Schwesigs Ukraine-Reise endet mit Koalitionskrach in MV
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat mit ihrem Besuch in der Ukraine neuen Streit in der rot-roten Koalition ausgelöst. Ihr Regierungspartner Die Linke distanzierte sich deutlich von Schwesigs Aussage, die Ukraine müsse den Krieg gewinnen.
Schwesigs Staatskanzleichef Patrick Dahlemann (SPD) drehte am Dienstag noch kleine Instagram-Videos zu den bevorstehenden Feiern am Tag der Deutschen Einheit in Schwerin. Mitarbeiter ließen Dahlemann hinter einer Gold-Folie erst verschwinden und dann jubelnd wieder auftauchen. Die Fangemeinde auf Social-Media staunte über ausgelassene Freude anlässlich der Präsentation eines Großplakats zu den Einheitsfeiern, über einen Spaß also, der so gar nicht zum übrigen Ernst der Lage passen wollte, den Dahlemanns Chefin als Bundesratspräsidentin zeitgleich in Kiew erlebte. Schwesig führte in dem Land, das sich seit zwei Jahren gegen den russischen Überfall wehrt, wichtige Gespräche - unter anderem mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj - fern von Goldfolie und Schabernack.
Schwesig erste Bundesratspräsidentin auf Besuch in Ukraine
Schwesig gab sich in den drei Tagen in ihrer Paraderolle als Staatsfrau mit einer besonderen Mission. Die SPD-Politikerin sagte mehrfach, ihr Besuch sei ein Zeichen der Solidarität aller 16 Bundesländer. Ihre Pressestelle legte Wert auf die Feststellung, dass Schwesig die erste Bundesratspräsidentin auf Besuch in dem Land sei - Bundesratspräsidenten mit eingeschlossen. Deutschland werde der Ukraine weiter helfen und zwar militärisch, finanziell und humanitär, betonte die Sozialdemokratin. Gleichzeitig formulierte sie auch klare innenpolitische Botschaften: Mit Blick auf die Gegner der Ukraine-Hilfe in Deutschland sagte sie, die Ukraine werde tagtäglich neu angegriffen, Menschen würden um ihr Leben bangen, das Land habe ein Recht darauf, sich zu schützen - das sei Realität. Niemand sollte der russischen Propaganda glauben.
Schwesig: "Die Ukraine muss den Krieg gewinnen"
Die Bundesratspräsidentin wurde auch mit einem Satz zitiert, der bei ihrem Koalitionspartner überhaupt nicht gut ankam. "Die Ukraine muss den Krieg gewinnen, Russland darf mit seiner Aggression nicht durchkommen" sagte Schwesig. Der Linken-Vorsitzende Peter Ritter und sein Landtagskollege Torsten Koplin, seines Zeichens friedenspolitischer Sprecher, reagierten mit "Bestürzung". Schwesigs Einschätzung sei völlig unverständlich, im Krieg könne es keine Gewinner geben.
Zweiter Ukraine-Gipfel in MV wäre laut Linke gut
Beide Linken-Politiker erklären, sie hätten erwartet, "dass sich die Ministerpräsidentin einer aktiven Friedenspolitik verpflichtet sieht". Es wäre deshalb gut gewesen, wenn die Regierungschefin in der Ukraine einen zweiten Ukraine-Gipfel in Deutschland vorgeschlagen hätte, der hätte in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden können. Es gehe jetzt um friedenspolitische Initiativen, erklärte das Linken-Duo, das damit auf einer Welle mit AfD und BSW liegt.
Koplin war 2014 "Wahlbeobachter" bei sogenanntem Referendum auf der Krim
Pikant: Der Linken-Abgeordnete Koplin fungierte 2014 als "Wahlbeobachter" bei einem sogenannten Referendum, das die völkerrechtliche Annexion der Krim durch Putin absegnen sollte. Koplin attestierte Russland ein sauberes Vorgehen, er habe keine Unregelmäßigkeiten feststellen können, sagte er dem "Neuen Deutschland". Die CDU warf ihm vor, er lasse sich für russische Interessen einspannen. In der aktuellen Debatte hatte Schwesig dagegen erklärt, Russland müsse sich vollständig aus der Ukraine zurückziehen, Putin müsse den Krieg stoppen.
Zweiter Koalitionsstreit in Folge
Der erneute Koalitionsstreit ist bereits der zweite in kurzer Folge. In der vergangenen Woche provozierte Schwesig mit harten Aussagen zur Asyl- und Migrationspolitik den Widerspruch des Koalitionspartners. Offenkundig hat die Niederlage bei den Europa- und Kommunalwahlen die Fliehkräfte innerhalb des Bündnisses beschleunigt. Die CDU-Fraktion erklärte, Schwesig sollte die Linke "an die Luft setzen". Die Linke will es dagegen nicht zum offenen Zerwürfnis kommen lassen. Es bringe nichts, meinte Ritter, ständig mit Koalitionsbruch zu drohen.