Spezialkräfte beenden Greenpeace-Aktion am Landtag

Stand: 03.05.2023 21:14 Uhr

Spezialkräfte der Polizei haben das Dach des Niedersächsischen Landtags geräumt. Greenpeace-Aktivisten hatten sich am Mittwochmorgen abgeseilt und Banner aufgehängt, um gegen geplante Erdgas-Bohrungen zu protestieren.

Der Einsatz der Spezialkräfte am Landtag in Hannover ist beendet. Das SEK und ein Höheninterventionsteam der Bereitschaftspolizei Niedersachsen entfernten die Banner an der Fassade und holten die Aktivisten vom Dach des Gebäudes. Von den 20 Personen, die sich dort befunden haben, seien einige freiwillig gegangen, andere seien weggetragen worden, sagte eine Polizeisprecherin. Zuvor hatten die Umweltschützer eine Frist zum freiwilligen Rückzug verstreichen lassen. Nach Gesprächen mit den Einsatzkräften hatten sie sich geweigert, das Dach zu verlassen, sagte die Polizeisprecherin. Zwei Personen hatten zuletzt noch an Seilen an der Fassade ausgeharrt. Der Landtag hat Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt.

Greenpeace-Aktivisten fordern Stopp der geplanten Bohrungen

Einsatzkraft der Polizei mit Sturmhaube vor dem Landtag Niedersachsen (Greenpeace-Protest). © NDR Foto: Sophie Mühlmann
Spezialkräfte der Polizei rücken an, um die Protest-Aktion zu beenden.

Die Polizei hatte nach eigenen Angaben um 5.50 Uhr erfahren, dass Aktivisten auf das Dach geklettert waren. Die Greenpeace-Mitstreiter am Boden hätten die Kletterer mittels zweier Hebebühnen auf das Dach gebracht, hieß es. Der Protest sei nicht angemeldet gewesen. Die Polizei hat Ermittlungen wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet. Auch werde geprüft, ob noch weitere Ordnungswidrigkeiten begangen wurden. An dem Protest seien 38 Personen beteiligt, sagte Anike Peters, Energieexpertin der Greenpeace-Gruppe. Die Aktion sei eine klare Botschaft an die Niedersächsische Landesregierung, die Gasbohrungen sofort zu stoppen, sagte Peters. Sollten die schützenswerten Riffe, vor denen gebohrt werden soll, kaputt gemacht werden, gäbe es "viel Zerstörung für wenig Gas", betonte sie.

Umweltminister: "Es ist noch keine Genehmigung erteilt"

Unterdessen äußerte sich Umweltminister Christian Meyer (Grüne) zu dem Protest. "Für uns als Landesregierung hat der Schutz der Insel Borkum, der Natur, des Wattenmeers, des Klimas allerhöchste, zentrale Bedeutung", sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch im Gespräch mit einer Aktivistin. Diese Haltung sei auch im Koalitionsvertrag der Grünen mit der SPD festgehalten. "Das ist keinerlei Blankoscheck für die Gasförderung", sagte Meyer. "Es läuft das Verfahren. Es ist noch keine Genehmigung erteilt".

Greenpeace erhebt schwere Vorwürfe gegen Umweltministerium

Wegen befürchteter Umweltschäden gibt es bereits länger Streit um das Bohrvorhaben. Greenpeace wirft dem Umweltministerium vor, ein naturschutzfachliches Gutachten unter Verschluss gehalten zu haben. Ihren Vorwurf stützen die Aktivisten nach eigenen Angaben auf Auskünfte aus dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Die Behörde soll seit zwei Jahren von artenreichen Steinriffen in der Nähe der Bohrstelle gewusst haben, so der Vorwurf. Umweltminister Christian Meyer wies das entschieden zurück. "Es gibt keine Verheimlichung. Der Vorwurf ist falsch", sagte der Grünen-Politiker dem NDR in Niedersachsen. "Wir setzen uns für volle Transparenz ein." Naturschutz spiele eine zentrale Rolle in der rot-grünen Landesregierung. Meyer unterstrich, sein Ministerium habe im Genehmigungsverfahren auf die Erkenntnisse aus den Gutachten hingewiesen.

Ministerium veröffentlicht Gutachten

Am Mittwoch hat das Umweltministerium das Gutachten aus dem Jahr 2021 veröffentlicht. Es sei damals gemeinsam mit der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer beauftragt worden, um zu überprüfen, ob vor Borkum Steinriffe existieren. Der Bericht solle in das laufende Genehmigungsverfahren einfließen. Darüber hinaus habe das NLWKN in Stellungnahmen bereits "ausdrücklich auf die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen geschützter Biotope und aktueller Meeresbodenkartierungen hingewiesen." Steinriffe seien nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) ein europarechtlich geschützter Lebensraum. In dem Zusammenhang wies Umweltminister Meyer darauf hin, dass es sich bei dem Gutachten nur um die Beurteilung der ökologischen Bedeutung der Biotope handele. "Es ist keine Bewertung, ob das wertvolle Riff durch die beantragten Gasförderungen beeinträchtigt oder geschädigt wird", teilte Meyer mit.

Nach Klage: Arbeiten vor Borkum ruhen

Aktuell ruhen die Arbeiten ohnehin. Grund ist eine Klage. Ein Gericht muss zunächst darüber entscheiden, ob die Bohrgenehmigung, die das niederländische Unternehmen bekommen hat, auch rechtens ist. Greenpeace fordert von der Landesregierung, dass sie die erteilte Bohrgenehmigung widerruft.

Scharfe Kritik von CDU an Protestaktion

Die CDU-Fraktion hat den Greenpeace-Protest als Eingriff in die freie Arbeit des Parlaments kritisiert. "Wenn Straftäter das Dach des hohen Hauses besetzen und ein Banner um das Gebäude spannen, dann hat das nichts mehr mit normalen Demonstrationen zu tun", hieß es in einem Statement. Auch sei fraglich, ob da die Menschen, die im Parlament arbeiten, ausreichend geschützt seien. Zudem äußerte die CDU Kritik an der Landesregierung, da sich einige Mitglieder mit den Aktivisten in der Lobby getroffen hätten, während der Landtag weiter debattierte. Darunter auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Er bezeichnete sein Treffen mit den Aktivisten später selbst als Fehler.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 03.05.2023 | 18:00 Uhr

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