Kinderpornografie: Bedeuten mehr Daten auch mehr Taten?
Im Bereich sogenannter Kinder- und Jugendpornografie müssen Ermittler in Niedersachsen immer mehr Daten auswerten. Ob damit auch ein Anstieg der Straftaten einhergeht, erklärt das Innenministerium dem NDR Niedersachsen.
Dem Ministerium zufolge sichtete die Polizei im Jahr 2023 rund 4,7 Petabyte mit sogenannten Kinder- und jugendpornografischen Fotos und Videos. Das entspricht 4.700 Terabyte. Zum Vergleich: Handelsübliche Festplatten haben derzeit in der Regel ein Volumen von einem Terabyte. Im Vergleich zum Vorjahr hat das Volumen der Daten damit um fast ein Drittel zugenommen, gegenüber 2020 hat sie sich sogar in etwa verdoppelt. "Die Fallzahlensteigerungen bedeuten nach der polizeilichen Bewertung allerdings nicht einen ebenso starken Zuwachs der verübten Taten", teilte ein Sprecher des Innenministeriums dem NDR Niedersachsen nun auf Anfrage mit.
Kinderpornografie: Aus Einzelverfahren ergeben sich weitere Verfahren
Gründe für den Anstieg des Datenvolumens seien vielmehr eine Sensibilisierung der Bevölkerung und der Netzwerkbetreiber für den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Auch die allgemein erhöhte Datenmenge im Internet sei ein Grund. Steigende Zahlen der Ermittlungen seien schließlich auch das Ergebnis von polizeilichen Untersuchungen und Einsätzen gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie. Es würden sich aus Einzelverfahren oft Folgeverfahren ergeben, in denen dann gegen weitere Personen Verfahren eingeleitet würden, so der Sprecher.
Auswertung von Kinderpornografie-Material kaum noch leistbar
Die "ausufernden Datenmengen" wirken sich laut Ministerium jedoch zunehmend auf den Strafverfolgungsanspruch des Staates und den Opferschutz aus. "Eine umfassende und detaillierte manuelle Auswertung der Daten jedes einzelnen Ermittlungsverfahrens, insbesondere zur schnellen Detektion andauernder sexueller Missbrauchshandlungen, ist kaum noch leistbar", heißt es.
US-Behörde schickt Daten automatisch an deutsche Ermittler
Die Daten bekommen die Behörden laut dem Sprecher des Ministeriums von dem internationalen Meldesystem des US-amerikanischen National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC). Durch die freiwillige Selbstverpflichtung von US-Software-Unternehmen wie Microsoft, Google und Meta mit den Social-Media-Diensten Facebook, Whatsapp und Instagram werden demnach die Dateien, die auf den US-Plattformen geteilt werden, auf Kinder- und Jugendpornografie geprüft. Der Ministeriums-Sprecher erklärt, dass das NCMEC als strafrechtlich relevant eingestufte Vorgänge automatisch an die zentralen Strafverfolgungsbehörden der Länder melde, in denen Täter und Opfer vermutet werden.
Auch noch andauernder Missbrauch soll mit KI erkannt werden
Um das Datenmaterial zu durchforsten, bekommen die Polizisten und Polizistinnen seit 2020 Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI). Das vom niedersächsischen Landeskriminalamt entwickelte Programm KiPo-Analyzer setzen sie zur Erkennung pornografischer Inhalte ein. Ein weiteres KI-Programm, Tracebook, hilft Ermittelnden bei der anschließenden Auswertung. Nach einer landesweiten Pilotphase sind beide Programme seit Anfang des Jahres im Regelbetrieb. Ermittlungsverfahren sollen so beschleunigt und noch andauernder Missbrauch frühzeitig erkannt werden.
KI bei Erkennung von Kinderpornografie nicht wegzudenken
Ohne unterstützende KI würde die Aufklärung von Straftaten deutlich erschwert, erklärt das Innenministerium. "Der Einsatz von KI wird speziell bei der Auswertung der in den Strafverfahren anfallenden digitalen Beweismittel in Form von Massendaten nicht mehr wegzudenken sein", teilt das Ministerium mit. Das gelte vor allem für die Erkennung und Kategorisierung von Kinder- und Jugendpornografie. Dort müsse "zwingend KI-Software zum Einsatz kommen", heißt es. Ansonsten würden Polizistinnen und Polizisten "Millionen von Einzelbildern" sichten und bewerten müssen.