Eine Fotomontage mit Cannabisblatt-Symbol, Joint und Paragrafenzeichen auf Deutschlandfahne, © picture alliance Foto: Christian Ohde

Wegen Cannabis-Gesetz: Justiz in MV muss Tausende Verfahren prüfen

Stand: 16.02.2024 15:06 Uhr

Das von der Ampel-Regierung in Berlin geplante Cannabis-Gesetz stellt die Justiz in Mecklenburg-Vorpommern vor Probleme, denn bereits verhängte Strafen oder Geldbußen müssen erlassen werden. Nach Angaben des Justizministeriums in Schwerin müssen rund 6.400 offene Verfahren geprüft werden.

von Stefan Ludmann

"Das hat uns schon getroffen, das bedeutet erheblichen Aufwand", heißt es aus Ermittlerkreisen. Gemeint ist die Amnestie-Regelung im Cannabis-Gesetz. Vom 1. April an soll der Besitz von Cannabis bis zu einer Menge von 25 Gramm straffrei sein. So will es die Ampel in Berlin. Und das soll auch rückwirkend gelten. Das heißt: Bereits verhängte, aber noch nicht vollständig verbüßte Strafen oder richterliche Anordnungen müssten erlassen werden. Das bestätigte das Justizministerium in Schwerin. Dort heißt es auch: "In Fällen tateinheitlicher oder tatmehrheitlicher Verurteilungen ("deliktische Mischfälle") wäre die (Gesamt-)Strafe gerichtlich neu festzusetzen."

Inhaftierte kommen früher frei

Auch das würde zusätzliche Arbeit für die Justiz mit sich bringen. Nach Angaben des Justizministeriums geht es um rund 100 noch nicht verbüßte Haftstrafen, die möglicherweise erlassen werden. Bisherige Straftäter würden früher freikommen. Beim großen Rest der rund 6.400 Verfahren gehe es um noch nicht vollständig beglichene Geldstrafen, Bewährungsstrafen oder Anordnungen des Jugendstrafrechts - wie Entzugsprogramme oder Arbeitsstunden.

Weitere Informationen
Michael Meyer, ehemaliger Berufskraftfahrer. © NDR Foto: NDR Screenshots

Suchtberatung in MV: Der erste Schritt in ein Leben ohne Drogen

In MV steigt die Tendenz zu Abhängigkeiten. Suchtberatungsstellen können das Leben von Betroffenen verändern - doch ihre Finanzierung ist prekär. mehr

Ministerin Bernhardt fordert "praktikable Lösungen"

Das alles müsse geprüft werden, erklärte Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Die Linke). Mecklenburg-Vorpommern werde das neue Gesetz "selbstverständlich umsetzen", meinte Bernhardt. Wegen des hohen Aufwands müsse der Bund aber "praktikable Lösungen" anbieten. Die CDU-Landtagsfraktion spricht dagegen von einem "Skandal". Die Justiz werde übermäßig belastet, gleichzeitig werde die bisherige Ermittlungsarbeit entwertet, so ihr rechtspolitischer Sprecher Sebastian Ehlers. Sein Fazit: "Auch den Rechtsfrieden würde es massiv beeinträchtigen, wenn mit Inkrafttreten des Gesetzes alle noch laufenden Ermittlungs- und Strafverfahren einzustellen sind und Geld- oder Haftstrafen bei Altfällen nicht mehr vollstreckt werden."

Kritik am Gesetzesentwurf des Bundes

Weitere Informationen
Cannabis in einem Plastiktütchen und auf einer Holzfläche. © Colourbox Foto: Nils Weymann

Cannabisgesetz: Welche Regeln gelten seit der Legalisierung?

Besitz und Erwerb von Cannabis sind unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Beim Autofahren gilt ein Grenzwert. mehr

Im Bundestag soll der Gesundheitsausschuss am kommenden Mittwoch abschließend über das Gesetz beraten. Voraussichtlich stimmt kurz danach schon der Bundestag ab. Teils massive Kritik kommt aus den Ländern: Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) meinte, der vorliegende Entwurf sei "Murks" und gleich an mehreren Stellen problematisch. Alle guten Hinweise dazu hätten die Macher fast vollständig ignoriert. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig. Die Länder können deshalb über den Bundesrat keine Änderungen durchsetzen. Eine aktuelle Stellungnahme von Innenminister Christian Pegel (SPD) liegt nicht vor. Auch er hatte Pläne zur Cannabis-Legalisierung zuletzt kritisiert. Er habe Sorge, dass das Gesetz wegen komplizierter Regelungen "am Ende mehr Aufwand als Nutzen bringt".

Weitere Informationen
MV-Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD). © NDR Screenshots Foto: NDR

Drogenkonsum in MV: Drese will "verstärkt auf Prävention setzen"

Hoher Konsum von Speed in den vier größten Städten in MV: Wie sind die Reaktionen von Politik und Fachleuten? mehr

Hanfpflanzen wachsen auf einer Plantage. © dpa-Bildfunk Foto: Patrick Pleul

Hanfplantage ausgehoben: Zwei Festnahmen

Die Polizei hatte am Donnerstag bei Brüel im Landkreis Ludwigslust-Parchim eine große Hanfplantage ausgehoben. mehr

Nahaufnahme einer Cannabispflanze unter künstlichem Licht. © picture alliance/dpa | David Pichler Foto: David Pichler

Ärztekammer MV kritisiert geplante Cannabis Teil-Legaliserung

Mediziner befürchten Zunahme von Behandlungen nach Cannabis-Konsum. Das Gesetz sei nicht konkret genug, so die Ärztekammer. mehr

Cannabispflanzen wachsen in einem Blüteraum eines Pharmaunternehmens. © dpa Foto: Sebastian Kahnert

Bundesregierung will Cannabis-Legalisierung: Reaktionen aus MV

Ein Gesetzesentwurf sieht vor, dass über 18-Jährige künftig 25 Gramm Cannabis und bis zu drei Hanfpflanzen besitzen dürfen. mehr

Eine Person dreht einen Joint. © Colourbox

Marihuana in Zahlen: So kifft Mecklenburg-Vorpommern

Statistiken aus dem Jahr 2021 zeigen, dass die Zahl der Cannabis-Konsumenten in Mecklenburg-Vorpommern wächst. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 16.02.2024 | 18:15 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Rostocks Trainer Daniel Brinkmann © Imago Images Foto: Fotostand/Voelker

Hansa Rostock feiert gelungene Heimpremiere von Trainer Brinkmann

Gegen Aufstiegskandidat Arminia Bielefeld zeigten die Mecklenburger eine starke Leistung. Auch unter dem neuen Coach bleibt Hansa eine Heimmacht. mehr

Die Applikation App WhatsApp ist auf dem Display eines Smartphones zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Silas Stein

Im Handy abonnieren: Die NDR MV Nachrichten bei Whatsapp

Im NDR MV Whatsapp-Kanal gibts die wichtigsten Themen für Mecklenburg-Vorpommern kompakt und schnell zusammengefasst. extern