Ein Transparent mit Totenkopf und der Aufschrift «Kein Fracking!» steht an einer Straße. © dpa-Bildfunk Foto: Holger Hollemann/dpa

Fracking in Niedersachsen? Es wird immer unwahrscheinlicher

Stand: 27.11.2022 13:22 Uhr

Tief unter Niedersachsen schlummern Deutschlands größte Gasreserven. Um die zu erschließen, bräuchte es unkonventionelles Fracking. Doch das ist hierzulande verboten - und dürfte es auch bleiben.

Mit der neuen Vorsitzenden der sogenannten Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hat sich eine weitere prominente Stimme gegen einen Einstieg ins Fracking gemeldet. "Wir sollten nicht in eine rückwärtsgewandte Technologie investieren. Fracking ist ein Auslaufmodell", sagte die Münchner Ökonomin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zuletzt gab es angesichts der Energiekrise Forderungen, heimisches Schiefergas zu fördern, etwa aus Reihen der Unionsparteien und der FDP. Theoretisch genügen die Schiefergas-Ressourcen, um den Jahresbedarf an Erdgas in Deutschland zehn Jahre zu decken. Schnitzer entgegnete nun, dass das Gas, das Deutschland als Brückentechnologie brauche, auch aus anderen Ländern bezogen werden könne.

Fracking in Niedersachsen? Weil kontert Söder-Forderung

Ein weiteres Argument gegen Fracking ist der Faktor Zeit. Das Schiefergas würde in der akuten Energiekrise nämlich nicht helfen: "Es wäre vielleicht in vier oder fünf Jahren realisierbar", sagte der Sprecher des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), Eike Bruns, im Sommer. Klagen könnten den Start weiter verzögern - bis zu ersten Arbeiten könnten dann acht bis zehn Jahre vergehen. Zuvor hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) dafür plädiert, Fracking "vor allem in Niedersachsen" zu prüfen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) reagiert umgehend und fragte per Twitter: "Geht's noch? Lieber Markus Söder, wie wär's endlich mit Windkraft in Bayern?"

Fracking in Niedersachsen

Beim Fracking handelt es sich um eine Technologie, bei der eine meist mit Chemikalien versetzte Flüssigkeit durch ein Bohrloch in eine Erdöl- oder Erdgaslagerstätte eingepresst wird. Durch den Druck entstehen feine Risse im Speichergestein über die der Rohstoff dann zum Bohrloch fließen und an die Erdoberfläche gefördert werden kann.
Niedersachsen ist das Bundesland mit den größten Erdgasreserven. Hier werden etwa 98 % des deutschen Erdgases gefördert. Seit 1961 haben Unternehmen hier mehr als 320 Fracking-Maßnahmen in mehrere hundert bis mehrere tausend Meter tiefen Erdgaslagerstätten durchgeführt. Die letzte Maßnahme fand 2011 statt.
(Quelle: LBEG)

Auch CDU in Niedersachsen bislang gegen Fracking

Die Position der SPD in Niedersachsen ist also klar. Doch auch die Landes-CDU hat - anders als ihre Schwesterpartei in Bayern und Teile der Bundespartei - der Forderung nach Fracking in Niedersachsen bislang eine Absage erteilt. Vor der Landtagswahl hatte der damalige Wirtschaftsminister und Vorsitzende der CDU in Niedersachsen Bernd Althusmann betont, dass vor einem Einstieg in diese umstrittene Technologie alle anderen Optionen ausgeschöpft werden müssten.

Schnitzer zum Energiesparen: Heizung niedriger stellen, warme Socken kaufen

Auch die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen Schnitzer sagte nun, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden müsse. Zudem empfahl die Ökonomin, zu prüfen, ob die Laufzeit der verbliebenen Atomkraftwerke über das von der Ampel-Regierung geplante Datum möglich sei. "Wenn das politisch und wirtschaftlich machbar ist, sollten wir die drei Atomkraftwerke über das Frühjahr hinaus am Netz lassen", sagte sie den Funke-Zeitungen. Das würde den Gasverbrauch reduzieren helfen. Schnitzer warnte zudem vor falschen Anreizen durch die Gaspreisbremse: "Die Politik muss deutlich machen, dass die Verbraucher weiter Energie sparen müssen. Das Gebot lautet: Heizung niedriger stellen, warme Socken kaufen."

 

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 28.11.2022 | 08:00 Uhr

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