Ausschuss zu Nord Stream 2: Altkanzler Schröder hat als Zeuge abgesagt
Im Untersuchungsausschuss zum Bau der Ostsee-Pipeline mit Hilfe einer umstrittenen Stiftung sagt am Freitag der ehemalige Chef der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, in Schwerin aus. Auch Ex-Kanzler und Gaslobbyist Gerhard Schröder war als Zeuge geladen, sagte jedoch krankheitsbedingt ab. Der Ausschuss will herausfinden, wie viel russischen Einfluss es auf das Regierungshandeln in Mecklenburg-Vorpommern gab.
Gerhard Schröder legte am Donnerstagabend nach NDR Informationen ein Attest vor. Die Landtagsverwaltung bestätigte, dass der Zeuge Schröder krankheitsbedingt nicht an der Sitzung teilnehmen könne. Der Altkanzler werde zu einem späteren Zeitpunkt erneut als Zeuge vorgeladen, hieß es aus Kreisen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses.
Freunde des russischen Präsidenten
Gerhard Schröder und Matthias Warnig sind gute Freunde des russischen Präsidenten Wladimir Putin: Beide hatten direkten Zugang zum russischen Machthaber, kennen ihn seit Jahrzehnten. In Schwerin vertraten beide die russischen Interessen, warben für günstiges Gas aus Russland und setzten sich für den Bau der Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 ein.
Der Ausschuss soll prüfen, wie weit der Einfluss von Schröder und Warnig auf die Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern ging, insbesondere im Zusammenhang mit der Gründung der Stiftung Klima- und Umweltschutz. Diese Stiftung, ausgestattet mit 20 Millionen Euro aus Russland, war schon mit dem Ziel gegründet worden, den Weiterbau von Nord Stream 2 trotz US-Sanktionen zu ermöglichen. So kam es auch. Die Stiftung hatte einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, vergab Aufträge von mehr als 160 Millionen Euro und kaufte unter anderem ein Schiff.
Schröder lobbyierte regelmäßig in MV
Während Schröder den Bau von Nord Stream 1 als SPD-Kanzler auf den Weg gebracht hatte, setzte er sich für Nord Stream 2 als Lobbyist ein. Nur wenige Wochen nach dem Ende seiner Kanzlerschaft 2005 wurde er Aufsichtsratschef der Nord Stream AG und später Vorsitzender des Verwaltungsrates der Nord Stream 2 AG, einer direkten Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom.
Für Russland öffnete er Türen in die Bundespolitik und auch in die Landespolitik in Mecklenburg-Vorpommern, zunächst beim ehemaligen Ministerpräsidenten und späteren Vorstand der Klimaschutzstiftung Erwin Sellering (SPD), später auch bei Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).
Putin-Vertrauter hatte direkten Draht zur Ministerpräsidentin
Nach der Erkrankung Schröders wird Warnig im Plenarsaal des Schweriner Schlosses der einzige Zeuge sein, den die Parlamentarier befragen werden. Der Ex-Stasi-Offizier kennt Putin schon seit den 1990er-Jahren, hat ihn laut eigener Aussagen in der "Zeit" hunderte Male getroffen, war mit ihm jagen, fischen, hat mit ihm gezecht. Vor wenigen Monaten ist Warnig bei Nord Stream 2 als Chef von Bord gegangen. Das Unternehmen befindet sich in Insolvenz, im März will ein Schweizer Gericht über die Zukunft der AG entscheiden.
Warnig war in den vergangenen Jahren regelmäßig in Mecklenburg-Vorpommern, zum Austausch beim damaligen Ministerpräsidenten Sellering, dann zu Gesprächen in der Staatskanzlei von Ministerpräsidentin Schwesig. Im August 2020 eilte er wegen angedrohter US-Sanktionen mit einem Blumenstrauß in der Hand zu Schwesig. Diese sagte nach dem Gespräch: "Deshalb werden jetzt verschiedene Dinge überlegt, wie es möglich sein kann, diese Pipeline zu Ende zu bauen."
Aussage könnte Ministerpräsidentin belasten
Bei diesem Treffen wurde über die Gründung der Klimaschutzstiftung gesprochen. So zumindest hat es der ehemalige Kommunikationsmanager der Nord Stream 2 AG, Steffen Ebert, erst kürzlich im Untersuchungsausschuss ausgesagt und damit der bisherigen Darstellung der Ministerpräsidentin widersprochen. Die CDU wirft Schwesig vor, die Unwahrheit gesagt zu haben.
Schwesig selbst hatte davon gesprochen, dass im Herbst 2020 das erste Mal über die Klimaschutzstiftung gesprochen worden sei. Bei dieser Darstellung blieb sie auch nach Eberts Aussage. Mit Spannung wird deshalb erwartet, was Warnig über dieses Treffen aussagen wird. Aber auch nach dem Treffen im Sommer 2020 hatte Warnig noch regen Kontakt zu Schwesig. Weitere persönliche und telefonische Gespräche mit der Ministerpräsidentin sind dokumentiert.
Vernehmung bis zur letzten Frage
Die Vernehmung von Warnig wird erst zu Ende sein, wenn keines der Ausschussmitglieder mehr Fragen hat. Vor dem Ausschuss gelten ähnliche Regeln wie vor Gericht. Die Zeugen müssen die Wahrheit sagen und können belangt werden, wenn sie dies nicht tun. Die bisher längste Zeugenbefragung dauerte länger als sechs Stunden. Nicht auszuschließen, dass Warnig ähnlich lange im Schwerin Schloss verweilen muss.