Vertrag unterzeichnet: "Polarstern 2" wird in Wismar gebaut
Das künftige Flaggschiff der deutschen Klimaforschung "Polarstern 2" soll in den kommenden Jahren in Wismar gebaut werden. Es wird mindestens 1,2 Milliarden Euro kosten. Der Vertrag wurde am Dienstag unterzeichnet.
Tauchroboter werden Lebensräume in der Tiefsee erkunden, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Bis zu sechs Kilometer unter der neuen Polarstern sollen sie forschen können. Ausgesetzt werden sie durch einen sogenannten Moonpool. Das ist quasi ein Brunnen im Schiffsrumpf des Eisbrechers. Er lässt sich öffnen. Dadurch können solche Unterwasserroboter und andere Forschungstechnik in die frostigen Tiefen der Arktis und Antarktis heruntergelassen werden, ohne dass neben dem Schiff extra Löcher ins Eis gebohrt werden müssen. Das ist nur eine der technischen Besonderheiten dieses eisbrechenden Forschungsschiffes.
Ablösung für eine Forschungs-Legende
Deutschland hat derzeit acht Forschungsschiffe. Eines davon ist die 1982 gebaute "Polarstern". Sie gilt als zentrale Säule der deutschen Polarforschung. Das Forschungsflaggschiff der Bundesrepublik hat mittlerweile rund zwei Millionen Seemeilen zurückgelegt. Es soll in den wohlverdienten Ruhestand gehen dürfen. Die "Polarstern" soll durch die "Polarstern 2" ersetzt werden. Der neue Forschungseisbrecher ist knapp 40 Meter länger und kann dickeres Eis brechen. Platz soll er bis zu 90 Forschern und 50 Crewmitgliedern bieten.
Milliardenschwere Unterschriften
Etwa 1,2 Milliarden Euro soll nach aktuellem Stand die "Polarstern 2" kosten. Der Vertrag für den Bau des Schiffes wurde am Dienstag auf der Wismarer Werft unterzeichnet. Für das Alfred-Wegener-Institut (AWI) wird dessen Direktorin Prof. Antje Boetius unterschreiben, für den Hersteller thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) dessen Geschäftsführer Oliver Burkhard. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Deswegen wird auch Cem Özdemir (Grüne) dabei sein, der seit dem Bruch der Ampel-Regierung übergangsweise auch das Bildungsministerium leitet. Der erste Brennschnitt ist nach Angaben des AWI "in rund zwei Jahren". Damit beginnt die Konstruktion 2027. Drei Jahre später soll die "Polarstern 2" die alte "Polarstern" ablösen, die dann fast 50 Jahre auf dem Buckel haben wird.
Brücke für Wismarer TKMS-Arbeiter
Ab 2027 soll auch der Bau von U-Booten in Wismar starten. Dafür will das Rüstungsunternehmen 220 Millionen Euro in die Werft investieren. Unter anderem muss eine Druckkörper-Fertigungsstraße für die U-Boote gebaut werden. Große Teile der Werft werden umgebaut. Auch die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Gelände müssen für den Marine-Schiffbau deutlich verschärft werden. An diesem Umbau sollen viele der aktuellen Werftmitarbeiter beteiligt sein.
Viele Arbeitsplätze auf Jahre gesichert
Nach Angaben von TKMS soll allein der Bau der "Polarstern 2" 500 Arbeitsplätze langfristig sichern. Von 2027 an soll parallel an der "Polarstern 2", an den U-Booten und später wahrscheinlich auch an Fregatten der Klasse F127 gebaut werden. Insgesamt könnten somit in den kommenden Jahren bis zu 1.500 Schiffbauer auf der Werft beschäftigt werden.
Extreme Bedingungen, extreme Anforderungen
Seit 15 Jahren wird an der Umsetzung der Idee zur neuen "Polarstern" gearbeitet. 20 Experten haben letztlich etwa 7.000 Seiten mit Anforderungen, Leistungsbeschreibungen und Ausschreibungsunterlagen erarbeitet. Das Schiff müsse demgemäß viele Anforderungen erfüllen. Dazu zählt unter anderem eine nachhaltige Produktion der für den Bau benötigten 14.000 Tonnen Stahl. Ein Ziel ist auch, dass das Schiff die Umwelt um sich herum so wenig wie möglich beeinflusst. Damit die Tierwelt auf den Forschungsfahrten wenig beeinträchtig wird, soll es besonders leise fahren können. Auch der Farbabrieb am Rumpf des Eisbrechers werde durch neueste Technologie minimiert, denn abgeplatzte Farbe kann die Messungen der Wasserqualität beeinflussen. Ein weitgehend barrierefreies Leben an Bord ermögliche es zudem, dass Menschen mit Behinderungen mitforschen können.
Forschungsplattform und Versorgungsschiff
Was in der Polarregion passiert, betreffe uns alle, heißt es vom Alfred-Wegener-Institut. In den Polargebieten können entscheidende Erkenntnisse zum Klimawandel gewonnen werden. Darum muss dort auch geforscht werden. Wie sein Vorgänger-Schiff hat perspektivisch auch die "Polarstern II" eine grundlegende Versorgungsaufgabe. Sie muss die Neumayer-Station III in der Antarktis mit Material und Lebensmitteln versorgen und Forscher hin und zurückbringen.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Landkreis Nordwestmecklenburg
![NDR Logo NDR Logo](/resources/images/logos/ndr_printlogo.gif)