VIDEO: Rügen: Tanker der russischen Schattenflotte vorerst gesichert (3 Min)

Havarierter Öltanker "Eventin" vor Rügen: Sturm erschwert Bergung

Stand: 10.01.2025 23:12 Uhr

In der Ostsee rund 20 Kilometer vor Rügen liegt ein manövrierunfähiger Tanker. Wegen Sturms kann das Schiff noch nicht abgeschleppt werden. Am späten Freitagabend trafen aber zusätzliche Schlepper ein, um die "Eventin" in Position zu halten.

Die "Eventin" war auf dem Weg von Ust-Luga in Russland nach Port Said in Ägypten. Seit Donnerstagabend gegen 22 Uhr trieb das Schiff vor Rügen. Das geht aus Live-Daten des Schiffstrackingdienstes "Marinetraffic" hervor. Der Tanker gehört offenbar zur sogenannten russischen Schattenflotte. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace führt die "Eventin" auf einer Liste von knapp 200 Tankern, die sie der Schattenflotte zurechnet. Das 18 Jahre alte Schiff hat nach Angaben des Havariekommandos etwa 99.000 Tonnen Öl geladen und fährt unter der Flagge von Panama. An Bord sind 24 Besatzungsmitglieder. Eine Evakuierung des Schiffes sei nicht notwendig.

Sturm verhindert Abschleppen - Weitere Schiffe entsandt

Nach Angaben des Havariekommandos hatte es an Bord der "Eventin" einen Strom- und Maschinenausfall gegeben. Der 274 Meter lange Tanker solle so bald wie möglich abgeschleppt werden. Die Lage wird allerdings durch einen Sturm erschwert. Am Freitagabend gab es bereits Böen der Stärke sieben und zweieinhalb Meter hohe Wellen, wie das Havariekommando mitteilte. Erwartet wurde eine weitere Zunahme des Sturms mit Böen der Stärke neun. Zusätzliche Schiffe wurden deshalb zu dem havarierten Tanker geschickt: die "VB Bremen" und die "VB Luca". Diese seien vom Reeder des Schiffes beauftragt worden. Sie trafen am späten Abend am Unglücksort ein, wie ein Sprecher des Havariekommandos sagte.

"Tanker scheint strukturell in Ordnung zu sein"

Vor Ort waren zuvor bereits das Mehrzweckschiff "Arkona", der Notschlepper "Bremen Fighter" und das Bundespolizei-Einsatzschiff "Bamberg". Zu dem Öl-Tanker wurde laut Benedikt Spangardt, dem Leiter der Stabsstelle Kommunikation des Havariekommandos, auf hoher See eine Schleppverbindung hergestellt. Das Havariekommando sei mit der Reederei in Kontakt und wolle planen wie es weitergeht. "Der Tanker scheint strukturell in Ordnung zu sein, so dass wir uns im Moment keine Sorgen um Öl im Wasser machen", sagte Spangardt am Freitagnachmittag.

Hubschrauber bringt Experten auf die "Eventin"

Später hieß es, das Havariekommando schicke auch ein vierköpfiges Expertenteam per Bundespolizei-Hubschrauber zur "Eventin". Sie sollten mit einer Winde an Bord abgesetzt werden und auch Ersatzfunkgeräte für die Crew an Bord der "Eventin" bringen. Ein medizinisches Team der Feuerwehr Rostock sichere das Manöver ab. Außerdem verlege das Havariekommando den Notschlepper "Baltic" aus der westlichen Ostsee in die Nähe von Darßer Ort. Von dort könne die "Baltic" notfalls rascher eingreifen, sollte weitere Hilfe benötigt werden.

VIDEO: Manövrierunfähiger Öl-Tanker vor Rügen (1 Min)

Backhaus: "Mit blauem Auge davongekommen"

