einem persönlichen Schreiben an die Angehörigen vom 2. Juli, das dem NDR vorliegt, versichert der Kommandant der "Hamburg", Fregattenkapitän Andreas Schmidt, dass "die Sicherheit und das Wohl der Besatzung übergeordnete Priorität" habe. Und weiter: die Fregatte sei "gut ausgerüstet" und die "Besatzung hervorragend ausgebildet". Er dankt den Angehörigen für ihre Geduld, Stärke und Unterstützung. Familienmitglieder der rund 240 Soldatinnen und Soldaten werden beim Auslaufen der Fregatte zu ihrem Einsatz am Montag in Wilhelmshaven dabei sein. Presse und Politik sind nicht - wie sonst üblich - eingeladen. Ein Sprecher der Marine begründet es damit, dass die Besatzung der "Hamburg" darum gebeten habe.
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