Linke in MV setzt trotz Wagenknecht-Partei auf eigene Kraft
Die Linke in Mecklenburg-Vorpommern glaubt nicht an eine Sogwirkung der neuen Partei von Sahra Wagenknecht. Auch auf die Regierungsarbeit werde sich die angekündigte Abspaltung nicht auswirken.
Irgendwie schien der Landesvorsitzende Peter Ritter erleichtert. Die Parteirebellin Sahra Wagenknecht hatte gerade in der Bundespressekonferenz in Berlin gemeinsam mit Mitstreitern ihre Pläne für das "BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit" vorgestellt, da meinte er, eigentlich sei dort ja nichts Neues gesagt worden. Wagenknecht und ihr Bündnis hatten beklagt, dass Deutschland schlecht und seit Jahren "an den Wünschen der Mehrheit vorbei" regiert werde. Statt Leistung zu belohnen, werde von den Fleißigen zu den oberen Zehntausend umverteilt.
Wagenknecht will vorerst Fraktionsmitglied bleiben
Viele Menschen hätten das Vertrauen in den Staat verloren und fühlten sich durch keine der vorhandenen Parteien mehr vertreten. Wagenknecht ist nach eigenen Angaben aus der Linken ausgetreten, neun weitere Bundestagsabgeordnete, darunter die ehemalige Fraktionschefin Amira Mohamed Ali, folgten ihr mit dem Parteiaustritt. Bis zur Gründung der neuen Partei im kommenden Januar wollen Wagenknecht und ihre Mitstreiter weiter Mitglieder in der Linken-Bundestagsfraktion bleiben. Wagenknecht begründete das auch mit Rücksicht auf Beschäftigte in der Fraktion und einen "geordneten Übergang".
Bundeslinke droht Fraktionsstatus zu verlieren
Spätestens ab Januar werde die Linken-Bundestagsfraktion aber nicht mehr bestehen können, erklärte die 54-Jährige. Sie spielte damit auf den Fraktionsstatus an. Die Linken-Fraktion hat bisher nur 38 Abgeordnete. Wenn mehr als zwei von ihnen austreten oder ausgeschlossen werden, verliert sie diesen Fraktionsstatus und kann nur noch als Gruppe weitermachen. Die hat dann weniger parlamentarische Rede und weniger Finanzen zu Verfügung. Auf die Linke in Mecklenburg-Vorpommern hat das "BSW" nach Angaben des Parteivorsitzenden Ritter kaum Auswirkungen.
Ritter: "Keine Auswirkungen auf MV-Fraktion"
Die Arbeit in der rot-roten Koalition werde das nicht beeinträchtigen. "Da wackelt nichts", sagte er. Er kenne im Landesverband niemanden, der sich der Wagenknecht-Partei anschließen wolle, erklärte er. Und der am Montag bekannt gewordene Rücktritt seiner Co-Vorsitzenden Vanessa Müller habe nichts mit den Querelen auf Bundesebene zu tun. Auch Vize-Ministerpräsidentin, Bildungsministerin Simone Oldenburg (Die Linke), meinte, die Spaltung der Linken im Bund werde die Regierungsarbeit in Schwerin nicht behindern. Sie rechne damit, dass - wenn überhaupt - nur einige wenige Parteimitglieder in Mecklenburg-Vorpommern sich dem neuen Bündnis anschließen.
Oldenburg: Linke Antworten auf offene Fragen nötig
Die Linke müsse sich jetzt "berappeln" und müsse einige offene Fragen - beispielsweise in der Migration - beantworten, so Oldenburg. "Es ist an der Zeit, sich zu besinnen und dann neu durchzustarten", zeigte sich die Ministerin optimistisch. Der Parteivorsitzende Ritter meinte, nach der Spaltung werde es "kein einfacher Weg" für die Partei. Die Linke müsse sich auf ihre Inhalte konzentrieren, beispielsweise als Friedens- und Gerechtigkeitspartei. Das Ziel ist klar: Von der BSW will sich die Linke nicht die politische Butter vom Brot nehmen lassen.
Ritter: "Gebt eure Mandate zurück"
Ritter findet es außerdem "moralisch höchst verwerflich", dass die Partei-Abspalter vorerst noch in der Fraktion verbleiben wollen. Der ehemalige Landtagsabgeordnete appellierte an Wagenknecht und ihre Gefolgschaft: "Gebt eure Mandate zurück und lasst es zu, dass linke Politikerinnen und Politiker in den Bundestag nachrücken können, dann bleibt auch die Fraktion erhalten und kann auch linke Politik machen." Daran denken Wagenknecht und ihre Mitstreiter nicht - nach der Parteigründung wollen sie sich im Bundestag zu einer eigenen Gruppen zusammenschließen - außerhalb der Linksfraktion.
Bartsch: Linkspartei unabhängig von Fraktionsstatus "nicht gefährdet"
Auch Noch-Fraktionschef Dietmar Bartsch setzt auf die eigene Kraft der Linkspartei. Er sagte im Gespräch mit dem NDR, die Fraktion werde "in Gelassenheit" über den Antrag der Abweichler um Wagenknecht entscheiden, ob diese vorerst noch in der Fraktion verbleiben können. "Wir lassen uns von den Anderen keinen Zeitplan diktieren", sagte Bartsch. Er stellte klar, diese hätten "sehr unverantwortlich gehandelt". Auch wenn die Fraktion ihren Status verlieren werde, sehe er die Linke als Partei "nicht in einer Existenzgefahr".
Linke als soziales Gegengewicht zur Ampel-Regierung
Die Landesregierungen mit Linksbeteiligungen würden stabil weiterarbeiten - auch die in Mecklenburg-Vorpommern. Bartsch, der seinen Wahlkreis in Rostock und Umgebung hat, räumte aber ein, die Linke habe "einige Hausaufgaben" zu erledigen, um wieder in die Erfolgsspur zu kommen. Die Linke müsse dazu weiter soziale Opposition gegen die Politik der Ampel sein. Deren angebliche Kindergrundsicherung verdiene den Namen nicht, meinte er. Das Rentensystem schütze nicht vor Altersarmut - anders als beispielsweise in Österreich.