Flüchtlingsgipfel: Um was geht es für Niedersachsen?
Es wird kein einfaches Treffen zwischen den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten und dem Bundeskanzler. Die Länder fordern mehr Geld für die Unterbringung von Geflüchteten in den Kommunen.
Der Bund will aber kein zusätzliches Geld geben. Der Termin könnte zäh werden. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD ist derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. "Die Rechnung des Bundes wird von den Ländern in keiner Weise geteilt," sagte Weil im Vorfeld. Man stehe Seite an Seite mit den Kommunen, sagte der Landeschef. Die Länder verhandeln auch für die Kommunen mit dem Bund. Unterkünfte für Geflüchtete bereitzustellen, ist vor allem Aufgabe der Kommunen.
Länder schlagen "atmendes System" vor
Die Bundesländer fordern geschlossen die vollständige Kostenübernahme durch den Bund in einem "atmenden System" - also angepasst an die Zahl der eingereisten Geflüchteten. Der Bund dagegen will künftig eine Pauschale von 1,25 Milliarden Euro zahlen - unabhängig davon, wie viele Menschen in Deutschland Schutz suchen.
Steigende Flüchtlingszahlen belasten Kommunen
Der niedersächsische Städtetag und der niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) fordern ebenfalls eine vollständige Kostenübernahme durch den Bund. Aus Sicht von NSGB-Präsident Marco Trips tragen die Kommunen die Hauptlast, seit wieder mehr Geflüchtete nach Niedersachsen kommen. Bei den Verhandlungen geht es nicht nur um die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine, sondern vor allem auch um Asylsuchende aus anderen Staaten, zum Beispiel aus Syrien, Afghanistan, der Türkei, Irak oder Georgien. Im vergangenen Jahr sind 22.600 von ihnen nach Niedersachsen gekommen. Bis zum 1. Mai waren es in diesem Jahr bisher rund 7.000. In einem gemeinsamen Positionspapier sprechen die Länder davon, dass im ersten Quartal 80 Prozent mehr Asylsuchende nach Deutschland gekommen seien als im ersten Quartal 2022.
Was der Bund bisher gibt
Kniffelig in der Diskussion: Die rund 109.000 Kriegsvertriebenen aus der Ukraine, die seit dem russischen Angriff nach Niedersachsen gekommen sind, zählen nicht als Asylsuchende. Sie können sofort Sozialleistungen beziehen, auch teilweise Geld aus dem Bundeshaushalt. In diesem Jahr bekommen die Länder vom Bund zusätzlich 1,5 Milliarden Euro für die Unterbringung der Ukraine-Geflüchteten. Niedersachsen bekommt davon 143 Millionen Euro, die das Land zu knapp 80 Prozent an die Städte und Gemeinden weitergibt. Mit dem Rest finanziert das Land die eigenen Erstaufnahmeeinrichtungen und Integrationsprojekte. Der Bund argumentiert, das alles müsse reichen. Die Länderfinanzminister werfen dem Bund dagegen vor, bei dieser Rechnung mit Zahlen zu arbeiten, die mit Flüchtlingskosten nichts zu tun haben und die zudem zum Großteil befristet seien.
Klamme Kassen - auch bei den Kommunen
Ein weiteres Argument aus Berlin: Der Bund sei 2022 mit 116 Milliarden Euro im Minus, während Länder und Kommunen in Summe sogar Überschüsse erzielten. Allerdings klagen auch viele Städte und Gemeinden in Niedersachsen über Haushaltsdefizite. "Ich kenne kaum eine niedersächsische Stadt, die nicht in ihrer Haushaltsplanung in den nächsten Jahren ins Desaster rutscht - und das durch staatlich veranlasste Aufgaben," sagte Frank Klingebiel, Präsident des niedersächsischen Städtetags, im Gespräch mit dem NDR in Niedersachsen. Zudem sei Wohnraum knapp und teuer. Das mache es für die Kommunen nicht leichter, geeignete Unterkünfte für Geflüchtete zu finden. Dazu kommen Integrationsfragen: Kita- und Schulplätze werden benötigt.
Schmerzhafte Einschnitte in den Kommunen die Folge?
Um sich auf all diese Aufgaben konzentrieren zu können, müssten eventuell andere politische Vorhaben zurückstehen: etwa die Einführung des Ganztagsanspruchs für Grundschulkinder ab 2026. Weitere - schmerzhafte - Stellen, an denen die Kommunen Geld theoretisch sparen könnten: Schwimmbäder oder Sportplätze, Bibliotheken oder Jugendeinrichtungen. Das zeigt: Die Diskussion um die Flüchtlingskosten klingt wie ein Zahlenspiel, sie könnte sich in den Städten und Gemeinden in Niedersachsen aber recht konkret auswirken.
Bund-Länder-Gipfel: Einigkeit in anderen Punkten
Weder der Bund noch die Länder scheinen von ihren Positionen abweichen zu wollen. Der Ausgang des Treffens in Berlin ist daher ungewiss. In einigen Punkten dürfte man sich aber einig werden - etwa wenn es um Schritte auf europäischer Ebene geht, dem Grenzschutz etwa oder Rücknahmeabkommen für abgelehnte Asylbewerber. Hierbei ist immerhin klar: Der Bund ist zuständig, auf europäischer Ebene politisch zu verhandeln.