Gastarbeiter in Stade: Die besondere Geschichte des Herrn Nunez
Manuel Nunez kam einst als Gastarbeiter nach Stade. Mittlerweile leitet er eine Firma. Auch viele seiner Angestellten haben eine Einwanderungsgeschichte. Die aktuelle Migrationspolitik sieht er dennoch kritisch.
Manuel Nunez' Weg zum erfolgreichen Geschäftsmann beginnt mit einer Reise. Sie beginnt in seinem Heimatort im Nordwesten Spaniens, gemeinsam mit vier Bekannten. Er erzählt, wie das damals vor mehr als 50 Jahren ablief:
Mit 15 fängt er in Stade in einer Ziegelei an
"Wir hatten ein Taxi gechartert. Hat damals, glaube ich, tausend Peseten gekostet. Da kauft man heute nicht mal mehr eine Schachtel Zigaretten von. Mein Opa hat mich mit dem Esel zur Hauptstraße gebracht, weil der Weg war ja so schlecht, das Taxi wollte da nicht ranfahren. So, mit dem Pappkoffer zur Hauptstraße und von da ging das dann pausenlos bis nach Stade." Hier in Niedersachsen fängt Nunez als Gastarbeiter 1963 ein neues Leben an. "Ich habe mit 15 Jahren begonnen, hier in einer Ziegelei zu arbeiten." 65 D-Mark habe er pro Woche verdient, bei einem Zwölf-Stunden-Tag.
Nach der Kochausbildung die Firma gegründet
Die ersten Jahre sind nicht einfach. Er schläft in einem Gastarbeiter-Wohnheim mit drei Etagen-Betten pro Zimmer. Später macht er eine Ausbildung zum Koch und arbeitet auf dem Bau. Mit Mitte 30 gründet er schließlich sein eigenes Unternehmen, das in Handarbeit Rohre aus glasfaserverstärktem Kunststoff produziert.
Von deutschen Geschäftspartnern belächelt
Doch bis zum heutigen Erfolg ist es ein weiter Weg. Den Respekt vieler deutsche Geschäftspartner muss er sich hart erarbeiten. "Als Spanier Technik in Deutschland zu verkaufen, war schon sehr schwer. Ein Restaurant mit einer guten Paella und einem Gitarrenspieler aufzumachen geht sicher leichter." Immer wieder sei er belächelt worden. Ein möglicher Geschäftspartner habe ihn drei Stunden lang warten lassen und ihm dann einen kleinen Hocker zum Sitzen angeboten. Doch Manuel Nunez ist beharrlich und wird damit erfolgreich. Mittlerweile liefert sein Unternehmen Kurotec maßgefertigte Rohre an Bayer, BASF oder auch das LNG-Terminal in Brunsbüttel. Durch Verlässlichkeit habe er sich einen guten Ruf erworben. "Wir arbeiten inzwischen weltweit, haben Kunden in Asien, Nordamerika, Südamerika, in Europa sowieso", sagt Nunez.
Ohne Migranten kein Erfolg möglich
Ähnlich international wie die Projekte sind auch seine Mitarbeitenden. Rund die Hälfte der Belegschaft hat einen Migrationshintergrund. Einer von ihnen ist Schekeb Tahery. Er kam 1991 aus Afghanistan nach Deutschland. Bei Kurotec hat er sich zum Prokuristen hochgearbeitet. Ohne Menschen mit Migrationsgeschichte hätte Kurotec keine Überlebenschance, sagt Tahery. "Wir hätten keine Produktion mehr, könnten keine Aufträge abwickeln und keinen Meter Rohr mehr montieren."
"Das wäre der Untergang Deutschlands und Europas"
Die Pläne, die radikale Rechte bei einem Geheimtreffen in Potsdam diskutierten, nämlich Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland zu vertreiben, bezeichnet auch Nunez als realitätsfremd. "Deutschland könnte in der Form gar nicht existieren, wenn diese Arbeitskräfte verschwinden sollten. Und Deutsche mit Migrationshintergrund kann man doch nicht einfach nach Hause schicken." Das wäre der Untergang Deutschlands und Europas, sagt er.
Kritik an der Migrationspolitik
Allerdings sieht Nunez – trotz oder gerade wegen seiner eigenen Geschichte – bei der aktuellen Migrationspolitik dringenden Verbesserungsbedarf. Man dürfe Zugezogenen kein gemachtes Nest bereitstellen, sondern solle sie arbeiten lassen. "Wenn Du diesen jungen Leuten keine Jobs gibst, kommen sie auf dumme Gedanken und machen Dinge, die sie sonst nicht machen könnten, weil sie arbeiten müssen." Es dürfe Migranten in Deutschland nicht so leicht gemacht werden, auch ohne Arbeit ein angenehmes Leben zu führen.
Mit 74 noch Tag und Nacht erreichbar
Solche Aussagen erklären sich auch durch Manuel Nunez‘ eigenes Arbeitsethos. Selbst mit mittlerweile 74 Jahren sei er für seine Geschäftspartner Tag und Nacht zu erreichen. Schließlich habe er gelernt: "Wenn du in Deutschland existieren willst, musst Du mindestens so gut sein wie der beste Deutsche. Sonst hast Du keine Chance." Diese Maxime habe ihn dort hingebracht, wo er heute ist.