Stand: 30.04.2018 12:22 Uhr

Diesel-Umbau: Skepsis trotz Gutachtens

Ein Auspuff eines Autos stößt Abgase aus. © dpa Bildfunk Foto: Marcus Führer
Die niedersächsische Landesregierung bleibt skeptisch gegenüber Umbauten von älteren Diesel-Motoren.

Für Svenja Schulze (SPD) ist die Sachlage eindeutig. Die Bundesumweltministerin drängt angesichts der Ergebnisse eines Gutachtens darauf, dass Motoren von älteren Dieselfahrzeugen mit schlechten Abgaswerten umgebaut werden sollten - und die Kosten von rund 3.000 Euro pro Fahrzeug von den Herstellern übernommen werden.

VIDEO: Diesel-Nachrüstung: Politik verschärft den Ton (1 Min)

Regierungssprecherin relativiert angeblichen Kurswechsel

Auch in der niedersächsischen Landesregierung findet dieser Vorstoß offenbar Unterstützung. Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung (Montagsausgabe) berichtet, sollen mehrere Regierungsmitglieder den Druck auf die Autobauer erhöht haben. Regierungssprecherin Anke Pörksen betont dagegen auf NDR Anfrage, dass die Landesregierung weiter an ihrer Linie festhalte. Demnach seien Hardware-Nachrüstungen nur sinnvoll, wenn sie technisch schnell umzusetzen und auch wirtschaftlich vertretbar sind. Man schließe Umbauten nicht aus, sei aber sehr vorsichtig, sagte Pörksen NDR 1 Niedersachsen. Die Landesregierung gehe davon aus, dass Umbauten bei vielen Modellen schwierig werden könnten, weil die technischen Lösungen noch nicht vorliegen. Zudem sei der Faktor Zeit entscheidend: Es helfe nicht, wenn das Problem erst in einigen Jahren angegangen werden könne. Ähnlich äußert sich das niedersächsische Wirtschaftsministerium: Man benötige in jedem Fall Lösungen, die zeitnah umzusetzen sind, heißt es hier.

Gutachten: Umrüstung kostet 3.000 Euro

Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) hatte bislang gesagt, eine Nachrüstung sei kein Allheilmittel, weil sie zu aufwendig wäre. Ähnlich argumentieren auch die Autokonzerne. Ein Ende vergangener Woche öffentlich gewordenes Gutachten stellt die Situation nun anders dar: In der Analyse im Auftrag der Bundesregierung kommt ein Experte der Technischen Universität München zu dem Schluss, dass ein Umbau von Euro-5-Diesel-Motoren technisch möglich und finanziell vertretbar sei. Konkret werden die Kosten für den Umbau auf rund 3.000 Euro pro Fahrzeug geschätzt.

Bernd Althusmann spricht bei einer Pressekonferenz. © NDR
Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) sieht die Fahrzeughersteller in der Pflicht.
Müssen Autohersteller die Nachrüstung bezahlen?

Bundesumweltministerin Schulze sieht daher die Autohersteller in der Pflicht: Als "Verursacher des Problems" müssten diese die Nachrüstungen bezahlen. Der niedersächsische Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) sagte der HAZ, dass die Fahrzeughersteller sich mehr bewegen müssten, um das Vertrauen von Dieselkunden zurückzugewinnen. "Dazu zählen Software-Updates, aber auch Hardware-Nachrüstungen, wenn sie technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar sind", sagte Althusmann.

Lies fordert Reaktion von Bundesverkehrsministerium

Videos
Eine Karte zeigt Kommunen, die den zulässigen Schadstoffausstoß übersteigen
1 Min

Dieselfahrverbot: Lies trifft sich mit Kommunen

Die Landesregierung will keine Diesel-Fahrverbote: Umweltminister Lies hat sich mit Vertretern der Kommunen, die mit Grenzwertüberschreitungen bei Stickoxiden zu kämpfen haben, getroffen. 1 Min

Laut Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) wüssten Techniker schon lange, dass eine Hardware-Nachrüstung zu leisten sei. Nun, nach Bekanntwerden des Gutachtens, müsse das Bundesverkehrsministerium schnell reagieren "und die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, dass nachgerüstete Diesel auch zugelassen werden". Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte sich allerdings erst vor wenigen Tagen gegen Umbauten von älteren Diesel-Motoren ausgesprochen. Gegenüber der ADAC Motorwelt äußerte Scheuer rechtliche, technische und finanzielle Bedenken. "Jede solche Regelung würde dazu führen, dass man nicht nachgerüstete Autos aus den Städten aussperren müsste", sagte Scheuer.

Weitere Informationen
Auspuff eines VW Tiguan © picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte Foto: Julian Stratenschulte

VW-Klagen: Erfolg nur am "richtigen" Wohnort?

In Braunschweig kaum Chancen, in Osnabrück dagegen große: Wer wegen des Diesel-Betrugs gegen VW klagt, hat laut NDR Recherchen unterschiedliche Erfolgsaussichten - je nachdem, wo er wohnt. (21.04.2018) mehr

Ein großes Gebäude mit großem VW-Logo auf dem Dach

VW lockt mit Umtauschoption bei Fahrverboten

Volkswagen will Dieselfahrer locken: Wer bis Ende des Jahres einen Euro-6-Diesel von VW kauft, erhält die Garantie, den Wagen umtauschen zu können, sollten Fahrverbote kommen. (29.03.2018) mehr

Der niedersächsische Minister für Umwelt, Bau und Energie, Olaf Lies (SPD) steht am 23.11.2017 im Landtag in Hannover (Niedersachsen). © dpa picture alliance Foto: Hauke-Christian Dittrich

Diesel-Fahrverbote? Lies trifft sich mit Kommunen

Hannover, Hildesheim, Oldenburg und Osnabrück haben dauerhaft zu hohe Stickoxid-Werte. Ein Treffen mit Umweltminister Lies zeigte: Fahrverbote sollen nicht die Lösung dafür sein. (19.03.2018) mehr

Rund 70 Nebenkläger bringen zusammen mit der US-Kanzlei Hausfeld und Internetplattform myright die Klagen im VW-Abgasskandal von mehr als 15 000 Betroffenen zum Landgericht in Braunschweig (Niedersachsen). © dpa-Bildfunk Foto: Peter Steffen

15.000 weitere Kunden wollen Schadenersatz von VW

15.000 VW-Kunden haben über einen Rechtsdienstleister beim Landgericht Braunschweig Klage wegen der Abgas-Manipulationen eingereicht. Sie fordern die Rückerstattung des Kaufpreises. (06.11.2017) mehr

Der Auspuff eines VW-Passats ist am 25.09.2015 vor dem Volkswagenwerk in Wolfsburg zu sehen. © dpa - Bildfunk

Die VW-Abgas-Affäre: Eine Chronologie

Der Abgas-Skandal hat VW in die schwerste Krise der Firmengeschichte gestürzt. Was ist bislang geschehen? mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 30.04.2018 | 12:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

VW

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Ein Fass mit radioaktiv verseuchtem Wasser steht am 04.03.2014 in Remlingen (Niedersachsen) in einem Schacht des Atommüll-Lagers Asse. (Archivbild) © picture alliance / dpa | Jochen Lübke Foto: Jochen Lübke

Atommüll-Endlager: Weitere Gebiete vorerst ausgeschlossen

Die BGE hat mögliche Regionen im Norden für Atommüll-Endlager eingegrenzt. Auch in Niedersachsen fallen Gebiete raus. mehr