Nachdem das Havariekommando angegeben hatte, dass die Lage unter Kontrolle sei, äußerte sich Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD): "Seit Monaten beobachten wir die Bewegungen der sogenannten russischen Schattenflotte mit großer Sorge. Die Schiffe stellen eine ständige Bedrohung unserer kritischen Infrastruktur und unserer schützenswerten Biotopstruktur dar." Die Havarie der "Eventin" habe erneut gezeigt, wie verletzlich der Lebens- und Wirtschaftsraum Ostsee ist. "Es scheint, als könnten wir auch in diesem Falle noch einmal mit einem blauen Auge davonkommen." Der Tanker werde nun entweder nach Rostock, Swinemünde oder einen anderen Hafen geschleppt. Auch der Landrat des Landkreises Vorpommern-Rügen, Stefan Kerth (parteilos), zeigte sich zuversichtlich, dass die Havarie des Tankers ein gutes Ende nehmen werde. "Ich bin optimistisch, dass das Havariekommando einen guten Job machen wird", sagte Kerth der Deutschen Presseagentur. Nach seinen Angaben besteht "keine Gefahr für die Bevölkerung".

Baerbock: Russland gefährdet europäische Sicherheit

"Genau vor diesem Szenario habe ich gemeinsamen mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Ostseeraum immer wieder gewarnt", teilte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Freitag mit. "Russland gefährdet unsere europäische Sicherheit nicht nur mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine, sondern auch mit durchtrennten Kabeln, verschobenen Grenzbojen, Desinformationskampagnen, GPS-Störsendern, und eben auch mit maroden Öltankern." Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, Schiffe wie der havarierte Öltanker vor Rügen dienten der gezielten Umgehung westlicher Sanktionen. Demnach wurden bisher von der EU 79 Schiffe mit Sanktionen belegt.

Schiff war bereits negativ aufgefallen

Laut Greenpeace ist die "Eventin" in der Vergangenheit bereits mehrfach negativ aufgefallen. So soll das Schiff besonders gefährliche Schiff-zu-Schiff-Transporte von Öl absolviert haben. Außerdem wurden technische Mängel registriert. Deshalb steht das Schiff auf einer Liste der von Greenpeace identifizierten 192 gefährlichsten Rohöltanker. Der Meeresbiologe bei Greenpeace, Thilo Maack, kommentiert: "Die 'Eventin' ist nur das jüngste Beispiel dafür, wie die Schiffe der russischen Schattenflotte tagtäglich die Ostseeküste bedrohen. Das jüngste Sanktionspaket der EU ist ein wichtiger Schritt, aber es reicht längst nicht, um die Ostsee zu schützen."

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Schattenflotte: Marode Tanker mit zweifelhaftem Versicherungsstatus

Schiffe der russischen Schattenflotte sind meist ältere, marode Tanker mit undurchsichtigen Eigentumsverhältnissen. Häufig werden die Namen und Flaggenstaaten gewechselt. Auch der Versicherungsschutz ist zweifelhaft. Sie transportieren Rohöl und Ölprodukte aus russischen Häfen an Abnehmer rund um den Erdball. Mit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine verhängten die USA, Großbritannien und die EU Sanktionen. Russland umgeht diese mit seiner Schattenflotte.

Letzte Havarie vor Mecklenburg-Vorpommerns Küste wenige Monate her

Erst vor wenigen Monaten hatte es einen Vorfall mit einem Tanker vor Mecklenburg-Vorpommerns Küste gegeben. Das Öltankschiff "Annika" brannte auf der Ostsee in Sichtweite der Küste. Das Schiff war auf dem Weg von Rostock nach Travemünde, als am 11. Oktober rund fünf Kilometer vor dem Ostseebad Heiligendamm an Bord Feuer ausbrach. Nach ersten Löscharbeiten auf See war das 73 Meter lange und 12 Meter breite Schiff von Schleppern in den Rostocker Überseehafen bugsiert worden. Öl trat bei dem Zwischenfall nicht aus. Dieses Schiff wird allerdings nicht der russischen Schattenflotte zugerechnet, sondern fährt unter deutscher Flagge.

Ungeachtet dessen lösten weitere Vorfälle, die mit der russischen Schattenflotte in Verbindung gebracht werden ein breites Echo im Ostseeraum aus. Litauens Außenminister Kestutis Budrys sprach sich für ein entschiedeneres Vorgehen und weitere Maßnahmen gegen Russlands Schattenflotte aus. "Die Ostsee ist das wichtigste Tor für Russlands Ölexporte, und das müssen wir unterbinden", sagte er. Die Schattenflotte sei ein "Instrument in den Hybridaktivitäten" und stelle eine Bedrohung für die Umwelt dar. 

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Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 10.01.2025 | 19:30 Uhr

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