Nationale Impfkonferenz: Mehr als 230 Experten in Rostock
MV ist dieses Jahr Gastgeber der 8. Nationalen Impfkonferenz. Dafür kommen Mediziner und Wissenschaftler aus ganz Deutschland zusammen. Sie sprechen unter anderem über Maßnahmen, um die Impfquoten zu erhöhen.
Der Nordosten nimmt derzeit einen Spitzenplatz beim Impfverhalten ein. So sind beispielsweise die Impfraten gegen den HPV-Virus bis zu 20 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Aber es gibt auch Nachholbedarf - bei Impfungen gegen Keuchhusten und bei Auffrischungsimpfungen. Wie das verbessert werden kann, wird auf der 8. Nationalen Impfkonferenz diskutiert.
Auf der zweitägigen Konferenz tauschen sich bis Freitag Mediziner und Wissenschaftler aus ganz Deutschland in Rostock-Warnemünde dazu aus. Kernthema ist, wie der Schutz vor Infektionskrankheiten verbessert werden kann. Es geht aber auch um die Impfsituation im Allgemeinen, um innovative Impfstoffe und um Risiken und Nebenwirkungen. Mehr als 230 Experten sind dafür ins Kurhaus nach Warnemünde gereist. Sie kommen von Arzneimittelunternehmen, aus Ministerien oder Gesundheitsämtern.
Impfquote bei Kindern stabil
Bei der Kinder-Impfquote in Deutschland seien die Trends trotz der Corona-Pandemie relativ stabil, sagt Ole Wichmann, der am Robert-Koch-Institut das Fachgebiet "Impfprävention" leitet. Bei Impfungen im Jugend- und Erwachsenenalter gebe es jedoch Probleme. Die Gründe dafür seien vielfältig, so Wichmann. Es gehe vor allem um Vertrauen - in die Impfung, die Impfempfehlung, aber auch um Vertrauen in die Politik.
Virologe: "Impfungen haben schlechten Ruf"
Im internationalen Vergleich lägen die deutschen Impfraten lediglich im Mittelfeld. Das zumindest sagt Klaus Stöhr, Virologe und Epidemiologe. Auch er appelliert unter anderem an die Politik. Die Corona-Pandemie habe seiner Meinung nach einen großen Effekt auf die Impfbereitschaft in Deutschland gehabt. Grund dafür sei eine verfehlte Kommunikation über die Impfstoffe.
"Das schlechte Licht, was unter Umständen auf die Impfung insgesamt geworfen wurde, das ist das Beunruhigende", betont Stöhr. Impfungen gegen andere Infektionskrankheiten, wie beispielsweise Diphterie, Tetanus, Hepatitis oder Influenza, seien gesundheitsökonomisch etablierte Impfungen. "Bei denen kann man nur hoffen, dass die Impfraten weiter steigen", so Stöhr. Dafür wünscht er sich insgesamt eine bessere Koordination und mehr Engagement auch von Fachärzten.
Impfpflicht ist oft ein Problem für Eltern
Probleme gibt es darüber hinaus bei der Masern-Impfung. Für Kinder und Menschen, die andere betreuen oder pflegen, gibt es in Deutschland eine Impfpflicht. In der Durchsetzung hapert es laut Dr. Kristin von der Oelsnitz jedoch. Sie ist Leiterin des Gesundheitsamtes im Landkreis Rostock. Die Gespräche mit den Eltern und die Aufklärungsversuche, warum Impfungen für Kinder sinnvoll sind, wären oft sehr schwierig und kompliziert, sagt sie. "Die Argumentationen, die wir vorbringen, werden oft nicht angenommen. Das führt natürlich dazu, dass wir als Konsequenz Zwangsmaßnahmen, im Sinne eines Zwangsgeldes oder ähnliches, einleiten müssen."
Empathie kann bei Impfskepsis helfen
"Man versucht erst mal eine Bestätigung zu formulieren: 'Ah, das hast du auf den sozialen Medien gelesen?! Wenn ich nur das gelesen hätte, ich glaube, ich würde zum gleichen Schluss kommen. Ich glaube, ich hätte auch Angst. Darf ich dir anbieten, aus meiner Perspektive als Arzt, was ich darüber weiß?!' Und so macht man ein Informationsangebot auf empathischer Ebene und überfährt das Gegenüber nicht." Prof. Dr. Philipp Schmid
Prof. Dr. Philipp Schmid forscht in den Niederlanden zur Impfkommunikation. Er spricht ebenfalls auf der Impfkonferenz in Warnemünde und weiß, was gegen Impfmüdigkeit- und Impfskepsis helfen kann. Er empfiehlt, bei einer Impfaufklärung immer einen empathischen Ansatz zu verfolgen. Wenn eine Person beispielsweise Angst vor einer Masern-Impfung hat, weil das angeblich Autismus auslösen könnte, dann ist seine Empfehlung, nicht mit sofortigem Kontra zu reagieren.