Einigung im Tarifstreit: Keine VW-Werksschließungen bis Ende 2030
Nach mehr als 70 Stunden Verhandlungsmarathon konnten sich VW und die IG Metall in der fünften Tarifrunde auf ein Sparpaket einigen. Laut Gewerkschaft wird niemand betriebsbedingt gekündigt und keine Werke geschlossen.
Im Tarifstreit mit Volkswagen ist der IG Metall nach eigenen Angaben ein Durchbruch gelungen. Demnach haben sich die Tarifparteien auf eine Jobgarantie bis Ende 2030 verständigt. Gleichzeitig will Volkswagen nach eigenen Angaben in diesem Zeitraum mehr als 35.000 Stellen abbauen. Der Stellenabbau solle sozialverträglich erfolgen, teilte der Konzern in Berlin mit. Zudem einigten sich VW und die IG Metall darauf, dass es bis 2027 keine Entgelterhöhungen geben soll. Das monatliche Entgelt bleibt laut der Gewerkschaft unberührt. Volkswagen hatte zuvor ein pauschales Gehaltsminus von 10 Prozent gefordert. Das bisher gezahlte erhöhte Urlaubsgeld entfällt den Angaben zufolge.
Das soll sich an den einzelnen VW-Standorten ändern
- Wolfsburg: Hier werden künftig auch die Modelle ID.3 und CUPRA born gefertigt. Die Produktion der Modelle Golf und Golf Variant wird ab 2027 nach Puebla in Mexiko verlagert. Um verstärkt in Innovationen investieren zu können, wird die technische Entwicklung "schlagkräftig neu aufgestellt". Im Zuge dieser Neuausrichtung werden bis 2030 rund 4.000 Stellen abgebaut.
- Emden: Am Standort werden weiterhin die Modelle ID.7 Limousine, ID.7 Tourer, sowie der ID.4 auch nach dem Facelift gefertigt.
- Osnabrück: Bis Mitte 2027 wird in Osnabrück das T-Roc Cabrio gefertigt. Derzeit werden Optionen für "eine andere Verwendung des Standorts geprüft".
- Zwickau: Der Standort bleibt auch künftig Produktionsstandort für Audi Q4 e-tron und Audi Q4 e-tron Sportback. In dem Zuge "fokussiert sich die Fahrzeugproduktion ab 2027 auf eine Linie". Darüber hinaus sollen neue Geschäftsfelder im Kontext der "Circular Economy" erschlossen werden.
- Dresden: Ende 2025 wird die Fahrzeugfertigung in der Gläsernen Manufaktur in Dresden eingestellt. Die Volkswagen AG erarbeitet Alternativoptionen. Hierzu gehört auch die Möglichkeit einer Beteiligung der Volkswagen AG an einem Konzept Dritter.
Rote Linien der IG Metall konnten eingehalten werden
Die IG Metall sei mit klaren Zielen in die Tarifverhandlungen gegangen, sagte IG Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger bei der Pressekonferenz am Freitag in Hannover. Demnach ist die Gewerkschaft froh, dass gemeinsam ein Paket geschnürt werden konnte, in dem die von ihnen gesetzten roten Linien eingehalten wurden: keine Massenentlassungen, keine Werksschließungen, keine Reduzierung des monatlichen Entgelts. "Wir haben in großer Verantwortung nun ein Paket geschnürt, das schmerzliche Beiträge der Beschäftigten beinhaltet, aber im gleichen Atemzug Perspektiven für die Belegschaften schafft", so Gröger. Zudem konnte ein Zukunfts-Tarifvertrag vereinbart werden. Mit diesem habe sich VW dazu verpflichtet, eine Milliarde Euro in der ersten Jahreshälfte 2031 an seine Beschäftigten auszuzahlen, wenn es keine Anschlussregelung an den Tarifvertrag geben sollte.
Volkswagen spricht von "guter Einigung"
Zeitgleich zum Statement der IG Metall äußerte sich der VW-Vorstand vor der Presse. Marken-Chef Thomas Schäfer sagte, man habe mit dem Betriebsrat und der IG Metall um Lösungen gerungen und nun eine "gute Einigung erzielt". "Wir hatten bei den Verhandlungen drei Prioritäten: Überkapazitäten an den deutschen Standorten abbauen, Arbeitskosten senken und Entwicklungskosten auf wettbewerbsfähiges Niveau senken", sagte Schäfer in Berlin. "Wir haben bei allen drei Themen tragfähige Lösungen erzielt." Mit den jetzt erzielten Vereinbarungen bringe man "die Entwicklungs- und Arbeitskosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau". Damit schaffe man die "Grundlage, um Volkswagen bis 2030 zum technisch führendem Volumenhersteller aufzustellen - mit einem starken Plan, mit tollen Produkten und mit einem klaren Bekenntnis zum Standort Deutschland".
Bundesregierung begrüßt Tarifeinigung
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Tarifeinigung bei Volkswagen am Abend als eine "gute, sozial verträgliche Lösung" begrüßt. Der Kompromiss stelle bei allen Härten sicher, dass der Konzern und seine Beschäftigten in eine sichere Zukunft gingen. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte, jeder Arbeitsplatz, der nicht erhalten werden könne, sei ein Verlust. "Es muss jetzt gemeinsam darum gehen, die Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie zu erneuern und zu stärken und dem Hochlauf der Elektromobilität neuen Schwung zu gebe", so der Grünen-Politiker in einer Mitteilung.