Widerstand aus der MV-SPD gegen neue US-Raketen in Deutschland
In der SPD wächst der Widerstand gegen eine geplante Stationierung von Raketen des NATO-Partners USA in Deutschland. Einer der Wortführer ist der Greifswalder Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki. Der SPD-Politiker warnt vor einem neuen Wettrüsten und einer Eskalationsspirale.
Von Malottki gehört zur Riege der Vize-Parteichefs der SPD in Mecklenburg-Vorpommern. Er verlangt - wie andere in der Bundespartei - eine Debatte im Bundestag zum Thema Sinn und Zweck einer Raketen-Stationierung. Das allerdings reicht dem 38-jährigen Sozialdemokraten nicht. Der Sprecher des parteiinternen Forums "Demokratische Linke" will auch eine Mitgliederbefragung in der SPD, denn viele Genossen auch in Mecklenburg-Vorpommern würden die Pläne kritisch sehen, und die dürften "nicht gleich als Putin-Freunde diffamiert werden".
Malottki: Stationierung erhöht Gefahr der Nutzung
Die SPD-Mitglieder müssten eine Mitsprache bekommen und sollten ihre Sichtweise einbringen können. Es gebe "eine gewisse Angst, dass es sich um ein weiteres Drehen an der Eskalationsspirale handelt", so von Malottki, immerhin würden die Waffen auch Moskau erreichen. Es müsse darüber diskutiert werden, "ob wir diese Stationierung wollen und brauchen", denn die Gefahr steige, dass die Waffen auch genutzt würden. Nötig seien mehr diplomatische Initiativen, so der Parteilinke. Mit dem Engagement im Ukraine-Krieg habe das Thema nichts zu tun, denn der Kriegsverlauf in der Ukraine sei völlig unabhängig von neuen Raketen in Deutschland, stellte der Sozialdemokrat klar.
Pistorius will Abschreckung
Der Greifswalder Bundestagabgeordnete geht mit seinen Forderungen auf deutliche Distanz zum beliebtesten SPD-Politiker, zu Verteidigungsminister Boris Pistorius. Er hat die geplante Stationierung von US-Marschflugkörpern und Raketen gegen parteiinterne Kritiker verteidigt und als einen Beitrag zur "echten Abschreckung" Russlands bezeichnet. Mit einem neuen Wettrüsten habe das nichts zu tun, meinte Pistorius.
Keine Atomwaffen in Planung
Der Verteidigungsminister macht seit Beginn der Debatte vor knapp zwei Wochen auch klar, dass es um konventionelle Waffensysteme gehe und nicht etwa um Atomwaffen. "Das muss man zur Beruhigung all derer, die sich hier Sorgen machen, sehr deutlich unterstreichen", sagte der Minister bei einem Besuch im US-Bundesstaat Hawaii. Russland verfüge über Waffen dieser und anderer Reichweiten schon seit geraumer Zeit, das Land habe in der Vergangenheit außerdem Abrüstungsverträge gekündigt. Pistorius ließ zuletzt durchblicken, es spreche nichts dagegen, über dieses Thema im Bundestag offen zu sprechen, stellte aber auch fest: "Es ist originär kein Thema, was zuvor im Parlament diskutiert werden müsste."
Bedrohung durch Russland als Begründung
Die Raketen-Pläne hatten Deutschland und die USA am Rande des NATO-Gipfels vor rund drei Wochen angekündigt. Es gehe um die Stationierung von Tomahawk-Marschflugkörpern, SM-6-Raketen und neuen Hyperschallwaffen von 2026 an. Beide Seiten verwiesen zur Begründung auf die Bedrohung durch Russland. Für viele Bundestagsabgeordnete kam die Ankündigung überraschend, nicht nur in der SPD. Grüne und CDU forderten ebenso, das Thema wegen seiner Bedeutung auf die Tagesordnung des Bundestags zu setzen.
Amthor: "Aufgeregte Stimmungsmache in der Sommerpause"
Der Greifswalder CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor spricht von einem "Kommunikationsdesaster der Ampel-Koalition". Das Thema gehöre in den Bundestag. Dort hätte sich Pistorius erklären müssen, auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dürfe sich nicht wegducken. Amthor warnte auch mit Blick auf die Aussagen von Malottki vor "einer aufgeregten Stimmungsmache in der Sommerpause". Es gehe um militärpolitische Entscheidungen, die der Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit dienten. Russland beispielsweise habe ähnliche Waffen im Raum Kaliningrad stationiert.
Weil unterstützt Bestrebungen zur Stationierung
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) verteidigte die vereinbarte Stationierung der Waffen. "Ich halte es für richtig, wenn die Russen Rüstungskontrollverträge aufkündigen, dass der Westen dagegen halten muss", sagte er auf einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Wie seine Kollegin und Parteifreundin aus Schwerin, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig dazu steht, ist offen. Von Malottki sagte, er habe mit Schwesig darüber nicht gesprochen. Schwesig hatte zuletzt mit sicherheitspolitisch klaren Aussagen für Aufmerksamkeit gesorgt. Bei einer Reise nach Kiew meinte sie, die Ukraine müsse den Krieg gewinnen.