LNG in Mukran: Bundesregierung ignoriert Bitten der Landesregierung
Noch heute soll das Bundeskabinett offenbar grünes Licht geben. Aus Regierungskreisen heißt es mehrfach: Das Bundeswirtschaftsministerium habe eine Abstimmung zur Aufnahme Rügens ins LNG-Beschleunigungsgesetz gestartet. Demnach laufe ein entsprechendes Umlaufverfahren derzeit. Dabei hatte die Landesregierung noch am Dienstag öffentlich darum gebeten, damit noch zu warten.
Das Bundesministerium von Robert Habeck (Die Grünen) scheint nun mehr Tempo machen zu wollen. Wie dem NDR von unterschiedlichen Quellen aus Regierungskreisen mehrfach berichtet wurde, soll das Kabinett offenbar noch am heutigen Mittwoch ein Votum zur Aufnahme Rügens ins LNG-Beschleunigungsgesetz fassen. Ein entsprechender Referentenentwurf vom 15. Mai aus dem Ministerium benennt den Standort "Mukran/Hafen (Mecklenburg-Vorpommern)", die Rede ist von bis zu zwei Schiffen im Hafen sowie einer Anbindungsleitung nach Lubmin. In der Begründung heißt es, das sei ein "wesentlicher und notwendiger Beitrag zur Vermeidung einer Gasverknappung oder gar eines Gasmangels im deutschen Marktgebiet". Weiter heißt es in dem Papier, das dem NDR vorliegt, es gebe keine Alternativen.
Bundesministerium bestätigt Umlaufverfahren im Kabinett
Zu eben jenem Papier sollen die Kabinettsmitglieder noch heute Stellung beziehen. Weil der Bundeskanzler aktuell beim Gipfeltreffen des Europarates in Reykjavik ist, erfolge die Abstimmung aktuell im Umlaufverfahren. Heißt: die Minister und Ministerinnen geben ihr Votum bis zum Auslaufen der First schriftlich ab.
Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium bestätigte auf NDR-Anfrage das Abstimmungs-Verfahren. Eine Sprecherin verwies darauf, dass die Gesetzesänderungen auch Passagen enthalte, die sich nicht auf Mukran beziehen würden. Sie betonte außerdem: "Damit steht noch nichts fest." Der Startschuss für die politischen Abstimmungen sei nur deshalb notwendig geworden, um den Zeitplan überhaupt noch halten zu können. Der Bund stehe weiterhin unverändert im Kontakt zur Landesregierung, so die Sprecherin aus Berlin. Dass es der Bund eilig hat, lässt sich auch an den übrigen Fristen in diesem Gesetzgebungsverfahren ablesen: So hätten etwa die Fachverbände nur einen Tag Zeit gehabt, um sich zu den Plänen der Bundesregierung zu äußern.
Entscheidung noch vor der Sommerpause gewünscht
Bundesminister Habeck hatte bereits deutlich gemacht: Er will, dass im ersten Quartal 2024 - also noch im kommenden Winter - Flüssigerdgas in Mukran ankommt. Damit das gelingt, müsse das Gesetzgebungsverfahren noch vor der Sommerpause abgeschlossen sein, heißt es. Nach dem Kabinettsbeschluss müssten sich demnach auch im Bundestag und Bundesrat politische Mehrheiten dafür finden. Die letzten Sitzungen im Plenum vor der Sommerpause sind in der ersten Juli-Woche.
Landesregierung hatte um Aufschub gebeten
Mit diesem neuen Schritt in Richtung Kabinettsbeschluss scheint der Bund die Wünsche der Landesregierung zu ignorieren. Noch am Dienstag hatten sich Landeswirtschaftsminister Reinhard Meyer und Landesumweltminister Till Backhaus (beide SPD) in einer gemeinsamen Pressemitteilung geäußert. Dort hieß es, für die Akzeptanz für das Projekt vor Ort sei es entscheidend, dass man sich ausreichend Zeit für Gespräche und Erörterung der Pläne mit den Beteiligten nehme. Beide kündigten an: "Vor diesem Hintergrund arbeiten wir an einem Katalog konkreter Maßnahmen aus Sicht Mecklenburg-Vorpommerns, insbesondere der Insel Rügen, den wir zeitnah übermitteln werden." Die Landesregierung bitte die Bundesregierung deshalb darum, "dass LNG-Änderungsgesetz jetzt noch nicht auf den Weg zu bringen." Eine Bitte, die das entsprechende Bundesministerium offenbar zu ignorieren weiß.