AfD-Fraktionschef beschäftigt Rechtsextremisten Fiß
Der Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, Nikolaus Kramer, beschäftigt seit Monatsbeginn den ehemaligen Bundesvorsitzenden der rechtsextremen Identitären Bewegung, Daniel Fiß. Der 32-Jährige arbeitet im Landtag als persönlicher Referent Kramers.
Seit dem 1. Dezember steht Fiß auf der Gehaltsliste der AfD-Fraktion, die ihr Geld vom Steuerzahler bekommt. Fiß stammt aus dem rechtsextremen Milieu. Der gebürtige Rostocker war in der Jugendorganisation der ehemaligen NPD aktiv. Als zweiter Bundesvorsitzender der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) spielte er mehrmals im Verfassungsschutzbericht des Landes eine Rolle. Fiß wurde dort als völkischer Nationalist beschrieben, der Einwanderern die Menschenwürde abspricht.
Kramer: Gutes Vertrauensverhältnis zu Fiß
AfD-Fraktionschef Kramer sagte, er schätze Fiß wegen seiner politischen Analysen, er habe ein gutes Vertrauensverhältnis zu ihm. Zu dessen Aufgaben zählten etwa die Betreuung seiner Social-Media-Kanäle oder die Vor- und Nachbereitung der Landtagssitzungen, so Kramer. Die Fraktion habe der Beschäftigung zugestimmt. Bei dem Beschluss habe es wegen der Vergangenheit des Kandidaten aber auch Enthaltungen gegeben. Fiß' Führungszeugnis, darauf legte Kramer wert, weise keine Eintragungen auf.
Fiß als Chefredakteur der Postille "Heimatkurier" tätig
Kramer sagte, Fiß habe sich von seinen früheren Aktivitäten distanziert. Allerdings fungiert sein neuer Referent weiter als Chefredakteur der rechtsextremen Postille "Heimatkurier" aus Österreich. In der werden typische völkische Denkmuster wie "Bevölkerungsaustausch" oder "Remigration" bedient. Nach österreichischen Medienberichten hat die Redaktion ihren Sitz in einem Haus, das von den "Identitären" genutzt wird. In dem Blatt werden auch Rechtsextreme aus Mecklenburg-Vorpommern interviewt, so zum Beispiel der Frontmann der rechtsextremen Jungen Alternative, Dario Seifert.
Vorträge von Fiß zur Erschließung neuer Wählerschichten
In den vergangenen Wochen hielt Fiß auf Einladung der AfD außerdem Vorträge an mehreren Orten in Mecklenburg-Vorpommern. Es ging dabei auch um die Frage, wie die AfD sich Wählerschichten erschließen kann. Der neue Mitarbeiter von Kramer hatte außerdem Mitte März einen umstrittenen Vortrag des rechtsextremen Verlegers Götz Kubitschek in Schwerin begleitet. Filmaufnahmen zeigen, dass Fiß handgreiflich gegen Gegendemonstranten vorging und von der Polizei in die Schranken gewiesen wurde. Fiß wollte sich zu seiner neuen Aufgabe im Landtag auf Anfrage zunächst nicht äußern, gab dann Stunden später dennoch eine schriftliche Stellungnahme ab.
Fiß' rechtsextreme Vergangenheit vor der AfD
In dieser distanzierte er sich von seinen rechtsextremen Aktivitäten vor seiner Zeit in der AfD und nannte sie "eine absolute politische Sackgasse". Eine Verurteilung seiner Aktivitäten vermeidet Fiß. Auf seine aktuelle Tätigkeit als Chefredakteur des rechtsextremen Heimatkurier geht er nicht ein. Er hatte in der vergangenen Legislaturperiode bereits als Landtagsmitarbeiter für den Ex-AfD-Landesvorsitzenden Holger Arppe gearbeitet. Der war wegen gewaltorientierter Aussagen aus der AfD ausgeschlossen worden und saß anschließend als fraktionsloser Abgeordneter im Landtag.
Linke: Verbotsverfahren gegen AfD dringend nötig
Andere Parteien sehen die neuerliche Beschäftigung von Fiß mit Sorge. Es zeige sich erneut, "dass Distanzierungen der AfD nach rechts nur Lippenbekenntnisse sind", sagte der Landesvorsitzende der Linken, Hennis Herbst. In Wahrheit seien AfD, Identitäre Bewegung und weitere rechte Gruppen bestens vernetzt. Nach Ansicht von Herbst "sind es Mandatsträger der AfD, die Rechtsextreme beschäftigen und diesen Wege in den parlamentarischen Betrieb eröffnen". Ein Verbotsverfahren gegen die AfD sei dringend nötig.
SPD: AfD Sammelbecken für rechtsextreme Ideologien und Netzwerke
Besorgt zeigt sich auch SPD-Fraktionschef Julian Barlen. Er spricht von "lautesten Alarmzeichen für die Gefährdung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung". Die AfD-Fraktion entwickele sich immer mehr "zu einem Sammelbecken für rechtsextreme Ideologien und Netzwerke". Mit der Personalie Fiß unterstreiche die AfD erneut, "dass sie nicht nur keine Distanz zu rechtsextremen Akteuren wahrt, sondern diese aktiv einbindet und fördert", so Barlen. Der SPD-Fraktionschef erinnerte an Kramers Podcast mit dem Chef der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, in dem die beiden offen über einen "Regime-Change" von rechts schwadronierten.
Grüne: Personalie Fiß ist erhebliches Sicherheitsrisiko
In den Augen der Fraktionschefin der Grünen, Constanze Oehlrich, stellt die Beschäftigung von Fiß ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Mit seinem Hausausweis könne sich Fiß in den Räumen des Landtags frei bewegen und erhalte Zugang zu teils sensiblen Dokumenten. Oehlrich sieht Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) gefordert: "Sie darf hier nicht tatenlos zusehen." Oehlrich erwartet, dass die Präsidentin konsequent das Hausrecht ausübt, um die Sicherheitsrisiken zu minimieren. Neben Fiß hat die AfD-Fraktion auch den Landesvorsitzenden der Jungen Alternative (JA), Alexander Tschich, als Referenten auf Steuerzahlerkosten beschäftigt. Die JA wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.