Wie sich Extremfrühchen Matilda ins Leben gekämpft hat
Kommt ein Kind vor der 24.Schwangerschaftswoche auf die Welt, steht sein Leben auf dem Spiel. Die Schweriner Helios Kliniken sind auf solche Extremfrühchen spezialisiert. Und konnten Matilda eine Chance geben.
Es ist eine schummrige Beleuchtung auf dem Flur von Station D2, der Spezialstation von Frühchen und kranken Neugeborenen bei den Helios Kliniken in Schwerin. Die Augen der kleinen Patienten sind sehr empfindlich. Seit mehr als drei Monaten liegt Matilda hier. Sie ist ein sogenanntes Extremfrühchen. In der 23. Schwangerschaftswoche musste sie mit einem Notkaiserschnitt auf die Welt gebracht werden. So groß wie eine Hand, mit einem Gewicht von 550 Gramm.
Geburt auf natürlichem Wege zu Gefährlich
Als normal gilt ein Gewicht zwischen 2.800 und 4.200 Gramm und eine Größe von rund 50 Zentimetern. Ihre Mutter Alien Meyer hatte einen sogenannten Blasensprung. "Uns blieben quasi zwei Optionen", erzählt die 34-Jährige aus Hagenow. "Entweder, man holt sie per Notkaiserschnitt. Man kämpft und macht eine Maximalversorgung. Oder ich gebäre sie auf natürlichem Wege. Aber da hieß es dann, dass sie das definitiv nicht schaffen wird."
Der Kampf um Matildas Leben beginnt
Die Eltern entscheiden sich für den Kampf um Matildas Leben - trotz aller Risiken. Zwischen 20 und 30 Prozent der Extremfrühchen leiden an körperlichen oder geistigen Behinderungen, weil ihre Organe oft noch nicht genug entwickelt sind. Es kann zu Hirnblutungen kommen, schweren Infektionen oder einer ungenügenden Sauerstoffzufuhr über die unreifen Lungen. Aber: Der Säugling hat mit einer Maximaltherapie eine Überlebenschance.
Also Leben retten um jeden Preis? Kinderärztin Dr. Tina Pörschke von der Neonantologie in Schwerin hat eine klare Haltung: "Es ist natürlich so, wenn viele Komplikationen dazukommen und die Lebensqualität nicht gegeben ist, dann muss man Gespräche führen mit den Eltern. Und eventuell eine Therapiebegrenzung machen. Und dann auch eine Palliation, also das Kind dann gehen lassen." Auch bei Matilda gibt es am dritten Tag nach der Geburt Komplikationen: Ihr Darm hat ein Loch. Lebensgefahr. Weil der Säugling zu schwach für den Transport in den OP ist, findet der Eingriff im Inkubator (Brutkasten) statt. Für ihre Eltern eine furchtbare Zeit zwischen Angst und Hoffnung.
Drei spezialisierte Kliniken für die Frühchenversorgung in MV
"Ich hab viel geweint, natürlich. Man hatte tausende Gedanken. Wie macht sie das, wie wird sie das meistern? In Zukunft auch", erinnert sich Alien Meyer an ihre Zweifel in dieser Zeit. Die Darm-OP hat das kleine Mädchen zum Glück gut überstanden. Jährlich kommen in Deutschland etwa 56.000 Kinder zu früh zur Welt. Frühgeborene unter 1.250 Gramm müssen in einem sogenannten Perinatalzentrum Level 1 versorgt werden. Diese Abteilungen haben in Mecklenburg-Vorpommern das Rostocker Südstadt Klinikum, die Universitätsmedizin Greifswald und die Schweriner Helios Kliniken. Sie müssen eine Mindestmenge von 25 Extremfrühchenbehandlungen pro Jahr nachweisen, damit sie Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen können.
Nach 113 Tagen darf Matilda nach Hause
Trotz aller Umstände: Matilda hat sich ins Leben gekämpft. Sie ist zwar noch ein zartes Baby, hat aber immerhin von ihren ursprünglichen 550 Gramm auf knapp 3.000 Gramm zugelegt. Die Ärzte sehen aktuell für Matilda keine gesundheitlichen Probleme. Nach mehr als drei Monaten darf Alien Meyer mit ihrer kleinen Tochter endlich nach Hause.