Krankenhausreform beschlossen: Alle Kliniken in MV lehnen Gesetz ab
Der Bundestag hat am Donnerstag mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen den Gesetzentwurf zur lange geplanten Krankenhausreform verabschiedet. Die Reaktionen aus Mecklenburg-Vorpommern fallen gemischt aus.
Der nächste Schritt auf dem Weg zum grundlegenden Umbau des deutschen Gesundheitssystems ist beschlossen: Am Donnerstag hat der Bundestag den Entwurf für das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" (KHVVG), die lange geplante Krankenhausreform, verabschiedet. In Mecklenburg-Vorpommern scheiden sich die Geister an dem Großprojekt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Während einige darin die Rettung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung sehen, befürchten andere genau das Gegenteil: den Todesstoß für kleinere Kliniken.
Krankenhausgesellschaft: Weiter Finanzierung nötig
Die 37 Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern lehnen die Reform geschlossen ab, so der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft im Land, Uwe Borchmann. Die Kliniken seien aktuell alle unterfinanziert. Die Reform greife womöglich erst in einigen Jahren, bis dahin könnten einige Kliniken schon zahlungsunfähig sein. Die Gesellschaft fordert daher, noch vor der Reform ein Gesetz zur besseren Finanzierung der Klinken zu beschließen. Außerdem befürchtet sie, dass kleinere Kliniken durch die angestrebte Spezialisierung einen Teil ihrer Leistungen an größere, besser ausgestattetete Häuser abgeben müssen. So würden sie noch weniger verdienen und im schlimmsten Fall schließen müssen.
CDU: "Keine echte Lösung"
Die CDU-Bundestagsabgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern, Philipp Amthor, Simone Borchardt und Dietrich Monstadt, teilten am Donnerstag mit, gegen die Reform gestimmt zu haben. Zwar finden sie einen Umschwung im Gesundheitssystem notwendig, sehen in Lauterbachs Krankenhausreform jedoch "keine echte Lösung". Das Gesetz bleibe weit hinter den Vorschlägen führender Experten zurück. Man plane damit einen "radikalen Kahlschlag" im ländlichen Raum, der zu massiven Verwerfungen führen werde. Die CDU fürchtet eine Explosion der Beitragszahlungen und einen Zusammenbruch der Notfallmedizin im ländlichen Raum.
SPD: Bessere Verfügbarkeit ärztlicher Termine
Die SPD steht mehrheitlich hinter der geplanten Reform. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Katrin Zschau nannte die Reform "alternativlos" und sieht in ihr eine Verbesserung der klinischen Versorgung. Das bisherige System habe "ökonomische Fehlanreize für Mengenorientierung" gesetzt, so der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Junge. Die Reform behebe diese Schieflage "durch einen Fokus auf die Steigerung der Behandlungsqualität und die Entökonomisierung durch Einführung einer Vorhaltevergütung", erläutert Junge weiter. Gerade dünn besiedelte Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern würden von der Reform profitieren. Junge hätte sich jedoch gewünscht, die privaten Krankenversicherungen stärker an der Finanzierung der Transformation zu beteiligen. Der SPD-Bundestagsabgeordneten Reem Alabali-Radovan zufolge erhalten Patientinnen und Patienten durch die Reform außerdem leichter ärztliche Termine.
FDP: Ein erster und wichtiger Schritt
Für den FDP-Bundestagsabgeordneten Christian Bartelt ist das KHVVG ein "erster und wichtiger Schritt in einer Reihe von Reformen im Gesundheitswesen". "Mit dem KHVVG verringern wir die Fehlanreize, die das bisherige Abrechnungssystem der Fallpauschalen beinhaltete", so Bartelt weiter. Außerdem schaffe man über die Vorhaltepauschalen, die das Gesetz vorsieht, mehr planerische Sicherheit für Krankenhäuser. Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern sehe er in Mecklenburg-Vorpommern keine Gefahr von Standortschließungen. Die Leistungsfähigkeit der ambulanten Versorgung stehe und falle allerdings mit den notwendigen Investitionen der Landesregierung, wie etwa in die Digitalisierung.
Linke: Krankenhäuser entprivatisieren
Die Bundestagsabgeordneten der Linken aus Mecklenburg-Vorpommern, Dietmar Bartsch und Ina Latendorf, kritisierten das KHVVG. Es werde dazu führen, dass Krankenhäuser unkontrolliert schließen müssen. Die Finanzlage der Kliniken, welche Bartsch als dramatisch beschreibt, werde durch das Gesetz nicht verbessert. Er und auch Latendorf sehen es als höchst problematisch an, dass "de facto allein die gesetzlich Versicherten für die Investitionen in die Transformation der Krankenhäuser zahlen sollen." Latendorf fordert vom Bund, Länder und Kommunen stattdessen dabei zu unterstützen, Krankenhäuser zu entprivatisieren.
Grüne: Verbesserungen in ländlichen Räumen
Die Grünen sehen im KHVVG eine Verbesserung der medizinischen Versorgung in ländlichen und strukturschwachen Räumen. Bedarfsnotwendige Krankenhäuser insbesondere in ländlichen Regionen Ostdeutschlands erhielten künftig eine Sockelfinanzierung, so die Bundestagsabgeordnete Claudia Müller (Grüne).
AfD: "Kahlschlag" im ländlichen Raum
Auch die AfD kritisierte das KHVVG - unter anderem, weil die Finanzierung des Transformationsfonds für die Krankenhäuser auf dem Rücken der Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen ausgetragen werde. Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Enrico Komning spricht von einem "Kahlschlag" für die medizinische Versorgung im ländlichen Raum. Kleine Klinikstandorte mit niedrigeren Bettenzahlen drohten, "hinten runterzufallen", so der Abgeordnete Leif-Erik Holm (AfD).