Spielt Schwerin bei LNG-Standort Mukran auf Zeit?
Die rot-rote Landesregierung lässt sich offenbar Zeit mit einer Entscheidung zum umstrittenen LNG-Standort Mukran auf Rügen. Obwohl der Bund auf zügige Signale aus Schwerin setzt, steht das Thema heute nicht auf der Tagesordnung des Kabinetts.
Vor elf Tagen hatte Bundes-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) in einem Brief an seinen Schweriner Kollegen Reinhard Meyer (SPD) eindringlich für den Standort Mukran mit zwei LNG-Schiffen geworben. Um die Versorgungssicherheit im Winter zu gewährleisten, bat Habeck um "kurzfristige Antwort" aus Mecklenburg-Vorpommern. Habeck zieht in Berlin weiter die Zügel an, Mukran wird auch Teil des LNG-Beschleunigungsgesetzes des Bundes.
Land wittert Chance
Das Land hat es aber auch nach dem Habeck-Besuch in Mukran am vergangenen Freitag nicht eilig. "Wir werten die Gespräche aus und tragen unsere Forderungen gegenüber dem Bund zusammen", sagte Agrar- und Umweltminister Till Backhaus (SPD) im Gespräch mit dem NDR. Mehr wollte er dazu nicht mitteilen. Immer mehr deutet allerdings daraufhin, dass die rot-rote Koalition im Gegenzug für eine positive Standortentscheidung auf der Insel so viel wie möglich für Rügen und die Region herausholen will - beispielsweise eine Sonderförderung des Landkreises aus Bundesmitteln oder günstige Stromtarife.
Umfangreiche Forderungen
Von 36 Punkten ist die Rede, es geht offenbar um die Vorbereitung eines politischen Kuhhandels, bei dem klar werden soll, dass das fossile LNG nur für den Übergang gedacht ist. Langfristig soll in Mukran Wasserstoff in die Netze fließen, hergestellt mit grünem Windstrom. Auch in der Landesregierung macht eine kühne Idee die Runde: Rügen könnte schon in den nächsten zehn Jahren CO2-neutral werden und damit vor allen anderen als Deutschlands grüne Insel auftrumpfen.
Experten raten zur Einsicht
Auch Tourismus-Experten warnen die LNG-Gegner auf Rügen vor einem "Alles-Oder-Nichts-Kurs". Bei einer Fundamental-Opposition könne man am Ende komplett verlieren. Außerdem sei es gefährlich, die Tourismusmarke "Rügen" zu gefährden. Das könne passieren, wenn die vermeintlichen Folgen einer LNG-Station in einem Industriehafen wie Mukran überdramatisiert würden.
Erste Anträge im Juni?
Voreilige Schritte sind auch deshalb in der Landespolitik nicht geplant - in Schwerin sei eine politische Entscheidung für oder gegen die LNG-Station auf Mukran nicht unbedingt nötig, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Der Bund könne doch die Anträge für Pipeline-Bau und die LNG-Station bei den zuständigen Behörden des Landes stellen. Das werde ganz normal in einem rechtsstaatlichen Genehmigungsverfahren abgehandelt - und nicht per Ordre de Mufti entschieden. Habeck will erste Unterlagen bereits im Juni einreichen, im August soll mit dem Bau der Leitung begonnen werden.