Nach schlechten Pisa-Ergebnissen: So ist die Situation in MV
In der letzten Pisa-Studie haben deutsche Schüler so schlecht abgeschnitten wie noch nie. Bildungsexperten aus MV geben Einblicke in den Schulalltag hierzulande und erklären, was sich nach dem Pisa-Debakel ändern muss.
"Deutsches Pisa-Debakel", "Schlechtes Zeugnis für deutsche Schüler", "Deutschlands Bildung auf tiefstem Niveau": Das sind nur drei Schlagzeilen aus der vergangenen Woche. In der neuesten Pisa-Studie hatten deutsche Schüler im Alter von 15 Jahren so schlecht abgeschnitten wie noch nie zuvor. Die Studie hat damit offengelegt, was Experten schon lange ahnten. Deutsche Schüler haben große Leistungsdefizite. Was das für Kinder und Jugendliche in Mecklenburg-Vorpommern bedeutet, schätzen Menschen ein, die in Mecklenburg-Vorpommern tagtäglich mit ihnen zusammenarbeiten.
Lücken schon bei den Grundlagen
Bastian Knetsch zum Beispiel - er ist ehemaliger Lehrer und betreibt seit 15 Jahren sein eigenes Nachhilfeinstitut. Allein in Mecklenburg-Vorpommern kümmern er und sein Team sich um 200 Schüler. Knetsch beobachtet schon länger, dass die Lücken der Kinder und Jugendlichen immer größer werden. Früher habe er oftmals nur an einer Problematik gearbeitet. Inzwischen sei es so, dass selbst die Grundlagen fehlten. Dazu komme, dass immer mehr Grundschüler Probleme hätten und Unterstützung benötigten, berichtet Knetsch.
Mitarbeit von Zuhause nötig
Gerade in Mathe, Deutsch und Englisch hätten viele Schüler Schwierigkeiten. Dazu kämen starke Konzentrationsschwierigkeiten. Auch in der Nachhilfe schaffen sie oft nicht den aktuellen Stoff, viel Zeit gehe für elementarste Grundlagen drauf. Knetsch meint zu wissen, woran das liegt. Die Kinder brächten immer weniger von zu Hause mit. "Es wird nicht mehr gelesen, die mediale Welt wird immer stärker und der Fokus auf Schule ist entsprechend schwieriger geworden," so der ehemalige Lehrer.
Immer mehr Defizite
Die Defizite werden immer größer. Das bestätigt auch die Vorsitzende der Landesschulleitervereinigung, Heike Walter. Aktuell laufen gerade die amtsärztlichen Schuluntersuchungen. "Früher", erklärt Walter, "hatten sie ganz viele Zettel ohne Kreuze, weil alles in Ordnung war. Heutzutage ist ganz viel angekreuzt." Selektive Aufmerksamkeitsspanne, Probleme mit Mengen, Zahlenverständnis, Sprechen und Sprache finde sich bei immer mehr Kindern. "Wie soll ein Lehrer das auffangen?", fragt sich die Vorsitzende der Landesschulleitervereinigung.
Zu viele Aufgaben, zu wenig Zeit
Mario Steinke vom Landesphilologenverband weiß, wie es ist, wenn der Lehrer sich nicht auf das Wesentliche konzentrieren kann. "Wir sind Reiseplaner für Klassenfahrten und Wandertage, wir kümmern uns um unsere technische Ausstattung an den Schulen, wir sind Sozialpädagogen und gleichzeitig psychologische Notfallbetreuung, wenn einem Schüler etwas passiert ist. Wir leisten verschiedenste Aufgaben, für die wir nicht mal ausgebildet sind und versuchen da natürlich das Beste zu geben, immer zum Wohl der Kinder. Aber am Ende leidet die Zeit im Unterricht".
Personal fehlt
Damit der Unterricht im Sinne der Kinder und Jugendlichen wieder besser wird, braucht es mehr Zeit. Das meint auch Knetsch. Doch es brauche auch mehr Personal. Das allerdings fehle nicht nur in den Schulen, sondern auch in den Nachhilfeinstituten. In manchen Regionen in Mecklenburg-Vorpommern gibt es schon gar keine Anbieter mehr.