Giftige Bleimunition: Jäger in MV scheuen den Umstieg
Trotz ihrer toxischen Wirkung auf Mensch und Natur ist bleihaltige Jagdmunition in Mecklenburg-Vorpommern weiter beliebt. Sie einzusetzen ist legal. Gegen die Alternativen haben viele Jäger Vorbehalte.
Anders als beispielsweise in Schleswig-Holstein ist sie in Mecklenburg-Vorpommern noch erlaubt: Jagdmunition aus Blei. Das giftige Schwermetall schadet nicht nur Tieren, die Überreste von geschossenem Wild aufnehmen - wie zum Beispiel den Seeadlern. Auch uns Menschen kann dieses Blei gefährlich werden, landet es doch schlussendlich auf unseren Tellern. Dabei gibt es auf dem Markt eine Vielzahl an bleifreier Munition. Nur die nutzen viele Jäger nicht.
Kontroverse innerhalb der Jägerschaft
Auch Anja Blank, Geschäftsführerin des Landesjagdverbands, ist von den bleifreien Geschossen nicht überzeugt: "Wir haben teilweise noch nicht die optimale Tötungswirkung und auch die Flugbahnen der Geschosse sind nicht optimal." Die Industrie müsse da noch deutlich nachlegen, damit die Jäger Sicherheit und eine wirkliche Alternative haben.
Das aber ist nur eine Position innerhalb der Jägerschaft, eine andere vertritt Moritz Boekstegers. Er ist Büchsenmacher auf dem Jagdgut in Grambow bei Schwerin. In seinem Sortiment finden sich die verschiedensten Geschosse - mit und ohne Blei. Er ist überzeugt: "Es gibt für jeden Einsatzzweck und mittlerweile auch fast für jedes Kaliber eine bleifreie Alternative. Man muss es nur wollen."
Bleifrei: Woher kommt der schlechte Ruf?
Boekstegers glaubt, dass Jäger bei der Umstellung von bleihaltig auf bleifrei zum Teil Fehler gemacht haben. Diese Erfahrungen - so seine Überzeugung - hätten dann zum schlechten Ruf der bleifreie Alternative geführt. "Die Leute haben am Anfang die gleichen Geschossgewichte genommen, die sie zuvor auch mit bleihaltigen Geschossen genutzt haben. Das hat dann nicht funktioniert, weil die Geschosse einfach zu langsam waren." Dadurch habe die Munition ihre volle Wirkung nicht entfalten können. Die ballistischen Eigenschaften bleifreier Geschosse seien ganz andere und müssten mit bedacht werden. Zu diesem Schluss kam auch eine wissenschaftliche Untersuchung im Auftrag des Bundes schon im Jahr 2012:
"Ein Verzicht auf Blei als Geschossmaterial ist mit Blick auf die tierschutzgerechte Tötungswirkung für den Einsatz im Jagdbetrieb auf Schalenwild durch Umsetzung der vorliegenden Erkenntnisse möglich." Ergänzende Untersuchungen zur Tötungswirkung bleifreier Geschosse, HNE Eberswalde, 2012
Angst vor gefährlichen Querschlägern
Einige Jäger befürchten zudem, dass bleifreie Geschosse - wenn sie ungewollt einen Baum oder einen Stein treffen - besonders gefährlich abprallen oder splittern. Diese Eigenschaften aber würden sowohl auf bleihaltige als auch auf bleifreie Munition zutreffen, sagt Moritz Boekstegers: "Es kommt auf die Konstruktion des jeweiligen Geschosses an und wofür es gedacht ist. Entweder es ist massestabil und neigt zum Abprallen oder es ist so gebaut, dass es sich zerlegt." Boekstegers Einschätzung deckt sich mit einer Studie von vor 14 Jahren:
"Die beim Abprallen entstehenden Ablenkwinkel bleifreier Geschosse unterscheiden sich nicht signifikant von den Ablenkwinkeln bleihaltiger Geschosse." Forschungsvorhaben zum Abprallverhalten von Jagdmunition, Universität Bern, 2011
Bleibelastung: Gefahr für den Verbraucher
Trifft aber ein Bleigeschoss sein Ziel, so ist nicht nur der sogenannte Schusskanal kontaminiert. Spuren des Schwermetalls verteilen sich im gesamten Wildbret bis in Rücken und Keule. Moritz Boekstegers ist selbst Jäger und hat das Ziel, ein hochwertiges Lebensmittel zu produzieren, wie er sagt: "Dann ist es natürlich für alle vorteilhaft, wenn man sagt, es ist bleifrei geschossen. Man hat das giftige Blei aus dem Wildkörper rausgelassen." Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt deshalb:
„[…] dass insbesondere Kinder bis zum Alter von 7 Jahren, Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter wegen der besonderen Empfindlichkeit gegenüber toxischen Wirkungen von Blei auf den Verzehr von mit Bleimunition erlegtem Wild verzichten sollten." Forschungsprojekt "Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem Wildbret", BfR, 2014
Backhaus: "Jäger sollen Blei-Reserven aufbrauchen"
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Das alles aber ist kein Grund für ein sofortiges Verbot von Bleimunition in Mecklenburg-Vorpommern, findet der zuständige Minister. Diesen Schritt hat Till Backhaus (SPD) erst für das Jahr 2027 vorgesehen. "Die Jägerschaft in Deutschland hat natürlich bestimmte Munitionsreserven und wir haben auch gesagt, bevor die illegal entsorgt werden und noch irgendwo in der Landschaft auftauchen, soll die auch verbraucht werden."
Der Verkauf von Bleimunition geht trotzdem weiter. Finanziell gesehen bleibt sie auch die günstigere Wahl. Die bleifreie Alternative ist durchschnittlich um ein Drittel teurer.
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