Smulders in Rostock: Grüne setzen auf neuen Verteidigungsminister
Die mögliche Ansiedlung des belgischen Off-Shore-Unternehmens Smulders auf dem Gelände des militärischen Marinearsenals in Rostock beschäftigt erneut die Ampel-Koalition in Berlin.
Der Wirtschafts- und Energieexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Felix Banaszak, hat Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) aufgefordert, die Investition zu ermöglichen. Es ist ein neuer Anlauf in einen seit Monaten währenden Tauziehen: Banaszak ist Abgeordneter aus Duisburg in Nordrhein-Westfalen. Der 33-Jährige hat nicht die "MV-Brille" auf - er verweist auf die nationale Bedeutung des Standorts Rostock-Warnemünde und erwähnt "krisensichere Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern" nur am Rand. In seinem Brief an den neuen Verteidigungsminister bezeichnet er die Ansiedlung an der Warnow als "historische Chance" und "von unschätzbarer industriepolitischer und strategischer Relevanz".
Wettbewerb um Konverter-Plattformen
Die Ausbauziele für erneuerbare Energien seien ohne die dringend benötigten Konverter-Plattformen für Windkraft auf See nicht zu erreichen, heißt es in dem Schreiben, das dem NDR vorliegt. Eine Ansiedlung von Smulders wäre in den Augen Banaszaks auch eine passende Antwort auf die Bemühungen der USA, mit einem Milliarden-Förderprogramm die Energiewende zu fördern. "Der internationale Wettbewerb um Konverter-Plattformen wird zunehmen - und sich im Zuge dessen nur auf die Kapazitäten anderer Länder zu verlassen, kann sich als Fehler erweisen."
Ministerium hat Sicherheitsbedenken
Banaszak formuliert Einsichten, die in Berlin mittlerweile als "gelernt" gelten. In Folge des russischen Angriffskrieges müsse es auch ein "sicherheitspolitisches Anliegen sein, die Abhängigkeit vom Import fossiler Energieträger zu verringern". Es gelte, die Industrie durch eine diversifizierte Energieversorgung widerstandsfähig zu machen. Pistorius, so der Wunsch des Grünen-Abgeordneten, möge doch in Rostock eine einvernehmliche Lösung erreichen, "die klima- und energie- sowie sicherheitspolitische Ziele in Einklang bringt".
Ähnlich haben sich IG-Metall, das Wirtschaftsministerium in Schwerin und Spitzenvertreter der Windkraft-Branche geäußert und das Verteidigungsministerium zum Teil mehrfach aufgefordert, grünes Licht für die Ansiedlung von Smulders zu geben. Bei Pistorius´ Vorgängerin Christine Lambrecht (SPD) sind sie damit auf Granit gestoßen. Das Ministerium führt bislang Sicherheitsbedenken an. Offenbar können im Marinearsenal, in dem die Bundeswehr Schiffe warten und ausrüsten lässt, nötige Abstände nicht eingehalten werden, sollte sich Smulders auf dem Südteil des Areals ansiedeln.
Angeblich 1.000 neue Jobs möglich
Auch nach dem Wechsel an der Spitze des Verteidigungsministeriums gibt es bisher keine Signale für eine Ansiedlung. Eine Runde im Kanzleramt blieb vor gut zwei Wochen ergebnislos. Die Regierungszentrale von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gab sich gewohnt zugeknöpft. Eine NDR-Anfrage zu den Gesprächen mit Staatssekretär Jörg Kukies wurde nicht beantwortet. Im Hintergrund macht das Wirtschafts- und Klimaministerium von Robert Habeck (Grüne) weiter Druck. Sein Ressort unterstützt die Smulders-Ansiedlung.
Immer wieder ist zu hören, dass eine Entscheidung kurz bevorstehe. Der Neustrelitzer Bundestagsabgeordnete Johannes Arlt (SPD), er ist Mitglied im Verteidigungsausschuss, meinte auf Anfrage des NDR, es gebe in der Sache noch nichts zu berichten. Es würden weiter Gespräche laufen. Das Schweriner Wirtschaftsministerium spricht unterdessen von rund 1.000 neuen Jobs, die durch Smulders entstehen würden. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ließ zuletzt mitteilen, dass sie "das Projekt nicht abgeschrieben" habe. Es gebe "ernstzunehmende Gespräche zwischen dem Bund und dem Land".
Das Unternehmen Smulders beobachtet die politische Entscheidungsfindung bisher noch mit Gleichmut. Man halte an der Investitionsabsicht fest, hieß es aus Belgien.