Neue Windräder: Denkmalschutz mit weniger Einfluss?
Denkmalschützer sollen künftig bei der Genehmigung neuer Windräder oder Solaranlagen in Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr auf der Bremse stehen. Die rot-rote Landesregierung will ihren Einfluss auf die Verfahren offenbar verringern.
Seit Monaten beklagt die Windkraftbranche ein Blockadeverhalten vor allem der Denkmalschutzbehörde des Landes. Genehmigungsverfahren verzögerten sich, weil nötige Stellungnahmen des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege (LAKD) viel zu spät kämen oder ganz ausblieben. Außerdem gebe es immer wieder Einwände und die Forderung nach neuen und teuren Gutachten. Jahrzehntelang habe es keine Probleme gegeben, meint Johann-Georg Jaeger, Vorsitzender des Lobbyverbandes Erneuerbare Energien. Jetzt aber: "Der Denkmalschutz ist im Moment eine unserer größten Baustellen."
"Völlig unvorstellbar, dass der Denkmalschutz diese Bedeutung bekommt"
Beispielsweise solle es im Umkreis von 20 Kilometern um das Schweriner Schloss keine Windräder mehr geben. Völlig überzogen findet Jaeger das. Es gehe dabei angeblich um die "Erlebbarkeit" von Denkmälern. Plötzlich würden Radien um Gutshäuser oder Kirchen gezogen. Dabei sei nach den neuen Gesetzen des Bundes zu den Ausbauzielen "völlig unvorstellbar, dass der Denkmalschutz diese Bedeutung bekommt." Jaeger erinnerte an das Ziel, dass bis zum Jahr 2032 ein Anteil von 2,1 Prozent der Landesfläche für den Windkraftausbau zur Verfügung stehen muss.
Vorrang der erneuerbaren Energien?
Offenbar ist das Problem auch bei Kulturministerin Bettina Martin (SPD) aufgelaufen, das LAKD untersteht ihr direkt. Ein Sprecher des Martin-Ressorts meinte auf Anfrage, für die Landesregierung sei klar, dass Genehmigungsverfahren für Windräder beschleunigt werden müssten. Der Bund habe einen "Paradigmenwechsel" herbeigeführt, erneuerbare Energien lägen "im überragenden öffentlichen Interesse und hätten Vorrang bei der Abwägung anderer Schutzgüter. Selbstverständlich bringe sich auch der Denkmalschutz ein und werde "diese Beschleunigung umsetzen", so der Sprecher.
Neue Stellenausschreibungen
Vier neue Stellen sind in der Behörde ausgeschrieben. Es geht unter anderem um die "Prüfung der Denkmalverträglichkeit energetischer Maßnahmen". Eine Hauptaufgabe scheint, die Denkmale zu erfassen und die Frage zu klären, ob sie durch Windräder beeinträchtigt werden könnten. Der Energieexperte der Grünen-Fraktion, Hannes Damm, hat Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens. Damm begründet das mit einer Antwort des Umweltministeriums auf seine Anfrage zum Thema "Denkmalschutz und Windenergie".
Hoher Aufwand bei der Datenermittlung
Das Ministerium teilte in der Antwort mit: "Es gibt keinen Automatismus, der zum Vorrang der erneuerbaren Energien führt". Ansonsten konnte das Ministerium keine Angaben zur Rolle des Denkmalsschutzes bei den Genehmigungsverfahren machen. Der Aufwand, die Daten zu ermitteln, sei zu hoch. Für den Grünen-Abgeordneten Damm eine Enttäuschung. Es fehle "das Grundlagenwissen, um Lösungen zu erarbeiten, die die Themen Denkmalschutz und erneuerbare Energien politisch versöhnen könnten".