MV: Migranten als unverzichtbare Stütze der Wirtschaft
In den vergangenen Wochen sind immer wieder ausländerfeindliche Parolen in Deutschland gerufen worden. Wirtschaftsvertreter machen auch deshalb darauf aufmerksam, wie wichtig Migranten für den Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern sind.
"Weltoffenheit ist unsere DNA", sagt Lars Schwarz, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands in Mecklenburg-Vorpommerns. Seine Branche beschäftigt mit Abstand die meisten Arbeitskräfte aus dem Ausland. Ein Viertel der Mitarbeiter, vor allem im Zimmerservice und in der Küche, hat keinen deutschen Pass. "Und das funktioniert", so Schwarz. Usedom profitiere von der Unterstützung aus Polen. Viele Auszubildende kommen seit Jahren aus Vietnam an die Ostseeküste und bleiben oft auch als Fachkräfte erhalten. In den Teams sind Syrer, Afghanen, seit zwei Jahren verstärkt Ukrainer. Gäbe es sie alle nicht, hätte der Tourismus ein echtes Problem, sagt Schwarz.
"Ohne Migranten wären Betriebe in Existenz bedroht"
Alles in allem sind hierzulande fast sieben Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Ausländer und Ausländerinnen, so die Agentur für Arbeit. Bundesweit ist das die niedrigste Quote überhaupt, aber die Tendenz ist steigend. Markus Biercher, Leiter der Regionaldirektion, ist überzeugt: "Ohne Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund würden Betriebe oder Betriebsabteilungen längst in ihrer Existenz bedroht sein." Denn Personal ist schwer zu finden. Derzeit sind bei der Agentur mehr als 16.500 offene Stellen in Mecklenburg-Vorpommern gemeldet, die nicht besetzt werden können. Doch der tatsächliche Fachkräftebedarf dürfte sogar noch höher sein.
Gesamter Pflegebereich hätte Probleme
Nach den Hotels und Gaststätten ist es vor allem das verarbeitende Gewerbe, das ausländische Kollegen beschäftigt - derzeit mehr als 13 Prozent. Im Bereich "Verkehr und Lagerei" sind es fast acht Prozent, im Handel und Baugewerbe fast sieben. Was für jeden Einzelnen besonders spürbar werden kann: Der gesamte Pflegebereich würde ohne diese Unterstützung kaum noch funktionieren. Im Rostocker Universitätsklinikum hat derzeit jeder zehnte Mitarbeiter keinen deutschen Pass - diejenigen noch nicht mitgezählt, die zwar deutsch sind, ihre Wurzeln aber in irgendeinem anderen Land haben. 55 Nationen sind in den Kliniken vertreten - und zwar in allen Bereichen, vom Pfleger bis zur Ärztin. Vorstandschefin Dr. Christiane Stehle sagt ganz klar: "Wenn es die nicht gäbe, dann würden sicherlich noch mehr Operationen ausfallen müssen und noch mehr Patienten könnten nicht mehr versorgt werden."
Langfristig mehr Internationalität gefragt
Langfristig dürfte sich die Lage angesichts des demografischen Wandels noch weiter verschärfen. Schon jetzt besagt die Statistik der Arbeitsagentur: Während die Zahl der Deutschen, die noch arbeiten, sinkt, steigt die Zahl der ausländischen Beschäftigten weiter an - zum Glück, so Regionalchef Biercher: "Wir sind als Gesellschaft gut beraten, den Arbeitsmarkt internationaler zu denken."