Diess: "VW soll anständiger werden"
Herbert Diess hat sich zum ersten Mal in seiner Rolle als neuer VW-Konzernchef den Aktionären gestellt - und versprochen, den angekündigten Kulturwandel im Unternehmen voranzutreiben. "Volkswagen muss in diesem Sinne noch ehrlicher, offener, wahrhaftiger, in einem Wort: anständiger werden", sagte Diess bei der Hauptversammlung in Berlin. Dauerhafter Erfolg sei nur mit einer gesunden Unternehmenskultur möglich. Den Kulturwandel hatte Diess' Vorgänger Matthias Müller im Zuge des Diesel-Skandals ausgerufen. Man wolle mehr Kritikfähigkeit und ethisches Verhalten im Konzern, hieß es damals.
"Anliegen, dass VW offen und transparent ist"
Dafür nötig seien belastbare Strukturen und Prozesse - "vor allem aber müssen wir auch danach handeln", sagte Diess nun. "Mir ist es ein Anliegen, dass Volkswagen offen und transparent ist." Bislang habe man Widerspruch erstickt, statt ihn zu belohnen. Außerdem habe es zu viele Werteverstöße gegeben. Diess forderte deshalb "eine Portion Demut" ein. Außerdem soll das Programm "Together4Integrity" ausgebaut werden. Dabei handelt es sich um ein internes Hinweisgebersystem. VW wolle Fehlverhalten kompromisslos ahnden.
Werden Konzernteile ausgegliedert?
Neben der Unternehmenskultur sprach Diess auch über die Neuausrichtung des Konzerns. Zuletzt hatte Diess eine Umstrukturierung verkündet. Nun schließt er auch Ausgliederungen von Nicht-Kerngeschäften nicht mehr aus - beispielsweise beim Motorradproduzenten Ducati und Getriebehersteller Renk. Jedoch hatten Arbeitnehmervertreter einen Verkauf von Renk, an dem die VW-Tochter MAN 76 Prozent der Anteile hält, strikt abgelehnt. Die Sparte der schweren Nutzfahrzeuge - Volkswagen Truck & Bus - solle weitgehend unabhängig von der Steuerung durch den Konzern aufgestellt und "in absehbarer Zeit" fit für die Börse werden, so Diess.
70 neue Fahrzeuge in diesem Jahr
Außerdem solle die neue Konzernstruktur, bei der neue Markengruppen eingeführt wurden, helfen, dass schneller Entscheidungen getroffen werden. Außerdem solle Doppelarbeit vermieden werden. Dies hatte jüngst VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh ebenfalls gefordert. Im laufenden Jahr will VW zudem über 70 neue Fahrzeuge auf den Markt bringen, kündigte Diess an. Gleichzeitig warnte er, der neue Prüfzyklus zur Bestimmung von Verbrauch sowie Schadstoff- und CO2-Emissionen (WLTP) könne zu Lieferengpässen führen.
Wer wird Diess zur Seite gestellt?
Eine wichtige Frage bleibt jedoch auch nach Diess' Auftritt offen. Nämlich wer der neue Verantwortliche fürs Tagesgeschäft der Marke VW wird, der dem neuen Chef Diess zur Seite gestellt werden soll. Sollte der Posten extern besetzt werden, dann sei man möglicherweise noch auf der Suche, so Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer.
Aktionäre können Frust ablassen
Für die Aktionäre gibt es noch weitere Themen, die ihnen unter den Nägeln brennen - und die Hauptversammlung ist ihre Chance, Frust abzulassen. So dürften noch Fragen folgen - zum Beispiel darüber, wann die versprochene lückenlose Aufklärung des Diesel-Skandals kommt. Auch das Thema der Luftreinhaltung in Städten könnte noch zur Sprache kommen - die Versammlung dauert bis zum Abend.