Rechnungshof kritisiert Vergabe von Spitzen-Jobs in den Ministerien

Stand: 21.09.2023 12:33 Uhr

Mehrere Oppositionsfraktionen werfen der SPD-geführten Landesregierung vor, gegen geltendes Recht zu verstoßen. In einem Bericht des Landesrechnungshofs, der dem NDR vorliegt, heißt es, bei allen untersuchten Besetzungen von Spitzen-Beamten-Jobs seien Fehler passiert.

Auf mehr als 300 Seiten listen die Rechnungsprüfer eklatante Mängel auf. In 49 der 55 untersuchten Verfahren habe es keine Besten-Auslese gegeben, die für Beamten eigentlich vorgeschrieben ist. Das heißt, die Auswahlkriterien wie fachliche Leistung, Befähigung und Eignung fielen unter den Tisch. Der Landesrechnungshof schreibt deutlich: "Aus der Gesamtschau über alle Vorgänge lässt sich nicht erkennen, dass in der Staatskanzlei und den Ressorts Dienstposten nach einheitlichen und transparenten Maßstäben besetzt werden." Übersetzt bedeutet das: Die Hausspitze entscheidet bei Spitzenjobs nach Gutsherrenart.

Mit Schwesigs Zustimmung

Es geht dabei laut Prüfbericht um "herausgehobene Dienstposten, deren Besetzung der Zustimmung der Ministerpräsidentin bedurfte". Das sind vor allem Abteilungsleiterposten in den Ministerien. Die bilden die direkte Führungsebene unterhalb der Minister und Staatssekretäre. Der Rechnungshof erinnert die Landesregierung daran, dass Abteilungsleiter keine politischen Beamte seien. Die könnten auch nicht ohne triftigen Grund in den Ruhestand geschickt werden.

Teilweise fehlte Auswahlverfahren

Schon in der Vergangenheit sorgten immer wieder Berichte für Schlagzeilen, in denen es um die einseitige Vergabe von Spitzenposten an SPD-Mitglieder oder das Ausbooten missliebiger Kandidaten ging. Der Rechnungshof jedenfalls moniert bei der Besetzung "einen Anschein von Bevorzugung oder Benachteiligung bestimmter Bewerber". In jedem fünften Fall habe es offenbar überhaupt kein Auswahlverfahren gegeben, unterlegene Bewerber seien oft nur mündlich informiert worden. Eine weitere Feststellung: In 26 Fällen habe die Regierung gegen das Gleichstellungsgesetz verstoßen. So seien Gleichstellungsbeauftragte bei der Formulierung von Stellenausschreibungen nicht befragt worden.

Kritik von der Opposition

Die Opposition reagierte mit Kopfschütteln auf den Fehler-Katalog des Rechnungshofs. Der CDU-Abgeordnete Marc Reinhardt spricht von "eklatanten Mängeln", die abgestellt werden müssten, "um Fehler bei Stellenbesetzungsverfahren jeglicher Art zukünftig zu verhindern". Kritik kommt auch FDP-Fraktionschef René Domke. Mit der Mängelliste müsse sich der Finanzausschuss intensiv beschäftigen, jeder Verdacht der Kungelei müsse vermieden werden, so Domke, auch für Spitzenposten gelte die Bestenauslese. Schon am Dienstag hatte sich die Grünen-Abgeordnete Constanze Oehlrich entsetzt gezeigt. Die Landesregierung verstoße "systematisch gegen geltendes Recht". Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) habe jeder einzelnen dieser Stellenbesetzungen persönlich ihre Zustimmung gegeben. "Die festgestellten Unregelmäßigkeiten sind also Chefinnensache", so Oehlrich.

Landesregierung spricht von "Ausnahmen"

Schwesigs Staatskanzlei hat der Darstellung des Landesrechnung deutlich widersprochen. In einer neunseitigen Stellungnahme der Landesregierung, die dem NDR vorliegt, wird den Prüfern indirekt vorgeworfen, übergenau zu sein. Wenn beispielsweise die Verfahren zur Stellenbesetzung nicht dokumentiert worden seien, "mag das ein Verstoß gegen die Aktenordnung sein", aber rechtswidrig sei die Entscheidung dadurch nicht. Wenn ein Anforderungsprofil für eine Stelle fehlerhaft sei, führe das nur "grundsätzlich" zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung. "Es sind also Ausnahmen möglich", erklärte die Landesregierung spitzfindig.

CDU fehlt Selbstkritik

Auch in einem weiteren Punkt widersprechen Staatskanzlei und Ministerien: Bei Abteilungsleitern gehe es um herausgehobenen Posten eines Ministeriums - "gewissermaßen an der Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung". Schon deshalb ergebe sich ein bestimmtes Vertrauensverhältnis zur Hausspitze und das müsse berücksichtigt werden. Der CDU-Abgeordnete Reinhardt quittierte die Stellungnahme ironisch: "Bemerkenswert ist die Kreativität, mit der die Landesregierung die meisten Beanstandungen des Landesrechnungshof zurückweist." Offenbar sei die Koalition zur Selbstkritik nicht fähig.

Pegel: "Unterschiedliche Rechtsauffassungen"

Innenminister Christian Pegel (SPD) sagte, es gebe in der Sache zwischen Rechnungshof und Landesregierung "unterschiedliche Rechtsauffassungen". Man werde sich einzeln Punkte sicher noch einmal ansehen, die Bestenauslese sei aber eingehalten worden. Außerdem bestehe keine Pflicht, diese Posten auszuschreiben. Der Innenminister meinte auch, wenn die Verfahren durch die Bank rechtswidrig gewesen wären, hätte es wahrscheinlich auch entsprechende Verfahren vor den Gerichten gegeben. Das sei aber in dem meisten Verfahren nicht Fall. Aus der Landesregierung ist auch zu hören: Wenn besondere Posten mit Experten von außen besetzt werden sollen, dann müsse es auch entsprechende Spielräume geben.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 21.09.2023 | 06:00 Uhr

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