Wo Flüchtlinge die besten Chancen haben
Die Veränderung im Stadtbild sei deutlich, findet Hanka Gatter aus Parchim: "Jetzt sind viele Menschen unterwegs, wir haben neue Läden, Menschen sitzen auch mal im Café draußen. Die Stadt wirkt lebendiger. Ich empfinde das als Bereicherung", sagt sie. Die junge Lehrerin ist ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe im mecklenburgischen Parchim engagiert.
Parchim ist eine Kleinstadt mit etwa 18.000 Einwohnern - Tendenz abnehmend. Seit Herbst sind hier Flüchtlinge untergebracht, einige Hundert leben derzeit dort in Gemeinschaftsunterkünften. Manche von ihnen haben inzwischen eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen, sie dürfen nun in Deutschland bleiben, werden nicht mehr in den Statistiken als Asylbewerber geführt. Und: Sie dürfen jetzt selbst entscheiden wo sie wohnen.
"Es gibt nicht viele Jobs"
Für einige bedeutet das: möglichst schnell weg. Parchim sei sehr schön, aber auch sehr klein, sagt die 20-jährige Judy Tamari. Sie ist mit Mutter und Bruder aus Syrien gekommen. In Syrien hat sie schon Maschinenbau studiert. Das Studium will sie in Deutschland fortsetzen. "Parchim hat keine Universität. Es gibt nicht viele Jobs", erzählt sie. Das geht nicht nur ihr so: "Viele, die ich kenne, sagen das. Wir wollen unseren Deutschkurs beenden und dann in eine andere Stadt umziehen", berichtet die junge Frau.
Wohnungssuche in Hamburg? Schwierig
Doch in den großen Städten wie Hamburg ist es nicht einfacher. Zwar gibt es hier vielleicht einen Job, aber der Wohnungsmarkt war auch vor der Flüchtlingskrise schon angespannt. Masud hat eine Arbeitsstelle gefunden, eine Wohnung sucht er bisher vergeblich. Zur Zeit teilt er sich ein Zimmer mit mehreren Personen. Doch er hofft auf mehr Ruhe: "Ich freue mich darauf, eine eigene Wohnung zu kriegen und darauf, dass meine Frau kommt." Bisher war seine Suche vergeblich: Die angebotene Wohnungen waren entweder zu teuer oder wurden anderweitig vergeben.
Und in Parchim? Hier ist der Wohnungsmarkt entspannter. Aber gibt es auch genug Arbeit? Bürgermeister Dirk Flörke jedenfalls will sich bemühen, die anerkannten Asylbewerber in Parchim zu halten. "Der demografische Wandel geht nicht an Parchim vorbei. Ich habe schon Hoffnung, dass wir dem mit den Flüchtlingen entgegen wirken können", erzählt Flörke. Spezielle Wirtschaftsförderungsprogramme könnten sie nicht aufsetzen - da seien Bund und Land gefragt - aber im Kleinen wollen sie ihren Beitrag leisten: Der Unternehmerverband vermittle Praktika.
"Integration muss nachhaltig sein"
Bürgermeister Flörke kann nachvollziehen, dass Menschen ihre Chance in einer großen Stadt sehen. Er fragt sich aber: Wenn die Tochter in eine Universitätsstadt ziehen möchte, muss dann gleich die komplette Familie mit umziehen? Er hofft, den Weg der Integration mit den Menschen auch über einen längeren Zeitraum zu gehen. "Integration muss nachhaltig sein", fordert Flörke.
Viele Asylanträge werden noch bearbeitet, doch in den nächsten Monaten werden viele der Flüchtlinge ihre Aufenthaltstitel bekommen. Dann dürfen sie selbst entscheiden, wo sie wohnen. Wie unsere Beispiele zeigen, werden die meisten wohl dort, wo Arbeit ist, leben wollen. Das ist vor allem in den großen Städten der Fall. Aber ob dort genug Wohnraum ist, ist eine andere Frage.
Vielleicht also werden noch mehr Kleinstädte wie Parchim die Flüchtlingskrise als Chance begreifen - und versuchen, die Flüchtlinge in ihrer Stadt zu halten.