Moore, Mücken und Malaria? Forscher sehen geringes Risiko
Die Forscher des Loeffler-Instituts wollen herausfinden: Wird es mit der Wiedervernässung und dem Klimawandel mehr Mücken und andere Arten in den Mooren von Mecklenburg-Vorpommern geben? Und könnten diese auch für den Menschen gefährlich werden?
15 Stechmückenfallen stehen im Moor bei Anklam, bestückt mit Lockstoffen, die die stechenden Insekten besonders mögen: Kohlendioxid und ein chemischer Duftstoff, der den Ausdünstungen der menschlichen Haut ähnelt. In diesem Jahr haben die Forscher Mandy Schäfer und Patrick Gutjahr des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf dem Riems mit 50.000 Exemplaren besonders viele Mücken gefangen. Weil Frühjahr und Sommer feucht und warm waren, hätten die Mücken besonders gute Brutbedingungen, so die Biologin des FLI, Mandy Schäfer. In Deutschland kommen 54 Mückenarten vor. 30 Arten haben die Wissenschaftler im Rahmen des Projektes "CuliMoor" in den Mooren von MV nachgewiesen - auch die Anopheles plumbeus, die Malaria übertragen kann.
Malaria: Aktuell keine Erreger-Nachweise
Dieser Erreger steht bei den Forschern nicht im Fokus. Für Malaria-Infektionen heute sehen die FLI-Forscher - anders als in den Nachkriegsjahren - kein erhöhtes Risiko. Nicht nur, weil in unseren heimischen Regionen der Erreger fehlt. "Die Wirte für die humanpathogene Malaria sind die Menschen und Primaten, es muss für eine Infektion nicht nur die Mücke, sondern auch immer ein infizierter Mensch da sein", sagt Mandy Schäfer. Laut Robert Koch-Institut (RKI) wurden im Jahr 2022 in Deutschland zwar 768 Malaria-Fälle beim Menschen registriert. Aber alle stehen mit einer Reise aus Afrika oder anderen tropischen und subtropischen Gebieten der Erde im Zusammenhang. "Da unser Gesundheitssystem so gut entwickelt ist, dass Malaria-Fälle schnell diagnostiziert und auch gut behandelt werden können, ist die Möglichkeit der Übertragung sehr gering", so Schäfer.
Malaria in den Nachkriegsjahren in MV
Dabei ist Malaria eine Krankheit, die in der Vergangenheit in Mecklenburg-Vorpommern durchaus vorgekommen ist. Sümpfe, stehende Gewässer und Moore bieten als Bruthabitate für die Mücken durchaus ideale Bedingungen. "Ein besonderes Ausmaß hat die Malaria nach dem Krieg, weil die Bedingungen für die Ausbreitung der Anophelen besonders günstig waren. Damals hatten sich die Viehbestände deutlich reduziert, die Mücken sind verstärkt auch auf den Menschen übergegangen und es haben sich gewisse Ausbreitungsherde herausgebildet, vor allem im Oderbruch", so der Greifswalder Medizinhistoriker Hartmut Bettin. In den meisten Fällen sei die Malaria durch Umsiedler hereingetragen worden. Mit der Trockenlegung von Sumpfgebieten und einer konsequenten Isolierung der Erkrankten konnte die Malaria eingedämmt werden.
Zwei Erreger im Blick: West-Nil und Usutu
Bei ihrer Mückenjagd im Anklamer Moor haben die Forscher des FLI vor allem zwei andere Erreger im Blick, die potenziell für den Menschen gefährlich werden können: Das West-Nil-Virus und das Usutu-Virus. Beide werden von Stechmücken übertragen, die auch hier zu Hause sind. Das West-Nil-Virus gibt es laut Schäfer seit 2018 nachweislich in Deutschland - mit Erkrankungsfällen beim Pferd und beim Vogel. Die Culex Pipiens - eine einheimische Mückenart - hatte sie infiziert.
West-Nil-Virus: Pferde und Vögel in MV infiziert
Der Erreger wurde auch in MV nachgewiesen - bei Pferden und Vögeln. Infizieren sich Menschen, kann das Virus grippeähnliche Symptome oder neurologische Beschwerden verursachen. Bis West-Nil und Usutu auch in den Projektflächen bei Anklam gefunden werden, sei nur eine Frage der Zeit. Moore können die Ausbreitung befördern, so Schäfer.
"Moore sind besondere Ökossysteme mit viel Wasser, die potenziell auch Bruthabitate für Stechmücken darstellen. Wir haben in unseren Untersuchungsflächen auch Culex Pipiens nachgewiesen, den Überträger des West-Nil-Virus. Und zudem sind Moore auch Habitate für viele Vogelarten, so dass Verktoren (wie Stechmücken, Anm. d. Red.) und Vögel dort auf engem Raum auch zusammenkommen können", so Mandy Schäfer.
Asiatische Tigermücke noch nicht nachgewiesen
Für das Projekt "CuliMoor", das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird und bei dem das Greifswald Moorzentrum Projektpartner ist, suchen die Forscher auch nach Arten, die vor allem auf Amphibien stehen. Das ist bislang für Deutschland wenig untersucht worden. Invasive Arten wie die Asiatische Tigermücke und die Asiatische Buschmücke wurden bislang nicht gefunden. Die Asiatische Tigermücke wurde 2007 erstmals in Deutschland nachgewiesen. Seitdem wandert sie tendenziell nach Norden. Nachweise gibt es inzwischen auch in Berlin.