Wärmeplanung in MV: Wer heizt wie und was bringt die Zukunft?
Bis 2045 soll ganz Deutschland klimaneutral heizen. In spätestens vier Jahren müssen die Kommunen deshalb ihre Wärmepläne vorlegen. Auch in Altentreptow und Umgebung laufen derzeit die "Potenzialanalysen".
Claudia Ellgoth (parteilos) ist Bürgermeisterin von Altentreptow. Und sie ist Chefin des Amtes Treptower Tollensewinkel. Dort wohnen 13.000 Menschen. Wenn Claudia Ellgoth in ihrem Amt unterwegs ist, stellen ihr die Leute immer wieder diese Fragen: "Was mache ich mit meiner Heizung? Meine Heizung geht kaputt, was soll ich tun? Das ist eine Sorge, die die Leute umtreibt“, erzählt sie. Nirgendwo sonst in Deutschland sind die Heizungen so alt wie in Mecklenburg-Vorpommern. Im Schnitt 16,9 Jahre – der Bundesschnitt liegt bei 13,9 Jahren. Fast 40 Prozent der Häuser im Land werden noch mit Gas beheizt, 32 Prozent mit Öl. Doch mit diesen Energieträgern soll in gut 20 Jahren Schluss sein. 2045 soll Deutschland klimaneutral heizen, so hat es die Bundesregierung beschlossen.
Planungssicherheit ist das große Thema
Wie das Heizen in den Städten und Dörfern dann klappen kann, sollen Wärmepläne zeigen. Jede Kommune muss darin bis spätestens 2028 darlegen, in welchen Gebieten künftig mit Fernwärme geheizt wird. Das wäre der günstigste Fall für Hausbesitzer, denn so müssten sie sich nicht selbst um ihre Wärmeversorgung kümmern. Doch in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern werden viele Hausbesitzer davon nicht profitieren und sie müssen dann zum Beispiel mit Wärmepumpen heizen. Claudia Ellgoth will, dass die Bürger in ihrem Amt Planungssicherheit bekommen. Deswegen hat sie die Wärmeplanung angeschoben.
Daten aller beheizten Gebäude erfassen
Bis zum fertigen Wärmeplan ist es aber ein langer Weg. Und der beginnt mit einer Bestandsaufnahme: Wer heizt hier wie? Eine simple Frage - doch für Kommunen ist sie kaum alleine lösbar. Denn sie wurde noch nie gestellt und um sie zu beantworten braucht es Daten über alle beheizten Gebäude der Region. Deshalb hat Claudia Ellgoth Dorian Holtz aus Rostock engagiert. Er ist Ingenieur mit dem Schwerpunkt Energietechnik. Mit seiner Rostocker Firma begleitet er Kommunen beim Erstellen von Wärmeplänen. In den vergangenen Monaten hat er die Heizungsdaten u.a. aller Wohnhäuser, aller kommunalen Gebäude, aller Industrie- und Landwirtschaftsbetriebe zusammengetragen und so den Ist-Zustand in Sachen Heizen bestimmt.
Altentreptow mit Potenzial für mehr Fernwärme
Rund um Altentreptow gibt es die typische Einfamilienhausbebauung. "Diese Häuser werden über Heizöl, Flüssiggas oder andere dezentrale Technologien versorgt“, sagt Dorian Holtz. Hier könnte eines Tages mit Wärmepumpen geheizt werden. In Altentreptow selbst könnte das anders aussehen, denn hier gibt es schon teilweise Fernwärme. "Wir sehen aber gerade im Innenstadtbereich noch Potenzial für mehr Fernwärme", so Holtz. Und die kommt zu 75 Prozent aus den örtlichen Biogasanlagen, hat Dorian Holtz festgestellt. "Und da fängt es an eine Geschichte zu ergeben. Wir haben viel Überschussstrom, viel erneuerbaren Strom, viel Biomasse. Das sind alles Ideen und Ansätze, die man auch für die Wärme nutzen kann."
Wärmeplanung in gut der Hälfte aller Gemeinden in MV
Doch diese Ideen und Ansätze werden nur Wirklichkeit, wenn sie sich auch rechnen. In einem nächsten Schritt wird Dorian Holtz mit seiner Firma untersuchen, wo sich die Investitionen in Energietrassen lohnen, die dann Überschussstrom und Abwärme in die Region verteilen. Die Entscheidungen, die aus den Berechnungen folgen, werden die Wärmeversorgung der Region auf Jahrzehnte prägen. In gut der Hälfte der Gemeinden im Land hat dieser Prozess der Wärmeplanung jetzt begonnen, schätzt der Städte- und Gemeindetag.
Bürgermeisterin setzt auf Bürgerbeteiligung
Und bei diesem Prozess gibt es viel zu bedenken, auch für Altentreptows Bürgermeisterin Claudia Ellgoth. Sie muss zum Beispiel kalkulieren, wie viele Menschen in 20, 30 Jahren in ihrem Amt leben werden oder wie viele Firmen hier sich ansiedeln oder abwandern. Es geht um Veränderungen, die fast alle betreffen werden. Deswegen setzt sie auf Bürgerbeteiligung von Anfang an. Und auf Fördermittel: „Meistens liegt die Attraktivität beim Bürger ja zwischen Daumen und Zeigefinger. Sprich, es muss wirtschaftlich günstig sein für den Bürger, dann wird auch die Akzeptanz steigen.“ Und Akzeptanz ist wichtig bei dem Thema. Denn Heizen und Warmwasser verursachen fast 20 Prozent des deutschen CO2 Ausstoßes.