Wegen Cannabis-Gesetz: Justiz in MV muss Tausende Verfahren prüfen
Das von der Ampel-Regierung in Berlin geplante Cannabis-Gesetz stellt die Justiz in Mecklenburg-Vorpommern vor Probleme, denn bereits verhängte Strafen oder Geldbußen müssen erlassen werden. Nach Angaben des Justizministeriums in Schwerin müssen rund 6.400 offene Verfahren geprüft werden.
"Das hat uns schon getroffen, das bedeutet erheblichen Aufwand", heißt es aus Ermittlerkreisen. Gemeint ist die Amnestie-Regelung im Cannabis-Gesetz. Vom 1. April an soll der Besitz von Cannabis bis zu einer Menge von 25 Gramm straffrei sein. So will es die Ampel in Berlin. Und das soll auch rückwirkend gelten. Das heißt: Bereits verhängte, aber noch nicht vollständig verbüßte Strafen oder richterliche Anordnungen müssten erlassen werden. Das bestätigte das Justizministerium in Schwerin. Dort heißt es auch: "In Fällen tateinheitlicher oder tatmehrheitlicher Verurteilungen ("deliktische Mischfälle") wäre die (Gesamt-)Strafe gerichtlich neu festzusetzen."
Inhaftierte kommen früher frei
Auch das würde zusätzliche Arbeit für die Justiz mit sich bringen. Nach Angaben des Justizministeriums geht es um rund 100 noch nicht verbüßte Haftstrafen, die möglicherweise erlassen werden. Bisherige Straftäter würden früher freikommen. Beim großen Rest der rund 6.400 Verfahren gehe es um noch nicht vollständig beglichene Geldstrafen, Bewährungsstrafen oder Anordnungen des Jugendstrafrechts - wie Entzugsprogramme oder Arbeitsstunden.
Ministerin Bernhardt fordert "praktikable Lösungen"
Das alles müsse geprüft werden, erklärte Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Die Linke). Mecklenburg-Vorpommern werde das neue Gesetz "selbstverständlich umsetzen", meinte Bernhardt. Wegen des hohen Aufwands müsse der Bund aber "praktikable Lösungen" anbieten. Die CDU-Landtagsfraktion spricht dagegen von einem "Skandal". Die Justiz werde übermäßig belastet, gleichzeitig werde die bisherige Ermittlungsarbeit entwertet, so ihr rechtspolitischer Sprecher Sebastian Ehlers. Sein Fazit: "Auch den Rechtsfrieden würde es massiv beeinträchtigen, wenn mit Inkrafttreten des Gesetzes alle noch laufenden Ermittlungs- und Strafverfahren einzustellen sind und Geld- oder Haftstrafen bei Altfällen nicht mehr vollstreckt werden."
Kritik am Gesetzesentwurf des Bundes
Im Bundestag soll der Gesundheitsausschuss am kommenden Mittwoch abschließend über das Gesetz beraten. Voraussichtlich stimmt kurz danach schon der Bundestag ab. Teils massive Kritik kommt aus den Ländern: Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) meinte, der vorliegende Entwurf sei "Murks" und gleich an mehreren Stellen problematisch. Alle guten Hinweise dazu hätten die Macher fast vollständig ignoriert. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig. Die Länder können deshalb über den Bundesrat keine Änderungen durchsetzen. Eine aktuelle Stellungnahme von Innenminister Christian Pegel (SPD) liegt nicht vor. Auch er hatte Pläne zur Cannabis-Legalisierung zuletzt kritisiert. Er habe Sorge, dass das Gesetz wegen komplizierter Regelungen "am Ende mehr Aufwand als Nutzen bringt".