Ein ICE-Zug steht im Bahnhof von Stralsund. © picture alliance/dpa | Stefan Sauer Foto: picture alliance/dpa | Stefan Sauer

Bericht: Weniger ICE-Züge in MV im Fall höherer "Schienenmaut"

Stand: 26.06.2024 16:54 Uhr

Werden ab dem kommenden Jahr in der Nebensaison deutlich weniger Intercity- und ICE-Züge nach Stralsund fahren? Das legt ein Medienbericht nahe. Die Bahn dementiert die Pläne inzwischen, räumt aber ein, dass gestiegene Trassenentgelte den Fernverkehr vor erhebliche Herausforderungen stellen.

Die Deutsche Bahn plant offenbar, die ICE-Verbindungen von Hamburg nach Stralsund sowie Berlin nach Stralsund ab 2025 in der Nebensaison auszudünnen, wie Spiegel.de berichtet. Das Nachrichtenportal beruft sich dabei auf einen vertraulichen Brief des Konzerns an die Bundesnetzagentur. Nähere Einzelheiten zum Umfang der geplanten Reduzierungen werden darin nicht genannt. Grund sei die geringe Auslastung der Züge nach Vorpommern. Zudem soll es Überlegungen geben, diverse Intercity-Verbindungen ganz zu streichen. Davon wäre Mecklenburg-Vorpommern aber nicht betroffen.

Deutsche Bahn dementiert Medienberichte

Ursache für die Kürzungspläne ist demnach die Erhöhung der sogenannten Trassenentgelte - eine Gebühr für die Nutzung des Schienennetzes, den alle Eisenbahnverkehrs-Betreiber an die Infrastruktur-Sparte der Bahn entrichten müssen. Auf Anfrage von NDR MV wollte die Bahn die Pläne zur Ausdünnung der ICE-Verbindungen nach Stralsund nicht bestätigen. Inzwischen dementiert die Deutsche Bahn sogar die Berichterstattung des Spiegels. DB-Personenfernverkehrsvorstand Dr. Michael Peterson erklärte am Mittwochmittag: "Es gibt aktuell keine konkreten Pläne zur Streichung der genannten Fernverkehrsverbindungen. Wir haben im April unsere Planungen für den Fahrplan 2025 abgeschlossen. Dieser Fahrplan sieht derzeit keine der genannten Angebotskürzungen vor."

Höhere Ticketpreise und weniger Angebot "womöglich unumgänglich"

Richtig sei aber, dass die drastische Erhöhung der Trassenentgelte die DB Fernverkehr AG vor erhebliche Herausforderungen stellt, so Peterson weiter. "Je nach Höhe der zusätzlichen Belastungen sind wir gezwungen, den Umfang unseres Fahrplanangebots bundesweit zu überprüfen." Auch dem NDR gegenüber teilte eine Bahnsprecherin mit, dass Angebotsreduzierungen und höhere Ticketpreisen womöglich unumgänglich seien, sollte diese "Schienenmaut" tatsächlich in dem beabsichtigten Umfang kommen.

Nachfragerückgang bei einigen Fernverkehrslinien

Das Landesverkehrsministerium teilte dem NDR auf Rückfrage mit, dass die DB Fernverkehr AG in einem Termin vergangene Woche über einen Nachfragerückgang einiger Fernverkehrslinien informiert habe. Demnach sei für die Strecke Hamburg - Schwerin - Rostock - Stralsund - Binz und die Route Berlin - Stralsund - Binz im Vergleich zum Coronajahr 2019 ein Nachfragerückgang von 12 bis 13 Prozent festgestellt worden. Dadurch sei die durchschnittliche Auslastung der Züge auf unter 150 Fahrgäste gesunken.

Abkopplung einzelner Regionen vom Fernverkehrsnetz nicht akzeptabel

Für Johannes Arlt, SPD-Bundestagsabgeordneter für die Seenplate und den Landkreis Rostock, wäre eine Abkopplung einzelner Regionen vom Fernverkehrsnetz nicht akzeptabel. "Das müssen wir verhindern, unter anderem durch eine Reform der Trassenpreisentgelte oder eine Förderung der Trassenentgelte, um Bundesländer mit geringerer Bevölkerungsdichte da nicht zu benachteiligen", erklärte er. "Es ist ja so, dass die ostdeutschen Bundesländer besonders viel ländlichen Raum haben, und wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse."

Arlt: Spürbare Auswirkungen auf Tourismuswirtschaft

Sollte es soweit kommen, hätte das laut Arlt spürbare Auswirkungen auf die Tourismuswirtschaft. "Aber auch für die Pendler und die Menschen, die in den Regionen leben, wäre das ein schwerwiegender Schlag für ihre Mobilität in Richtung Hauptzentren wie Rostock und Berlin", sagte Arlt. Für ihn sei klar, dass die ostdeutschen Abgeordneten im Bundestag um den Erhalt der ICE- und IC-Verbindungen kämpfen werden.

Weitere Informationen
Ein ICE fährt in den Bahnhof ein, auf dem Schild steht Ostseebbad Binz. © Screenshot

Stockende Verkehrswende: Streckenausbau Berlin-Rügen verzögert sich

Unterstützung für das LNG-Terminal auf Rügen gegen 500 Millionen Euro für den Bahnausbau - so war die Absprache. Doch das Geld vom Bund lässt auf sich warten. mehr

Auch der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), erwartet von der Deutschen Bahn AG, "dass etwaige Überlegungen nicht weiterverfolgt werden, sondern die politischen Ziele dieser Bundesregierung aus dem Koalitionsvertrag zur Verbesserung der Fernverkehrsanbindung auch in Ostdeutschland umgesetzt werden."

Auswirkungen auf Vorpommern noch unklar

Wie sich eine Ausdünnung der Fahrten nach Stralsund konkret auf das Land und die Region auswirken könnten, ist noch unklar. Allerdings würden sie unter anderem die Anbindung Pasewalks stark einschränken. In der vorpommerschen Stadt hatten sich kürzlich der Schuhhersteller Birkenstock und das Regalbauunternehmen Topregal niedergelassen und damit zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen.

Verkehrsnetz in Vorpommern soll eigentlich ausgebaut werden

Zuletzt hatte es klare Signale gegeben, dass die Anbindung des Nordostens ans Schienenverkehrsnetz ausgebaut werden soll. So hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) im Sommer 2023 versprochen, für den Ausbau der Bahnstrecke Berlin-Binz 500 Millionen Euro als Gegenleistung für den Bau des LNG-Terminals auf der Insel Rügen bereitzustellen. 

Weitere Informationen
Ein ICE 4 auf der Strecke von Hamburg nach Berlin. © picture alliance / dpa Foto: Sören Stache

Bahnstrecke von Hamburg nach Berlin: Monatelange Behinderungen

Gleise und Weichen werden erneuert. Bis Mitte Dezember fahren deutlich weniger Fernzüge und die Fahrt dauert wegen einer Umleitung länger. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 26.06.2024 | 17:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Bahnverkehr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Finnland, Porvoo: Das Unterseekabel für die Stromverbindung EstLink2 zwischen Finnland und Estland wird mit Hilfe von Tauchern und Tragekissen an das Ufer von Nikuviken gezogen. © Lehtikuva/dpa Foto: Patricia Gabriel-Robez

Erneut Seekabel beschädigt: Finnland glaubt nicht an Unfall

Ein Strom- und mehrere Datenkabel wurden in der Ostsee beschädigt. Finnische Ermittler haben Russland im Visier. Mehr bei tagesschau.de. extern